„Macht’s es guad!“: Thomas Dreßen nimmt Abschied vor 6000 Fans an der Kandahar
Thomas Dreßen verabschiedet sich vor 6000 Fans an der Kandahar
Garmisch-Partenkirchen – Thomas Dreßen stand unten im Zielraum – und blickte auf sich selbst. Wie das geht? Das Organisationskomitee hatte an die Zuschauer Papiermasken verteilt – mit dem Konterfei des Mittenwalders. Und als Stadionsprecher Taufig Khalil das Kommando gab, setzten sie die Menschen auf der Tribüne auf. Und so blickten ein paar Tausend Papp-Thomas-Dreßens auf den wahren neuen Ski-Rentner hinab.
Der „Hero der Kandahar“, wie ihn das OK auf einem Plakat an der Zielbande adelte, sah schon ein wenig ergriffen drein, als er bei seiner Verabschiedung in der Heimat noch einmal vor der großen Tribüne stand. Alles nicht ganz so dramatisch wie noch in Kitzbühel eine Woche zuvor. Da waren all die Gefühle so frisch gewesen. Nun hatte er die Skier ja tatsächlich schon eine Woche in die Ecke gestellt. Aber doch: Dem 30-Jährigen ging der Empfang an der Kandahar auch nahe. Eine halbe Stunde vor dem Rennstart waren fast alle der 6000 Zuschauer am Samstag schon da, um den deutschen Vorzeigeabfahrer in den Ruhestand zu entlassen.
Ein bisserl wackelig klang dann auch die Stimme, als er selbst das Wort ergriff. Ehrlich wie eh und je räumte Dreßen ein: „Ich fahre ja nicht so auf Ehrungen ab, bin nicht der Typ dafür.“ Und doch: An Garmisch-Partenkirchen hat er beste Erinnerungen. „Mein Sieg hier war einer meiner schönsten Erfolge“, räumte er ein. 2020 war’s. Damals legte er mit Nummer 1 die Messlatte für den Rest der Kollegen. Keiner unterbot seine Zeit. Der zweite deutsche Weltcup-Sieger auf der Kandahar überhaupt wurde er damit. „Das Rennen hat einen besonderen Platz in meinem Herzen.“
Den „größten Dank“ richtete Dreßen an die Fans. „Ihr macht es erst, dass wir im Sport unsere Emotionen kriegen ... auch wenn es mal nicht so läuft, seit ihr da!“ Und dann noch ein kurzes, aber nett gemeintes: „Macht’s es guad.“
Freilich gab’s noch warme Worte und Präsente. Dr. Franz Steinle, Präsident des Deutschen Skiverbands, hatte das Sportehrenzeichen in Silber für den Werdenfelser dabei. Steinle nannte den Abschied des Leistungsträgers einen „großen Verlust“. Dreßen hinterlasse eine Lücke als Leader des Abfahrtsteams. Andererseits aber müsse man als Verband stolz darauf sein, überhaupt „einen solchen Abfahrer“ gehabt zu haben. In kurzer Zeit erarbeitete sich der Mittenwalder mit fünf Siegen, zehn Podiumsplätzen und 23 Ergebnissen unter den Top-Zehn den Titel als erfolgreichster deutscher Abfahrer aller Zeiten. Steinle würdigte den Athleten aber nicht nur für seine sportlichen Meriten, sondern auch als echten „Sympathieträger“. Einem solchen Sportler würden die Türen beim Skiverband immer offen stehen.

Ein spezielles Geschenk hatte sich das Organisationskomitee überlegt: Einen Kandahar-Stein. Ein gemeißeltes „K“, das nun einmal als Symbol für die Rennen auf der Heimstrecke Dreßens steht. „Wir ziehen den Hut vor dir“, versicherte OK-Chefin Martina Betz. „Du bist ein Vorbild für die gesamte Skifamilie und für die vielen Kinder.“
Die Familie steht nun im Fokus für den Mittenwalder
Seine eigene Tochter Elena und Frau Birgit, die stehen für den Wahl-Oberösterreicher nun ganz klar im Mittelpunkt. Richtig ruhig gestaltete die erste Woche als Pensionär noch nicht. „Ich hab’ viele Telefonate geführt“, verriet er. In TV-Studios war er zu Gast. Einfach so auf die heimische Couch legen, klappt bei einem ehemaligen Weltcup-Fahrer eh nicht. Am Freitag saß er gar eineinhalb Stunden auf dem Radergometer. „Das wird auch so bleiben, ich bin ein Sportverrückter.“
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Gejuckt hat es ihn in der Früh auf dem Weg zur Kandahar nicht wirklich. „Also nicht in dem Sinne, dass ich ein Rennen fahren wollte, überhaupt nicht. Mit dem Thema habe ich abgeschlossen.“ Dabei zu sein unter den alten Rennkameraden, darauf freute sich Dreßen aber schon. Er will dem Skisport auch nicht den Rücken kehren. „Ich arbeite gerne in irgendeiner Form mit.“ Nur eines schließt er aus: Trainer. „Na, sicher ned.“