„Ziemlich effizient“: Kampf gegen Gleitbomben – Ukraine nimmt Flugplätze und Kampfjets ins Visier
Der nächste Paukenschlag vor Putins Haustür: Die Ukraine attackiert vier Flugplätze mit Drohnen. Ein SU-34-Bomber wird ausgeschaltet.
Kursk – „Die Ukraine führt einen Verteidigungskrieg und drängt die russische Artillerie auf die notwendige Distanz, damit sie nicht gegen Zivilisten eingesetzt werden kann“, sagte Mychajlo Podoljak. Gegenüber der Nachrichtenagentur Meduza feierte der Berater aus dem Büro des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj den jüngsten Erfolg gegen die Truppen des Aggressors Wladimir Putin. Mit ihren Drohnen hat die Ukraine den nächsten Schlag gegen Russlands Gleitbomben-Terror gelandet, wie Newsweek berichtet.
Nach Angaben des Magazins seien vier Militärflughäfen mit Langstrecken-Drohnen erfolgreich angegriffen worden – allesamt auf russischem Territorium in den Regionen Woronesch, Kursk und Nischni Nowgorod: die Flugplätze Khalino, Savasleyka, Borisoglebsk und Baltimore. Die Ukraine hatte demnach gezielt Treibstoff-Depots und Hangars neutralisieren wollen, wie das ukrainische Militär bekanntgab; darunter moderne Kampfjets vom Typ Su-34 und Su-35 – also diejenigen Maschinen, die durch Gleitbomben den verheerendsten Terror in den Ukraine-Krieg hineintragen. Diejenigen Maschinen, die meist außerhalb der ukrainischen Luftabwehr operieren und Russlands Offensive im Osten unterstützen.
Über das Ausmaß der Schäden liegen keine Informationen vor, auch über die Sozialen Medien verbreiteten Satellitenbilder sind kaum gesicherte Erkenntnisse zu generieren.
Putins neuer schmerzlicher Verlust: Ukraine meldet Abschuss eines Kampfjets
Laut Newsweek meldet die Ukraine allerdings, im Rahmen ihrer verschiedenen Operationen habe sie Putin sogar einen weiteren schmerzlichen Verlust zugefügt: Ein russischer Su-34-Jagdbomber soll jüngst über Kursk abgeschossen worden sein. Offenbar wird die Taktung der ukrainischen Angriffe immer kürzer. Bereits Ende Juli hatte die Ukraine der strategischen Bomberflotte Russlands enorm zugesetzt. Drohnen der Ukraine sollen die fast 2000 Kilometer in den Norden Russlands zurückgelegt und einen Flugplatz sowie einen strategischen TU-22M3-Bomber beschädigt haben; das berichtet die Ukrainska Prawda. Diktator Wladimir Putin kann sich mittlerweile in seinem eigenen Reich nicht mehr sicher fühlen.
„Wir haben alles, um den Krieg gegen die Russische Föderation zu gewinnen. Alles, um einen Menschen im Schützengraben, auf See, in der Luft und unter Wasser zu ersetzen.“
Der Sender n-tv behauptet sogar, die Ukraine habe jetzt mit der massierten und koordinierten Operation auf vier Flugplätze „den bisher massivsten Angriff auf russische Flugplätze seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 durchgeführt“. Möglicherweise verlieren die Gleitbomben-Angriffe auf die Ukraine langsam ihren Schrecken, weil die russischen Flieger immer weiter zurückweichen müssen, und die F-16-Maschinen der Ukraine demnächst in die aktive Luftverteidigung eingreifen könnten.
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Russland hat, laut Newsweek, lediglich die Attacken bestätigt und „eine massive Welle ukrainischer Drohnenangriffe auf sein Territorium“ gemeldet – insgesamt habe die russische Luftabwehr 37 Angriffe über Kursk bekannt gegeben, weitere 37 über Woronesch, und elf über der Region Nischni Nowgorod – Russland wolle einen Großteil davon neutralisiert haben und bezifferte die Zahl der abgewehrten Drohnen auf 117.
Vergebliches warten auf Grünes Licht: Ukraine startet Offensiven mit Bordmitteln
Die Ukraine wird diesen Weg fortsetzen, weil sie mit den weit tragenden Waffen aus dem Westen keinen Angriff auf russisches Territorium führen darf. Das gilt für die ATACMS-Raketen (Army Tactical Missile System) sowie für die Waffen an Bord der F-16 – das Institute for the Study of War hatte bereits Flugplätze in ATACMS-Reichweite lokalisiert. Die Ziele stehen fest: Mehr als 50 Stützpunkte und mehr als ein Dutzend Flugplätze liegen im Feuerbereich der ATACMS. Die Ukraine wartet auf Grünes Licht – was noch immer ausbleibt.
Das Magazin Armyinform berichtete Ende Juni, dass die Ukraine deshalb mit der Serienproduktion von Angriffsdrohnen mit einer Reichweite von mehr als 1000 Kilometern begonnen habe; das sagte Herman Smetanin. Dem Chef des staatlichen ukrainischen Rüstungsunternehmens Ukroboronprom sei daran gelegen, Russlands „riesigen Ressourcen und seiner superstarken Industrie“ in der Waffenherstellung „flexibler und einfallsreicher“ zu begegnen.
