Chinas „absurder“ Schwindel bei Olympia: Gedopte Athleten dürfen antreten

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Trotz Doping bei Olympia: Nach 23 positiven Dopingtests tischte China der Welt-Anti-Doping-Agentur eine abenteuerliche Lüge auf – und das mit Erfolg. Doping-Experte Hajo Seppelt deckte den Schwindel auf.

Sind diese Wettkämpfe fair? Zum Start der Olympischen Spiele in Paris wird der Schwimmsport von einem Doping-Skandal erschüttert. 23 chinesische Schwimmerinnen und Schwimmer sollen zu unerlaubten Mitteln gegriffen haben, elf davon dürfen trotzdem an den Start gehen. Sie sind bei den am Samstag beginnenden Schwimmwettbewerben dabei. Derjenige, der den Betrug mit aufgedeckt hat, kann darüber nur den Kopf schütteln.

Rückblick: Anfang 2021 waren die betroffenen 23 Athleten bei einem nationalen Wettkampf in China positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet worden. Die chinesische Anti-Doping-Agentur Chinada verzichtete aber auf Sperren und begründete das laut ARD-Journalist und Doping-Experten Hajo Seppelt mit einer absurden Lüge.

Schwimm-Doping in China: „Es ist eine Räuberpistole“

So rekonstruiert Seppelt den Vorfall im Interview mit IPPEN.MEDIA. „China hielt den Fall zunächst geheim und begründete ihn Monate später mit einem absurden Szenario“, so der Doping-Experte. „Im Waschbecken einer Hotelküche habe man Spuren eines verbotenen Herzmittels gefunden, das über die Kochtöpfe oder Pfannen auf die Teller aller 23 Athleten gelangt sei, die das dopingverseuchte Essen dann ohne ihr Wissen zu sich genommen hätten.“

Die Einschätzung des Doping-Experten ist eindeutig: „Es klingt nicht nur wie eine Räuberpistole, es ist, wie unsere Recherchen nahelegen, auch eine“. Und weiter: „Wir haben Chats und Posts der betroffenen Schwimmer zugespielt bekommen. Wenn diese der Wahrheit entsprechen, waren zum Beispiel gar nicht alle 23 Schwimmer in dem Hotel untergebracht. Wie sollen sie dann alle das Essen aus der Hotelküche konsumiert haben?“

Hajo Seppelt, deutscher Sportjournalist und Doping-Experte
Hajo Seppelt recherchiert seit vielen Jahren zu Doping im Spitzensport. In seiner ARD-Reihe „Geheimsache Doping“ berichtet er aktuell über systematischen Betrug rund um Olympische Spiele. © IMAGO/Rolf Walter

China-Doping: „Die Welt-Anti-Doping-Agentur ignoriert das alles“

Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA folgte allerdings der chinesischen Ausrede. Eigene Ermittlungen nahm sie nicht auf. Sie widersprach – wie die chinesische Antidopingagentur – jeglichem Vorwurf der Vertuschung. Und trotz heftiger Kritik, angeführt von den USA, stellte auch ein unabhängiger Ermittler aus der Schweiz keine Fehleinschätzung der Wada fest. Mehr noch: Das Internationale Olympische Kommittee (IOC) sprach der WADA erst vor wenigen Tagen „vollstes Vertrauen“ aus.

Die chinesischen Athleten Qin Haiyang und Zhang Yufei (beide in der Mitte).
Regelmäßig Erster im Schwimmsport: Die chinesischen Athleten Qin Haiyang und Zhang Yufei (beide in der Mitte). Auch bei den Superstars gab es einen positiven Doping-Test. © IMAGO/Zhang Xiaoyu

Seppelt meint dazu: „Die WADA stellt sich stur und ignoriert das alles. Das IOC steht hinter ihr und das zeigt, dass der ganze Anti-Dopingkampf derzeit in einer fast beispiellosen Glaubwürdigskeitskrise steckt.“ Der Doping-Experte weiter: „Es geht mehr um den Schutz der verantwortlichen Organisationen als um sauberen Sport.“ WADA und IOC „hoffen offenbar darauf, dass der Spuk vorbeigeht, und keiner mehr unangenehme Fragen stellt“.

Bei den Schwimmern handelt es sich um Top-Athleten, die bei vergangenen Olympischen Spielen Goldmedaillen holten. Sie zählen damit zu einer Vielzahl von mutmaßlich unsauber geholten Medaillen. Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert Seppelt, dass in den vergangenen 20 Jahren mehr als 300 Medaillen von Sportlern geholt wurden, die in ihrer Karriere gedopt haben. „Dass Doping einen Einfluss auf Olympische Spiele hat, ist ganz sicher.“ (as)

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