Gefiederte Kälte-Experten in Hungersnot: Vögel brauchen bei Minusgraden besonders viel zu fressen – Tipps fürs Füttern
Bei Temperaturen im Minus ziehen sich die meisten Tiere zurück, machen Winterschlaf oder fliegen in den Süden. Die heimischen Wintervögel hingegen sind ständig auf Futtersuche, denn ansonsten würden sie die eiskalten Nächte nicht überleben. Menschen können ihnen dabei eine große Hilfe sein, aber auch fatale Fehler machen.
Landkreis Erding – Die frostige Kälte macht den heimischen Vögeln nichts aus, sagt Uschi Schmidt-Hoensdorf, Vorsitzende der Kreisgruppe Erding des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV): „Sie sind auf die kalten Temperaturen eingestellt, sie haben ein Daunenkleid und können sich aufplustern.“ Zudem hätten ihre Beinchen eine geringere Körpertemperatur, um Energie zu sparen.
Am wichtigsten bei dieser Kälte sei für die Wintervögel, besonders viel zu fressen. „Ihre nur 12 bis 18 Gramm schweren Körper verbrauchen nachts unheimlich viel Energie, um sich warm zu halten“, erklärt Schmidt-Hoensdorf. Allerdings fehlt es den Vögeln zurzeit an Futter. Zu dieser Jahreszeit gibt es keine Beeren mehr, und es fliegen keine Insekten.
Um die Nächte zu überstehen, brauchen Vögel zudem einen guten Unterschlupf, doch auch daran mangelt es. Grund dafür sei die „ausgeräumte Landschaft: Es ist so vieles zubetoniert, und es gibt zu wenige Hecken und vogelfreundliche Gärten.“
Denn dichte Hecken wie Efeu an einer Wand oder wilde Rosen böten einen vor Wind und Feinden geschützten Schlafplatz. „Efeu trägt im Winter sogar noch Beeren und die Dornen von den Rosen sind ein guter Schutz vor Angreifern.“ Auch in Nistkästen ziehen sich die Vögel gerne zurück, da es inzwischen kaum noch natürliche Höhlen in Baumstämmen gibt. „Wer Nistkästen hat, sollte sie darum unbedingt über den Winter hängen lassen“, rät Schmidt-Hoensdorf.
Die Vogelexpertin hat auch Tipps, wie man bei der Futtersuche unterstützen kann. Wichtig sei, dass das Futter hochenergetisch ist: „Je mehr Fett, desto besser.“ Etwa Sonnenblumenkern- oder Erdnuss-Bruch seien gut geeignet. „Ich verfüttere den Vögeln, was die Menschen nicht wollen – das reicht ihnen völlig“, weiß sie.
Gut aufpassen müssen Vogelliebhaber, die gerne Meisenknödel kaufen. „Die sind oft ranzig und ein totaler Mist“, sagt Schmidt-Hoensdorf. Davon bekämen die Vögel Bauchweh. Darum solle man auf gute Qualität achten – die erkenne man am höheren Preis: „Man sollte lieber wenige gute als viele schlechte Knödel verfüttern.“ Vogelfutter lasse sich auch einfach und günstig selbst herstellen: „Ich fette Haferflocken mit ein bisschen Sonnenblumenöl an und mische es mit Sonnenblumenkern-Bruch.“
Schmidt-Hoensdorf verfüttere täglich drei bis vier Kilogramm, erzählt sie. Mehrere hundert Vögel kämen an manchen Tagen in ihren Garten. Davon haben freilich nicht nur die Tiere was: „Ich habe große Freude daran, sie zu beobachten. Das erfüllt einen.“ Oft kämen auch ganze Schwärme vorbei, die aus dem Süden zurückziehen. „Sie sind ausgehungert vom Zug, das ist eine Oase zum Energie tanken.“
Schmidt-Hoensdorfs bester Tipp sind sogenannte Futtersäulen: „Das sind zylinderförmige Futterstellen mit Dach, an denen sich die Vögel außen draufsetzen können.“ Bei solchen Futterstellen müssen jedoch einige wichtige Dinge beachtet werden: „Sie sollen klein und hygienisch sein“, zählt die Vogelexpertin auf. Mangelnde Hygiene sei ein großes Problem für Vögel. „Denn manche koten dort hin, und wenn das nicht sauber gemacht wird, können sie sich eine Salmonellenvergiftung holen.“ Es solle auch darauf geachtet werden, dass die Futterstelle nicht nass ist – das Futter könnte sonst schimmeln.
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Zudem müssen Futterstellen sicher vor Katzen sein: „Beispielsweise Meisenknödel sollten mindestens drei Meter hoch hängen. Und lieber mitten im Garten als im Gestrüpp, denn dann können sich Katzen nicht unbemerkt anschleichen.“ Die Jäger seien vor allem für Bodenfresser wie Amseln und Finken gefährlich. „Diese Vogelarten können sich etwa an Meisenknödeln nicht festhalten und brauchen deshalb Futter am Boden“, sagt Schmidt-Hoensdorf. Hierbei sei aber Vorsicht geboten: Die Futterstelle sollte frei stehen, um die Vögel nicht den Nachbarskatzen auszuliefern.
Was oft vergessen wird: Vögel brauchen bei den eisigen Temperaturen auch Wasser. „Nicht nur, weil sie Durst haben, sondern auch für die Gefiederpflege.“ Darum empfiehlt Schmidt-Hoensdorf, eine Schale mit warmem Wasser ebenfalls katzensicher aufzustellen und regelmäßig zu wechseln. Wer eine mit Wasser gefüllte Schale aus Keramik über eine Grabkerze stellt, beschert den Wintervögeln sogar ein frostfreies Bad.
Auch im Frühjahr kann bei Vögeln eine Hungersnot herrschen. „Wenn es im April oder Mai tagelang regnet und keine Insekten fliegen, verhungern Spatzenjunge oder die Spatzen selbst.“ Darum füttert die LBV-Vorsitzende das ganze Jahr über – und natürlich auch, weil die Vöglein so schön anzusehen sind.