„Die Ukraine ist das einzige Land der Welt, das Streitkräfte für unbemannte Systeme aufgebaut hat, und das gibt Anlass zur Hoffnung“, sagte Ivan Havryliuk im Juni dem US-Sender ABC. Der stellvertretende Verteidigungsminister der Ukraine hatte damit andeuten wollen, dem Westen seine Verteidigungsbereitschaft zu zeigen und zu weiterreichenden Hilfen zu motivieren. Möglicherweise wird ihm da sogar gelingen. Die eigeninitiativen und mit eigenen Mitteln geführten Offensiven haben zu einschneidenden Verlusten der russischen Invasionsarmee geführt.
Überraschung, Bewegung, Geschwindigkeit: Ukraine gegen Gleitbomben-Terror
„Die Ukrainer haben gerade die Erfahrung gemacht, dass sie durch Überraschung, dass sie durch Bewegung, dass sie durch Geschwindigkeit – dass sie dadurch Erfolge erzielt haben, dass sie dadurch in die Initiative gekommen sind; und ich gehe schon davon aus, dass sie in ihrer Operationsplanung weitere Aktionen dieser Art vorbereiten werden“, sagt Christian Freuding aktuell im Bundeswehr-Podcast Nachgefragt. Der Generalmajor vom Sonderstab der Ukraine im Verteidigungsministerium stellt auch fest, dass selbst durch die weit tragenden Angriffe der Ukrainer auf russisches Territorium kein Bruch des Völkerrechts zu erkennen sei. „Die Ukraine verteidigt sich nach Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen. Da hat das Völkerrecht auch keine zwei Meinungen.“
Klar bleibe, dass sich die Ukraine in der Verteidigung befinde und dieses auch auf dem Gebiet Russlands fortsetzen könne. „Der Aggressor ist ganz klar Russland“, sagt er. Wie Newsweek berichtet, habe Kiew die russischen Militärstützpunkte längst zu legitimen Zielen erklärt und dort wiederholt den russischen Nachschub neutralisiert. „Mit der Gründung der USF haben wir begonnen, uns auf den Krieg der Zukunft vorzubereiten, nicht auf den Krieg der Vergangenheit“, sagte gegenüber ABC der ukrainische Oberst Vadym Sucharewskyj, Kommandeur der Unmanned Systems Forces (USF) der Ukraine.
Die Gründung des neuen Zweigs der Ukraine habe der ganzen Welt gezeigt, dass man sich von konservativen Ansätzen in den Streitkräften abgewandt habe, stellt er klar. Sucharewskyj hat gegenüber dem US-amerikanischen Nachrichtensender das Alleinstellungsmerkmal der Ukraine in der Vielfalt der Drohnenproduktion des Landes begründet. Mit mehr als 125 Herstellern habe das ukrainische Militär inzwischen Verträge zur Herstellung beziehungsweise Entwicklung abgeschlossen. Trotz allem sehen Wissenschaftler die Reife von Drohnen noch ganz am Anfang der Möglichkeiten, betonen Tomas Milasauskas und Liudvikas Jaškūnas vom Thinktank Atlantic Council.
Ukraine selbstbewusst dank der Drohnen: „Haben alles, um gegen Russische Föderation zu gewinnen“
Gegenüber dem Sender ABC sprach Sucharewskyj auch von einer parallel zu den Nato-Strukturen bestehenden multilateralen Koalition westlicher Länder zur weiteren Vervollkommnung von militärischer Drohnen-Technologie: „Die Drohnenkoalition funktioniert und ist ziemlich effizient“, sagte er gegenüber dem Sender und nannte eine Reihe von Ländern, „die an der Produktion und Weitergabe von Drohnen an die Ukraine beteiligt sind“, wie er das ausdrückte: Lettland, Großbritannien, Schweden, Estland, Deutschland, die Niederlande, Litauen, Dänemark, Kanada und Australien.
Herman Smetanin ist mit den bisher erreichten Zwischenschritten zufrieden, wie er Armyinform gegenüber geäußert hat: „In relativ kurzer Zeit haben wir unsere eigenen Angriffsdrohnen mit großer Reichweite entwickelt und in Serie gebracht. Jetzt treffen sie strategische feindliche Ziele in einer Entfernung von mehr als 1.000 Kilometern. Wir sind nichtlinearer und innovativer geworden“, sagt er: „Mit der Zeit erkannte David, dass es eine falsche Idee war, Goliath mit Goliaths eigenen Methoden zu bekämpfen. Am Ende wählte er die Waffe, die den Sieg bringen konnte, und setzte sie geschickt ein.“
Auch der stellvertretende Verteidigungsminister der Ukraine ist optimistisch, auf diesem Weg den übermächtig scheinenden Aggressor in die Knie zwingen zu können, wie Ivan Havryliuk gegenüber ABC hervorhob: „Wir haben alles, um den Krieg gegen die Russische Föderation zu gewinnen. Alles, um einen Menschen im Schützengraben, auf See, in der Luft und unter Wasser zu ersetzen.“ (Karsten Hinzmann)