Was Beamte verdienen und warum das für Angestellte kaum erreichbar ist

Kaum ein Beruf in Deutschland – neben Politiker und Bundestrainer – ist so umstritten wie der des Lehrers. Vorurteile gibt es viele, von faulen Lehrkräften über die, die nach Meinung des jeweilig Gefragten das Falsche unterrichten, zu hart zu Kindern sind oder zu soft – und sowieso viel zu viel Geld verdienen. 

Vorneweg: Keines dieser Vorurteile lässt sich objektiv überprüfen und hängt stark von der jeweiligen Meinung ab. Eines ist aber objektiv sicher: Lehrkräfte werden in Deutschland sehr gut bezahlt – zumindest, wenn sie verbeamtet sind. Diese Vorteile genießen Beamte. Das macht sich bereits im Arbeitsleben bemerkbar, erst recht aber, wenn wir die Pensionen hinzurechnen, die im Vergleich zur gesetzlichen Rente viel höher sind.

Auf der Plattform Reddit hatte sich vergangene Woche ein Nutzer die Mühe gemacht, das Lebenseinkommen eines typischen Lehrers aufzudröseln und zu errechnen, wie ein Angestellter in der freien Wirtschaft auf die gleiche Summe kommen könnte. Wir haben seine Rechnung als Ausgangspunkt für eine eigene Berechnung genommen, um zu zeigen, was Sie verdienen müssten.

Ausgangspunkt: Was verdient ein Lehrer eigentlich?

Lehrkräfte werden in fast allen Bundesländern zu Beginn ihrer Karriere in die Besoldungsgruppe A13 auf der jeweils untersten Gehaltsstufe einsortiert. Je nach Bundesland kann das Stufe 1, aber auch eine höhere sein. Das Grundgehalt dafür liegt zwischen 4744 Euro brutto im Saarland und 5248 Euro in Bayern. Nach einer bestimmten Anzahl Dienstjahren steigen verbeamtete Lehrer automatisch in eine höhere Stufe auf – maximal bis Stufe 8, die von 5854 Euro in Mecklenburg-Vorpommern bis 6355 Euro in Baden-Württemberg bekommen. 

Diese Werte gelten für kinderlose Lehrer, mit Kindern gibt es noch Familienzuschläge. Um die Rechnung einfach zu halten, gehen wir im Folgenden immer von unverheirateten, kinderlosen Lehrern und später auch Angestellten aus. Außerdem lassen wir unberücksichtigt, dass manche Lehrer – etwa Rektoren – noch in höhere Besoldungsgruppen aufsteigen können.

Beamte sparen sich die Sozialabgaben

Von dem Bruttogehalt muss ein Lehrer dieselbe Einkommensteuer entrichten, die auch ein Angestellter mit demselben Gehalt zahlen muss. Anders sieht es bei den Sozialabgaben aus. Hier entfallen Renten- und Arbeitslosenversicherung, weil Beamte keine Rente erhalten und per Definition nicht arbeitslos werden können. Die Krankenversicherung ist je nach Bundesland anders geregelt. Zur Vereinfachung gehen wir hier von Kosten von 350 Euro pro Monat aus.

Ein durchschnittlicher deutscher Lehrer erhält damit zu Beginn seiner Karriere ein Bruttogehalt von 4945 Euro pro Monat, welches sich bis zur Rente auf 6112 Euro steigert. Netto ergeben sich daraus anfangs 3359 Euro und am Ende 4234 Euro.

Erster Vergleich: Das Gehalt im Arbeitsleben

In unserer Rechnung gehen wir davon aus, dass sowohl der Lehrer als auch der Angestellte ihre Karriere nach Bachelor- und Masterstudium, sowie im Fall des Lehrers noch des Referendariates an ihrem 27. Geburtstag starten und bis zu ihrem 67. Geburtstag arbeiten. In diesen 40 Arbeitsjahren würde ein Lehrer also rund 2,78 Millionen Euro brutto und 1,92 Millionen Euro netto bekommen.

