Jagd- und Lustlager im Schleißheimer Schlosspark
Der Club Rocaille begeisterte mit einem historischen Jagd- und Lustlager im Schleißheimer Schlosspark. Eine Zeitreise ins Rokoko.
Oberschleißheim - Auf dem Weg zu den Pavillons kommen einem im Schleißheimer Schlosspark drei Damen entgegen. Mit den Fingerspitzen hebt eine von ihnen ihre an der Taille hauteng gefaltete Robe a l´anglaise elegant über die Fußspitzen und klimpert kokett mit den Wimpern. Keine Frage: Wir sind im Rokoko gelandet; 18. Jahrhundert, mittelspät, so um 1760, 1770 rum.

Club Rocaille veranstaltet stets im September ein historisches Lust- und Jagdlager
Im weitläufigen Park des Schleißheimer Schlosses veranstaltet der Club Rocaille stets im September ein historisches Lust- und Jagdlager. Die Mitglieder verstehen sich als Interessengemeinschaft. „Wir leben denselben Spleen“, verrät Hildegund Bemmann, die für dieses Wochenende in die Haut und das Reitkleid einer höfischen Dame von 1764 auf Jagdausflug geschlüpft ist. Auf der Suche nach dem stillen Örtchen eilen die Damen schnurstracks dem Schloss entgegen. Wie sie sich aus den aufwendig geschnürt und gefalteten Kleidern schälen, bleibt ihr Geheimnis.
Adelige Damen und Offiziere
In den Pavillons abseits des Springbrunnens hat der Club Rocaille ein Lust- und Jagdlager auferstehen lassen. Es gibt Soldaten, bewaffnete Feldjäger; dazu allerlei Jagdutensilien, die obligatorische Tuchmacherin und Sigma, den Magier, der ein Seil knotenfrei machen kann. Und dann ist da noch Carl Ludwig von Poellnitz mit dem Wappen derer von Poellnitz.
Der Gute Geist vom Club Rocaille
„Hat er denn dienstfrei?“ schnauzt der Hochwohlgeborene vom Hofe Friedrich des Großen einen Kerl im blauen Waffenrock an. Auf seine Büchse gestützt, verdöst Germann Beh die Mittagsstunde. Von Poellnitz, der Wert darauflegt, dem protestantischen Zweig der Familie zu entstammen – „mit oe geschrieben, nicht mit ö“ – beschließt, den Soldaten so richtig einzuseifen: „Warum lümmelt er hier so rum?“ Verlegen prustet Soldat Beh in seinen wilden Schnauzer. Mehr kann er nicht tun.
Umtrunk im Pavillon
Carl Ludwig von Poellnitz ist der – meistens zumindest – gute Geist vom Club Rocaille. Den Besucher lädt er zu einem kleinen Umtrunk in den Pavillon der adeligen Gesellschaft ein. Geräumig ist es. Es gibt Kuchen und Weintrauben. Bloß keine Diener. „Gutes Personal ist rar“, wagt von Poellnitz einen Scherz, der hier gar nicht gut ankommt. Auch für den Adel sind die Zeiten hart. Was soll´s, Hauptsache die Damen finden Schatten. „Sie wissen schon“, zwinkert uns von Poellnitz zu: „Die Herrschaften wahren gern vornehme Blässe.“
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Steinschlossbüchse knallt gewaltig
Ein mordsmäßiger Knall lässt die Gesellschaft im Zelt zusammenfahren. Draußen hat Andreas Clemens soeben seine Steinschlossbüchse sprechen lassen. In einen roten Jagdrock gewandet, hält er jetzt eine Reiterpistole hoch. Wenigstens 40 Zentimeter lang, Kaliber 67. Die riesengroße Öffnung vorn im Lauf lässt keine Frage offen. „Damit getroffen, fällst du garantiert um!“ Was Andreas Clemens meint: Was aus diesem Lauf herrausschießt, lässt nicht viel von einem übrig. Der berittene Jäger lacht.

Gepflegtes Kaffeekränzchen
Dem Zelt gegenüber haben sich zwei Damen gepflegt zu einem Kaffeekränzchen niedergelassen. Während die eine mit Haube beinah bürgerlich scheint, ist ihr Gegenüber ganz klar als Offiziersgattin zu erkennen. Das Kostüm ist einem Waffenrock des Gatten nachempfunden. Echte Knöpfe, echte Litzen. „So zeigen wir Solidarität“, sagt Sabine Schulte. Die aus dem Sauerland stammende Dame folgt ihrem Mann bei Historienspielen mitunter bis in die Schlacht. Oder so ähnlich.
Wenn die Männer sich die Köpfe einschlagen, schauen die Damen aus in sicherer Entfernung aufgebauten Logen zu. Es gibt Knabberzeug und Spirituosen. Sogar für Diener ist gesorgt. Ein Rokoko-Idyll im barocken Schlosspark des Blauen Kurfürsten.