„Das Lied war ein Riesenskandal“: Wie „Skandal im Sperrbezirk“ zum Klassiker und Volksfest-Hit wurde

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„Rock’n Roll hält jung“: Sänger und Gitarrist Günther Sigl steht mit 77 Jahren noch auf der Bühne. © Dieter Bichl/kn

Die Spider Murphy Gang kommt im Juli in den Maierhof nach Benediktbeuern. Frontsänger Günther Sigl freut sich auf den Auftritt – und erzählt im Interview einige Anekdoten.

Benediktbeuern – Hits wie „Skandal im Sperrbezirk“ und „Schickeria“ werden am Samstag, 20. Juli, den Maierhof zum Beben bringen – dann nämlich kommt die Spider Murphy Gang wieder einmal zum Konzert ins Kloster Benediktbeuern. Die bayerische Kultband steht immer noch voller Begeisterung auf der Bühne. Der Tölzer Kurier hat sich mit Frontsänger Günther Sigl am Telefon unterhalten.

Herr Sigl, Sie sind im Februar 77 Jahre alt geworden und stehen immer noch auf der Bühne. Rock’n’Roll zu machen, hält also jung, oder?

Ja, auf jeden Fall! Ich habe mit 15 angefangen, Gitarre zu spielen, und ich bin immer noch vollauf begeistert. Das waren damals ja die Zeiten der Beatles und der Rolling Stones, und bis heute liebe ich diese Musik. Ich freue mich auf jedes unserer Konzerte.

Wie viele Konzerte gibt die Band denn noch im Jahr?

Wir haben 60 bis 70 Auftritte, vor allem im Sommer, bei Festivals und Open-Airs.

Demnächst gibt es sogar Konzerte zusammen mit Status Quo, liest man. Stimmt das?

Ja, mit denen haben wir schon mal was zusammen gemacht, das war vor gut zehn Jahren. Die Band hat auf ihren Tourneen immer Special Guests. Der Kontakt kam über unsere Agenturen zustande. Geplant sind derzeit sieben Auftritte mit uns im Rahmen der nächsten Status-Quo-Tournee.

„Auf Bairisch kann man die Texte viel persönlicher erzählen“

Auf der Bühne kann man dann also Rock’n’Roll auf Bairisch und Englisch erleben. Als Sie damals mit der Spider Murphy Gang angefangen haben, war es ja ungewöhnlich, auf Bairisch zu singen. Wie kam das eigentlich?

Die Spider Murphy Gang haben wir 1977 gegründet. Zuvor waren wir jahrelang in Ami-Clubs unterwegs und haben Musik auf Englisch gemacht. Das fühlte sich damals so an, als würde man im Ausland spielen. Für uns war das wichtig, weil wir in die Klubszene reinkommen wollten. Das ist uns damals auch gelungen. Aber dann kam der BR-Radiomoderator Georg Kostya auf mich zu, er hatte unsere Band gesehen. Er wollte im BR die Sendung „Rockhaus“ starten, das lief damals noch alles über den „Zündfunk“. Er suchte dafür eine Hausband und engagierte uns. Allerdings wollte er unbedingt, dass wir Bairisch singen. Ich war am Anfang skeptisch, aber dann habe ich festgestellt, dass das eigentlich gar nicht so schlecht ist. Da kann man die Texte, also meine Geschichten, ganz erzählen, viel persönlicher. So entstanden dann die ersten Songs wie „Rock’n’ Roll Rendezvous“ und „Elvis von Schwabing“ auf der ersten Platte. Auf der zweiten Platte haben wir dann das Repertoire ziemlich erweitert. Zu diesem Zeitpunkt waren wir in die Neue Deutsche Welle reingerutscht, und plötzlich war alles auf Deutsch. Das war ein Mords-Hype. „Skandal im Sperrbezirk“ passte da super rein, und das Album „Dolce Vita“ wurde ein Millionen-Seller.

Haben Sie damals schon gespürt, dass „Skandal im Sperrbezirk“ ein echter Klassiker werden wird?

Nein, überhaupt nicht. Das Lied war damals ein Riesenskandal. Beim BR stand es auf dem Index, weil das Wort „Nutten“ vorkam. Auch „Zwoa Zigarettn“, in dem es ums Rauchen auf der Schultoilette geht und ebenfalls auf der Platte ist, wurde nicht gespielt. Verbreitet wurde es, indem es in Discos gespielt wurde oder durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Die jungen Leute fanden es damals cool. Die haben die Kassetten im Skilager, im Bus und im Zelt rauf- und runtergehört. Und dann war unsere Platte im Februar 1982 plötzlich die Nummer eins der Charts.

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Kaum vorstellbar, so ganz ohne Internet damals...

(lacht) Ja! Auch auf dem Album „Tutti Frutti“ war wieder so ein Lied. In „Ich schau’ dich an“ geht’s ja um Peepshows. Damals auch ein Thema, das in der Öffentlichkeit ungeheuerlich war.

Waren Sie damals Revoluzzer?

Nein, als Protestsänger haben wir uns nie verstanden. Wir waren und sind Entertainer und machen Rock’n’Roll.

Spider Murphy Gang freut sich auf den Auftritt in Benediktbeuern

Wie erklären Sie sich, dass diese Stücke noch heute begeistern?

Ja, das ist schon Wahnsinn. Wenn wir in einem Konzert von einem dieser Hits auch nur die ersten Akkorde spielen, dann sind alle auf den Beinen. Ich glaube, das liegt daran, dass jeder mit den Texten etwas anfangen kann. Es sind Geschichten mitten aus dem Leben. Wenn es darum geht, dass man einen „Frosch im Hois und Schwammerl in de Knia“ hat, dann kann sich jeder daran erinnern, wie er das selbst erlebt hat. Wir haben halt den Beat dazu gemacht.

Haben Sie noch Träume, zum Beispiel ein Konzert mit einem besonderen Musiker?

Alle die Rock’n’Roller, die ich in meiner Jugend verehrt habe, sind leider nicht mehr da. Etwas Besonderes war für mich, dass ich vor etwa 20 Jahren Chuck Berry treffen konnte, nach einem Konzert in München. Da hab’ ich mich gefreut wie ein Schneekönig. Es gibt tolle Fotos. Chuck Berry war mir noch wichtiger als Elvis.

In Benediktbeuern spielt die Band wieder unplugged. Was wird die Fans erwarten?

Ich freu’ mich auf Benediktbeuern, im Maierhof ist eine gute Akustik. Als wir das letzte Mal da waren, war der ganze Hof voll. Es wird eine Fetzengaudi, versprochen!

Haben Sie sich einen Zeitpunkt gesetzt, wie lange Sie noch auf der Bühne stehen wollen?

2027 wird die Band 50 Jahre alt, und ich werde 80. Das hat schon eine Sogwirkung. Ich hoffe, dass die Gesundheit noch lange mitspielt. Musik zu machen, ist mein Lebensinhalt. Und so lange es geht, will ich spielen.

Interview: Christiane Mühlbauer

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