Ein vergleichbarer Angestellter, der ebenfalls mit einem Bruttogehalt von 4945 Euro startet, würde zumindest brutto nicht so weit dahinter landen. Laut Statistischem Bundesamt sind die Realeinkommen – also inflationsbereinigt – seit 2008 im Schnitt um 0,6 Prozent pro Jahr gestiegen. Legen wir diese Gehaltserhöhung für unseren fiktiven Angestellten an, käme er bis zum Renteneintritt auf einen Bruttoverdienst von insgesamt 2,67 Millionen Euro. Ein Lehrer hätte hier also rund 4,0 Prozent mehr. Weil der Angestellte aber höhere Sozialabgaben leisten muss, erhöht sich die Differenz netto auf 14,3 Prozent. Der Angestellte landet hier bei einem Lebensarbeitseinkommen von 1,68 Millionen Euro.

Um dies auszugleichen, müsste ein Angestellter also schon mit einem höheren Bruttogehalt in sein Berufsleben einsteigen. Startet er mit 27 Jahren und 5736 Euro pro Monat, erreicht er bis zum Renteneintritt dasselbe Lebensarbeitseinkommen wie ein Lehrer. 

Diesen Unterschied machen Pension und Rente

Weit auf geht die Schere erst, wenn unsere beiden fiktiven Personen in den Ruhestand treten. Der Lehrer bekommt dann eine Pension, die 71,75 Prozent seines letzten Bruttogehaltes entspricht. Dieses lag bei 6112 Euro, woraus sich also eine durchschnittliche monatliche Pension von 4385 Euro errechnet. Auch dies ist ein Bruttowert, auf den der Lehrer Einkommensteuer bezahlen muss. Auch die Abgaben für die private Kranken- und Pflegeversicherung laufen weiter. Netto erreicht ein pensionierter Lehrer so durchschnittlich 3288 Euro netto.

Für die Vergleichsrechnung gehen wir davon aus, dass sowohl Lehrer als auch Angestellter bis zu ihrem 85. Geburtstag leben. Die Pension verharrt in dieser Zeit logischerweise nicht auf demselben Niveau. Sie steigt jedes Jahr ähnlich den Renten an. Inflationsbereinigt waren es in diesem Jahrtausend im Schnitt 0,4 Prozent mehr pro Jahr, was wir in der Rechnung so berücksichtigen. Mit 84 Jahren würde unser fiktiver Lehrer also eine Netto-Pension von 3477 Euro pro Monat erhalten. Damit kommt er auf ein gesamtes Lebenseinkommen von rund 3,76 Millionen Euro brutto und 2,65 Millionen Euro netto.

Angestellte sammeln Rentenpunkte

Der Angestellte erhält eine Rente anhand der Rentenpunkt, die er in seinem Arbeitsleben erworben hat. Ein Rentenpunkt gibt es, wenn Sie den durchschnittlichen Rentenbeitrag aller Versicherten zahlen. 2025 wird das einem Bruttojahresgehalt von 50.493 Euro entsprechen. Mit 5736 Euro brutto pro Monat würde unser fiktiver Angestellter also etwa 1,36 Rentenpunkte sammeln. Die Grenze für einen Rentenpunkt dürfte sich in Zukunft genauso stark erhöhen wie die Löhne, so dass wir davon ausgehen können, dass er bis zu seiner Rente jedes Jahr 1,36 Rentenpunkte bekommt. Das wären also insgesamt rund 54,53 Punkte.

Ein Rentenpunkt hat aktuell einen Wert von 40,79 Euro. Für seine 54,53 Punkte würde unser fiktiver Angestellter also 2224 Euro Rente erhalten. Auch das ist wieder ein Bruttowert, auf den Steuern und verringerte Sozialabgaben fällig werden. Netto ergibt sich so eine Rente von 1798 Euro. Auch die verändert sich jedes Jahr. Inflationsbereinigt sinken allerdings die Renten seit 2000 um durchschnittlich 0,2 Prozent pro Jahr. So ergibt sich für den Angestellten ein Lebenseinkommen von 3,57 Millionen Euro und netto von 2,32 Millionen Euro. Trotz gleichem Nettogehalt im Arbeitsleben läge der Lehrer zum Todeszeitpunkt also wieder 14,4 Prozent vorne.

