Flächenbrand in Nahost droht – Experte sieht Iran vor „fast unauflösbarem Dilemma“

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Nach Angaben des Iran war der Angriff auf Israel ein Vergeltungsschlag. Erneut folgen Drohungen – von Israel und Iran. Die Lage in Nahost spitzt sich weiter zu.

Teheran – Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat der Iran am Dienstag (1. Oktober) einen massiven Raketenangriff auf Israel gestartet. Nach iranischen Angaben war der Angriff mit ballistischen Raketen eine Antwort auf die Tötung des Hisbollah-Führers, Hassan Nasrallah. Nun will auch Israel auf den iranischen Angriff reagieren. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte nach dem Angriff am Dienstag an, der Iran „wird dafür bezahlen“. Und auch Teheran hat bereits mit einer „Antwort“ gedroht, sollte Israel auf den Angriff mit einem Gegenschlag reagieren. Eine Gewaltspirale in Nahost, wie es scheint.

Raketen-Angriff auf Israel: Iran in einem „fast unauflösbaren Dilemma“

Bereits vor dem iranischen Raketenangriff sprachen Experten von einem Dilemma, in dem der Iran vor dem Hintergrund der Tötung des Hisbollah-Chefs gesteckt habe. Die Einschätzung vieler Experten: Der Iran werde eine weitere Eskalation der Lage zu vermeiden versuchen. Auch nach dem Angriff des Iran spricht der Nahostexperte Stefan Fröhlich von einem „fast unauflösbaren Dilemma“, in dem Teheran stecke.

Dass der Iran bei dem „Untergang des wichtigsten Verbündeten“ – der Hisbollah – zusehen müsse, komme einem „Gesichtsverlust Teherans“ gleich, erklärte Fröhlich im Gespräch mit ntv. Den Angriff auf Israel nannte der Nahostexperte vor diesem Hintergrund „erwartbar“. Dennoch sprach Fröhlich von einer „kontrollierten Eskalation“. Auf der einen Seite, erklärte der Experte weiter, „musste eine Reaktion kommen“, auf der anderen Seite wünsche sich der Iran keinen „größeren Krieg mit Israel“.

Iran Launched 200 Ballistic Missiles Towards Israel Iran s Islamic Revolutionary Guard Corps (IRGC) has launched its lar
Sorge vor weiterer Eskalation nach iranischem Angriff: Der Iran feuerte rund 200 ballistische Raketen auf Israel ab © IMAGO/SalamPix/ABACA

Auch rechne der Fröhlich nun mit einer israelischen Reaktion und erklärte vor diesem Hintergrund: „Das Risiko nimmt zu, dass das zu einem größeren und länger anhaltenden Abnutzungskrieg wird.“ Israel, so Fröhlich, befinde sich längst in einem Mehrfrontenkrieg.

Nach dem iranischen Angriff auf Israel: Sorge vor „anhaltendem Abnutzungskrieg“ im Nahen Osten

Sowohl die Huthis im Jemen, als auch die Hisbollah im Libanon feuern immer wieder Raketen auf Israel. Im Libanon hat Israel jüngst eine Bodenoffensive gestartet. Hinzu kommt für Israel die Bedrohung durch die Hamas und den Iran. An einem regionalen Krieg, erklären Experten, sei der Iran jedoch nicht interessiert. Dennoch kommt der Nahost-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, Philipp Dienstbier, zu dem Schluss, dass der Angriff des Iran am Dienstag ein „Spiel mit dem Feuer“ sei. Im Deutschlandfunk-Interview erklärte Dienstbier, bei dem Angriff des Iran sei es um „Vergeltung“ gegangen, aber auch darum, „Abschreckung gegenüber Israel wiederherzustellen“.

Iran feuert und 180 Raketen auf Israel: Luftabwehr soll die meisten Flugkörper abgefangen haben

Die meisten der etwa 180 Raketen, die der Iran am Dienstagabend auf Israel abgeschossen hatte, konnte Israel nach eigenen Angaben abwehren. Anders als im April griff der Iran Israel diesmal jedoch auch mit Hyperschallraketen an – einige schlugen im Zentrum und im Süden Israels ein. Im israelisch besetzten Teil des Westjordanlands gab es ein Todesopfer. In Tel Aviv wurden zwei Menschen verletzt. Dass der Angriff so verlaufen ist, erklärte Dienstbier, sei vom Iran „kalibriert“ worden. Dennoch sagte er: „Dieses Kalkül des Iran, Abschreckung wieder aufzubauen, ohne einen großen Gegenschlag zu provozieren, das ist deutlich riskanter, als wir das aus der Vergangenheit kennen.“

Auch die Sorge der internationalen Gemeinschaft vor einem Flächenbrand im Nahen Osten wächst vor dem Hintergrund der jüngsten Angriffe. In Berlin erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz: „Iran riskiert damit, die ganze Region in Brand zu setzen – das gilt es unter allen Umständen zu verhindern.“ Auch der UN-Generalsekretär, António Guterres, appelliert an die Konfliktparteien im Nahen Osten für Deeskalation. Zuletzt scheinen die Appelle des Westens im Nahen Osten jedoch wenig Wirkung gezeigt zu haben. (pav)

Auch interessant

Kommentare