Plötzlich wollen alle Silber: Warum das Edelmetall nun so stark steigt
Unter den Edelmetallen ist Silber aktuell der Star. Fast 30 Prozent ist der Silberpreis seit Jahresanfang gestiegen - und soll noch eine glänzende Zukunft vor sich haben.
Leipzig – Nachdem der Silberpreis bereits Anfang Juni die psychologisch wichtige Marke von 35 US-Dollar für die Feinunze durchbrochen hatte und sich seitdem beständig darüber gehalten hatte, erklimmte er am Dienstag dieser Woche auch die Marke von 37 US-Dollar. Das war der höchste Stand seit nunmehr 13 Jahren. Seit Wochen rückt Silber jetzt wieder in den Fokus der Anleger und viele Rohstoffexperten und Analysten erwarten einen langfristigen Aufwärtstrend, der von einem Mix verschiedener Faktoren begünstigt wird. Doch was beflügelt den Kurs des Edelmetalls in dieser Zeit?
Wirtschaftliche Bedingungen und geopolitisches Klima treiben den Silberpreis
Der anhaltende Höhenflug des Silbers lässt sich aus einer Reihe von Rahmenbedingungen erklären, die sich aus makroökonomischen Gegebenheiten im US-Markt, den geopolitischen Spannungen und Krisen sowie einem Ungleichgewicht auf der Angebots- und Nachfrageseite beim physischen Silber ergeben. Eine schwächelnde US-Wirtschaft, zuletzt magere Konjunkturdaten, eine geringe Verzinsung der US-Staatsanleihen und ein schwacher US-Dollar lassen Anleger wieder nach alternativen und sicheren Anlagemöglichkeiten suchen.

Auch die geopolitischen Spannungen treiben den Preis des Metalls. Gerade die großen Kursgewinne in den letzten Tagen sind nach Meinung vieler Beobachter nicht zuletzt den jüngsten Eskalationen im Nahen Osten zuzuschreiben. Für Anleger, die befürchten, dass die USA direkt in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran eingreifen könnten, wird Silber zu einem sicheren Hafen.
Knappes Angebot an physischem Silber trifft auf steigende Nachfrage
Ferner gibt es auch auf der Angebots- und Nachfrageseite Ungleichgewichte, die die starke Entwicklung von Silber begünstigen. Silber ist im Gegensatz zu Gold keine reine Wertanlage, Silber ist auch ein Industriemetall. Die industrielle Nachfrage nach physischem Silber erreichte im vergangenen Jahr Rekordwerte und das Angebot kann da nicht mithalten. Etwa 50 Prozent der jährlichen Silberproduktion fließen in industrielle Anwendungen und die Nachfrage steigt. Silber spielt eine wichtige Rolle in wachsenden neuen Schlüsselindustrien, wie der Elektronik-, Photovoltaik- und Medizintechnikbranche.
Bereits seit dem Jahr 2021 übersteigt die weltweite Nachfrage die jährliche Produktion an Silber. Alleine im vergangenen Jahr betrug das Defizit Schätzungen zufolge ca. 150 Millionen Unzen. Dieses Defizit dürfte sich tendenziell vergrößern. Auch schmelzen die Reserven, denn die globalen Lagerbestände nehmen weiter ab. Seit 2021 sind sie bereits um ein Viertel gesunken. Diese anhaltende Angebotsknappheit trifft nun auf eine steigende industrielle Nachfrage – treibt somit den Preis und eröffnet dem Edelmetall auch auf längere Sicht ein beträchtliches Aufwärtspotenzial. Wie das Silver Institute prognostiziert, wird sich das Angebot an physischem Silber auch mittelfristig nicht spürbar verbessern, da viele Minenbetreiber mit ihren Produktionsmöglichkeiten bereits am Limit angekommen sind.