Der zweite Vergleich: Wie der Angestellte die Rentenlücke schließt

Um diese Lücke zu schließen, muss der Angestellte also privat vorsorgen. An dieser Stelle wird es jetzt etwas kompliziert. Theoretisch fehlen dem Angestellten im ersten Jahr des Ruhestandes 1490 Euro pro Monat oder 17.880 Euro im ganzen Jahr. Nach gängiger Faustformel müsste er dafür das 25-fache ansparen, also 447.000 Euro. Bei einem Investment in den Dax, der im Schnitt nach Inflation und Steuern eine Rendite von sechs Prozent pro Jahr liefert, wäre das eine Sparrate von etwa 227 Euro pro Monat über die 40 Jahre des Berufslebens.

Aber: Jede Sparrate reduziert das verfügbare Nettoeinkommen eines Angestellten und verändert damit den Vergleich mit dem Lehrer. Also müsste das Nettoeinkommen angehoben werden, was zu mehr Rentenpunkten führt und damit zu einer höheren gesetzlichen Rente, welche dann wiederum eine niedrigere Sparrate bedingt. Um es kurz zu machen: Das Ganze gleicht sich bei einer Sparrate von 212,08 Euro und einem Einstiegsgehalt von 6113 Euro brutto im Monat aus. Bei diesen Werten würde ein Angestellter über sein gesamte Erwerbs- und Rentnerleben hinweg genauso viel verdienen wie ein Lehrer.

Cool – und in welchen Berufen schaffe ich das?

Berufe dieser Art gibt es nicht wie Sand am Meer, sie sind aber auch nicht selten. Viele Ärzte – mit 27 Jahren meist noch ohne Spezialisierung – aber auch Juristen, Piloten, Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer erreichen solche Einstiegsgehälter in der Regel. Auch in IT-Berufen sind sie nicht selten. Es kann auch Berufe geben, die eine längere Ausbildungszeit erfordern, dann aber sogar mit einem noch höheren Einstiegsgehalt steigen. Wer schon ein paar Jahre vor dem 27. Geburtstag ins Arbeitsleben startet, könnte auch mit einem geringeren Einstiegsgehalt loslegen und würde am Lebensende den Lehrer einholen.

Sind Lehrer nicht trotzdem völlig überbezahlt?

Welches Gehalt zu hoch oder zu niedrig ist, liegt immer im Auge des Betrachters. Fest steht aber, dass Lehrer sowohl im Vergleich mit anderen Berufen in Deutschland als auch verglichen mit Lehrern in anderen Ländern sehr gut bezahlt werden.

Das hat – wie bei Staatsbeamten allgemein – zwei simple Gründe. Erstens ist es jedem Staat generell ein Anliegen, die besten Leute für den Staatsdienst zu gewinnen. Auch jede Mutter und jeder Vater würde sich vermutlich wünschen, dass ihre und seine Kinder von den fähigsten Lehrern unterrichtet werden. Damit die talentiertesten Kandidaten sich aber auch für den Lehrerberuf entscheiden, muss der Staat Vorteile bieten, die das Lehrerdasein attraktiver machen als eine Stelle in der freien Wirtschaft. Hohe Gehälter, das Beamtentum und die damit verbundenen hohen Pensionen sind die Instrumente dafür.

Staatsbeamte sollen weniger anfällig für Bestechung sein

Ein zweiter Grund dafür, Staatsbeamte hoch zu entlohnen, liegt darin, dass sie dies weniger anfällig für Bestechung macht. Wer von seinem Gehalt kaum leben kann, der nimmt gerne Geld für illegale Gefälligkeiten an. Zwar verhindern das höhere Gehälter nicht hundertprozentig, sie senken aber die Wahrscheinlichkeit.