Biden-Aussage zu Israel löst Unruhe aus – Iranisches Öl jetzt im Fokus
Der Konflikt im Nahen Osten spitzt sich zu. Der Krieg in Israel, Iran und Libanon könnte eskalieren. Eine Biden-Aussage treibt den Ölpreis.
Tel Aviv/Washington – Der Krieg im Nahen Osten weitet sich aus: Israel hat in dieser Woche eine Bodenoffensive gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon begonnen, daraufhin hat der Verbündete Iran mit Raketenangriffen auf Israel reagiert. Israel will darauf erneut antworten, doch es bleibt unklar, wie diese Reaktion aussehen könnte. So oder so steht der Nahe Osten am Rande einer weiteren Katastrophe.
Öl-Preise reagieren auf Krieg mit Israel: Biden denkt über Angriffe auf Öl-Infrastruktur im Iran nach
Das schürt Ängste auf dem Rohstoffmarkt - die in dieser Woche durch US-Präsident Joe Biden nicht beruhigt wurden. In einer Pressekonferenz zur Lage im Nahen Osten wurde er gefragt, ob er Israel geraten habe, die Öl-Infrastruktur des Iran anzugreifen. „Ich weiß, dass ich nichts in der Öffentlichkeit verhandeln werde“, sagte Biden daraufhin. Später gab jedoch er zu: „Wir diskutieren das“.
Andere US-Politiker haben sich öffentlich für einen Angriff auf iranische Öl-Raffinerien ausgesprochen. Der republikanische Senator Lindsey Graham sagte beispielsweise in einer Mitteilung, dass er die Biden-Regierung dazu aufrufe werden, einen solchen Angriff zu koordinieren.

Diese Aussagen lösen auf den Öl-Märkten bereits eine Reaktion aus - wenn auch zunächst eine verhaltene. Das Nordseeöl Brent und das US-Öl WTI verteuerten sich bis Freitagmittag (4. Oktober) auf Wochensicht um rund neun Prozent auf 78,44 beziehungsweise 74,49 Dollar je Fass. „Während der Iran mit seinem Raketenangriff auf Israel sein Gesicht gewahrt hat, wachsen die Sorgen, dass Israel nun wiederum die iranische Ölinfrastruktur angreifen könnte, was weitere Vergeltungsschläge provozieren und die Nachbarstaaten in den Konflikt hineinziehen könnte,“ sagte Ashley Kelty, Analystin bei Panmure Gordon.
Eine Ausweitung des Konfliktes könnte dann doch die Öl- und Gaspreise erheblich beeinflussen. Dafür müssten aber zunächst einige andere Schritte geschehen.
Öl-Preise im Fokus: Märkte reagieren nicht in Panik, andere Krisen haben gelehrt
Nach Angaben des Magazins Politico ist die bisher ausbleibende Panik am Öl-Markt ein Zeichen dafür, dass sich der Rohstoffhandel insgesamt diversifiziert hat. In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe die Öl-Produktion aus den USA, Brasilien und anderen Ländern zugenommen, sodass ausbleibendes Öl aus dem Iran nicht mehr zu einem Schock führen würde. Die Märkte hätten sich daran gewöhnt, dass die Situation im Nahen Osten volatil ist - und sich darauf eingestellt. Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gehen Regierungen bewusster beim Import von Rohstoffen vor und wollen Abhängigkeiten vermeiden.
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Die EU importiert seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ihr Öl hauptsächlich aus den USA, Norwegen und aus Saudi-Arabien. Brasilien und der Irak sind ebenfalls wichtige Importländer für Europa. Vor dem Ukraine-Krieg war Russland der mit Abstand wichtigste Partner für Öl in Europa. Nach Politico-Angaben könnten Länder wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate fehlende Öl-Mengen aus dem Iran recht einfach kompensieren.
Sollte jedoch Saudi-Arabien irgendwie in den Konflikt verwickelt werden – der Iran und die Saudis sind tief verfeindet – dann seien stärkere Reaktionen auf den Rohstoffmärkten wieder denkbar.
Die größte Gefahr für die Weltwirtschaft: Eine Blockade in der Straße von Hormus
Besonders heikel würde es Experten zufolge werden, sollte der Iran die Straße von Hormus schließen. Nach Angaben der deutschen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) werden durch diese Meerenge, die vom Iran kontrolliert wird, jeden Tag 20 Millionen Barrel Rohöl transportiert. Das entspricht einem Fünftel der weltweiten Ölversorgung. Würde der Iran den Verkehr durch die Straße von Hormus behindern oder gänzlich stoppen, würde das eine Weltwirtschaftskrise auslösen.
Das gilt jedoch als äußert unwahrscheinlich – da eine Blockade dem Iran ebenfalls schaden würde. Denn auch der Iran exportiert riesige Mengen Öl über diese Meerenge. „Ein Wegbrechen der Exporteinnahmen würde das Land in eine schwere Rezession stürzen“, so die GTAI. Der Ölhandel des Iran unterliegt strikten Sanktionen – die Teheran aber seit Jahren zu umgehen weiß. Im Frühjahr berichtete die Financial Times, dass der Öl-Export des Iran auf ein Rekordhoch gesprungen war. Aktuell gehen praktisch die gesamten Ölexporte des Iran nach China, hieß es damals. Demnach bezieht Peking rund zehn Prozent seiner gesamten Ölimporte von Teheran.
Trotzdem wäre eine Eskalation, die den Iran zu Handlungen in der Straße von Hormus drängen würde, für die Weltwirtschaft gefährlich. Allein wenn der Eindruck entstünde, dass der Schiffsverkehr durch diese Route nicht mehr sicher sei, würde das einen Effekt auf die Preise haben.