Gold-Silber-Ratio: Silber ist immer noch historisch günstig heute
Über das Gold-Silber-Ratio wird angegeben, wieviele Unzen Silber gebraucht werden, um eine Unze Gold zu kaufen. Historisch gesehen lag das Verhältnis der beiden Edelmetalle zueinander zwischen zwölf zu eins und 100 zu eins. Im langfristigen Durchschnitt ergibt sich ein Ratio von 60 zu eins. Aktuell liegt das Gold-Silber-Ratio bei etwa 90 zu eins und zeigt damit auf, dass Silber durchaus noch ein beträchtliches Aufholpotential gegenüber Gold hat. Viele Experten erwarten, dass das Ratio bis Ende des Jahres auf ca. 80 zu eins zurückgehen wird und billigen Silber noch viel Kurspotential zu.
Diese Entwicklung zeichnet sich bereits in den letzten Handelstagen ab. Während Gold aktuell seitwärts tendiert oder sogar leicht schwächelt, schwingt sich der Silberpreis von einem Hoch zum nächsten. Rohstoffanalysten sprechen bereits von einer historischen Entkoppelung der beiden Edelmetalle in der Preisentwicklung, die in ihrer Stärke seit Ende der 1990er-Jahre nicht mehr gesehen wurde.
Wie kann man in Silber investieren?
In Silber kann man auf verschiedene Weise investieren. Klassisch dabei – der Kauf von physischen Barren oder Münzen, die allerdings gelagert werden müssen. Hier sollten Anleger vor dem Kauf aber immer verschiedene Anbieter miteinander vergleichen. Geeignet ist diese Form der Anlage insbesondere für Kleininvestoren, die Silber als Vermögensschutz besitzen wollen, um in einem in Krisenfall dann auch konkret darauf zurückgreifen zu können. In diesem Fall wird allerdings die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent fällig.
Günstiger wird es mit differenzbesteuerten Münzen oder Barren. Das geht immer dann, wenn der Händler das physische Silber aus einem Nicht-EU-Land angekauft hat. Dann gilt die Differenzbesteuerung, die einen Preisvorteil bei der Steuer von ca. zehn Prozent bietet. Klassische Anlagemünzen werden in der Regel so angeboten.
Wertpapiere, die an die Silberpreisentwicklung gekoppelt sind
Ferner gibt es auch Wertpapiere, die an die Silberpreisentwicklung gekoppelt sind. Besonders beliebt sind dabei sogenannte ETC´s (Exchange Traded Commodities), bei denen das Silber physisch hinterlegt ist. Einige davon werden auch in Deutschland gehandelt, wie beispielsweise der iShares Physical Silver ETC oder der WisdomTree Core Physical Silver. Vorteilhaft ist hierbei, dass diese Papiere jederzeit handelbar sind, nur geringe Transaktionskosten für den Kauf anfallen und keine Steuern fällig werden. Bei vollständigen Silber ETC´s können Inhaber der Papiere oft auch einen Anspruch auf das physische Silber geltend machen.
Auch Silber-Zertifikate und Derivate sind frei handelbar und verursachen wenig Kosten. Allerdings besteht hier kein Anspruch auf physisches Silber, der Anspruch besteht nur gegenüber dem Emittenten der Papiere und birgt deshalb auch immer ein Ausfallrisiko im Falle einer Insolvenz des Herausgebers.
Minenaktien als alternative Silberanlage
Wer lieber in Sachwerte investieren will, kann auch in Aktien von Silberminengesellschaften investieren oder in einen Index, der die Wertentwicklungen der Silberminenunternehmen abbildet. Da Edelmetalle jedoch keine Zinsen abwerfen, werden hier Gewinne nur durch steigende Silberpreise und eventuelle zusätzliche Dividenden erwirtschaftet. Ein Investment in Minenaktien ist allerdings riskanter als andere Anlageformen, es bietet jedoch auch Chancen, bei positiven Silberpreisentwicklungen durch Hebelwirkungen und Dividenden stärker zu profitieren. Wichtig zu wissen ist allerdings auch, dass bei Minenaktien immer sehr viele verschiedene Einflüsse, wie auch unternehmerische Risiken, auf die Aktienkurse einwirken.
Wem es zu riskant ist, auf einzelne Minengesellschaften zu setzen, der kann sich auch auf Indizes der Minenbetreiber fokussieren und somit das Risiko auf eine größere Anzahl von Silberproduzenten verteilen.