Top-Manager hat einfache Lösung gegen die Autokrise: Vielfahrer würden „sich sofort ein E-Auto kaufen“
Inmitten der E-Auto-Krise plädiert ein Top-Manager der Fahrzeugindustrie für eine einfache Lösung. Von staatlichen Subventionen und Kaufprämien hält er dagegen überhaupt nichts.
Stuttgart – Der Markt für Elektroautos entwickelt sich für deutsche Unternehmen zunehmend zum Sorgenfall. Erst vor wenigen Tagen kam eine vom Versicherer HUK Coburg veröffentliche Studie zu dem Ergebnis, dass 2024 rund 34 Prozent der privaten Autokäufer zum Verbrenner zurückkehrten. Zudem entschieden sich nur noch 3,9 Prozent für die reine E-Variante ihres Gefährts. Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als Stütze der Branche an einer neuen Kaufprämie für E-Autos feilt, plädiert der ehemalige Daimler-Truck-Chef, Martin Daum, für einen anderen Vorschlag: einen jährlichen Preisaufschlag auf Benzin.
„Wenn wir heute rausgehen würden und sagen: Jeden 1. Januar werden zehn Cent zusätzlich auf den Liter Benzin draufgemacht, von jetzt bis zur Unendlichkeit, dann wird es die ersten drei oder vier Jahre noch in der normalen Schwankungsbreite des Benzinpreises drin liegen“, erklärte der 64-Jährige im SWR-Videopodcast „Zur Sache intensiv“. Daum ist nach wie vor Mitglied des Vorstands beim Lkw-Hersteller, an dem die Mercedes-Benz Group der größte Einzelaktionär ist.
Verkehrssektor als Klimasünder: Daimler Truck-Chef Daum plädiert für Preisaufschlag auf Benzin
Gerade für Vielfahrer sei der Kauf eines Verbrenners bei diesem Vorgehen dann keine Option mehr – eher würden „sie sich sofort ein E-Auto kaufen“. Dass diese einfache Lösung im Kampf gegen den Klimawandel auch Hürden beinhaltet, gibt auch Daum zu. Vermutlich würde „die Mehrheit der Bürger den Preisaufschlag nicht akzeptieren“ – und wohl deshalb werde kein Politiker jemals diesen Ansatz verfolgen. Doch auch eine anfängliche Kompromisslösung von fünf Cent pro Liter sei für Daum vorstellbar. Dann würde es allerdings doppelt so lange dauern, ehe der gewünschte Effekt zu einer tatsächlichen Mobilitätswende eintrete.
Der Verkehrssektor ist für rund einen Fünftel der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. 2023 überschritt er laut dem unabhängigen Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung die gesetzlich vorgesehene Höchstgrenze und riss zum dritten Mal in Folge das Klimaziel. Statt der festgelegten 133 Millionen Tonnen Treibhausgase produzierte der Sektor 146 Millionen Tonnen. Die Bereiche Energie und Industrie hielten dagegen ihre Vorgaben ein.
Verkehrsminister Volker Wissing droht mit Fahrverboten – VW-Boss Blume setzt auf Kaufprämie
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte im April mit Wochenend-Fahrverboten für Autos mit Verbrenner-Motor gedroht, sollte sich am entsprechenden Klimaschutzgesetz nichts ändern. Habeck warb dagegen vor wenigen Wochen für den Vorschlag der SPD, eine erneute Kaufprämie einzuführen. Auch aus der Autoindustrie wird der Ruf nach staatlichen Subventionen lauter: Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender des derzeit kriselnden Volkswagen Konzerns, sagte gegenüber der ARD, dass Kaufprämien „kurzfristig stimulieren“ könnten. Der Spiegel berichtete zudem, dass der Konzern eine staatliche Förderung von 4.000 Euro befürwortet.

Daum hält dagegen wenig von staatlichen Bonis. „Ich bin eher sogar ein Gegner von Förderung von E-Autos. Für mich hat die Förderung von neuen Technologien nur in der allerersten Phase einen Sinn, wo es um das Ausprobieren von Technologieideen geht, wo sie auch als Verbraucher in ein Riesenrisiko reingehen würden, ob das Ding überhaupt funktioniert.“ Vielmehr sollte die Ampel die Infrastruktur priorisieren und Ladesäulen, Straßen sowie nachhaltige Energieerzeugung investieren.
Meine news
Daimler Truck 2023 mit Rekordergebnissen – und Durchbruch bei E-Lkws für den Fernverkehr?
Daum hatte erst Ende September seinen Posten als CEO des weltweit größten Nutzfahrzeugherstellers Daimler Truck an Karin Radström übergeben. Ende des Jahres scheidet der 64-Jährige zudem aus dem Vorstand aus. Daimler Truck beschäftigt weltweit rund 100.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Jahr 2023 einen Rekordgewinn von fast 5,5 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 55,9 Milliarden Euro. Seit dem Börsengang als eigenständiges Unternehmen im Jahr 2021 hatte Daum maßgeblichen Anteil an der positiven Entwicklung von Daimler Truck. Neben der Mercedes-Benz Group zählen der Mercedes-Benz Pension Trust e.V. und der Staatsfonds von Kuwait zu den größten Einzelaktionären.
Im Lkw-Segment gilt Daimler Truck als Pionier für E-Mobilität. Im April verkündete der Nutzfahrzeughersteller, dass es den Entwicklern gelungen sei, den Fernverkehr-Lkw „eActros 600“ an einer Ladesäule mit einer Leistung von 1000 Kilowatt zu laden. Der nächste Schritt, kündigte das Unternehmen damals an, sei die Serienfertigung.
Auch Mercedes-Benz startet Elektro-Offensive – Abkehr von Elektrifizierungsstrategie sei ein „Riesenfehler“
Auch der Mutterkonzern Mercedes-Benz folgt diesem Credo und investiert trotz der aktuell stagnierenden Nachfrage in Elektroautos. „Wenn man jetzt die Investitionen in Elektrifizierung zurückführen würde, wäre es ein Riesenfehler“, sagte Mercedes-Chef Ola Källenius am Donnerstag, 17. Oktober, beim Branchengipfel des Instituts für Automobilwirtschaft in Nürtingen. Dabei fährt der Stuttgarter Autokonzern eine Doppel-Strategie.
Neben der E-Auto-Offensive plant Källenius auch, das Angebot an Verbrennerautos bis in die 2030er Jahre zu erneuern – laut dem CEO folge nun eine der größten Produktoffensiven der Firmengeschichte: „Wir müssen in kurzer Zeit 45 Autos machen – alle Legacies und alle neuen – das ist eine Herausforderung.“ Dabei stehe besonders China im Fokus. Die Volksrepublik ist für alle deutschen Autohersteller längst der größte Absatzmarkt – und gerade hier stockt das Geschäft mächtig. Daher verbringe er die meiste Zeit außerhalb Deutschland derzeit in China – um zu lernen: „Wir müssen realistisch sein in nächster Zeit. Wenn das Erlöspotenzial geringer ist als vorher, müssen wir uns anpassen.“ (mit Material von Reuters)