Modell Söder oder Modell Günther? Frage nach Koalitionspartner entzweit Union vor der Wahl

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In drei Ländern koaliert die CDU mit den Grünen. Für den Bund schließt das vor allem Markus Söder aus. Damit begeistert der CSU-Chef nicht alle in der Spitze der Union.

Berlin – Unter den Parteien der Union geht es vor der Neuwahl des Bundestags am 23. Februar weniger darum, ob sie zurück auf die Regierungsbank wechseln. Angesichts des großen Vorsprungs in den Umfragen verständlich. Stattdessen wird vielmehr die Frage nach dem Koalitionspartner öffentlich erörtert.

Dabei beweisen Spitzenpolitiker von CDU und CSU völlig unterschiedliche Ansichten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder etwa nutzt so ziemlich jeden öffentlichen Auftritt, um sich und seine Partei von den politischen Mitbewerbern abzugrenzen. Vor allem zu den Grünen geht er lautstark auf Distanz. In einem seiner regelmäßigen Bild-Interviews stellte der CSU-Chef kurz vor dem Jahreswechsel erst wieder klar, „dass Schwarz-Grün in jedem Fall ausscheidet“ als Koalitionsoption. Auch als „No-Go“ bezeichnete er ein solches Bündnis für Berlin bereits.

Markus Söder zieht sich die Mütze fest auf den Kopf
Warm anziehen, bitte: Es ist Bundestagswahlkampf und Markus Söder damit in seinem Element. © IMAGO / Sven Simon

Union vor der Bundestagswahl: Günther plädiert für Offenheit gegenüber Grünen

Eine ganz andere Taktik fährt mit Daniel Günther ein CDU-Landeschef, der vor nicht allzu langer Zeit als Kanzlerkandidat gehandelt wurde. Er führt seit 2017 in Schleswig-Holstein eine Regierung unter Beteiligung der Ökopartei. Bis 2022 war auch die FDP Teil davon, dann wurde die Jamaika-Koalition von Schwarz-Grün abgelöst.

Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte Günther daher nun: „Bei uns im Land funktioniert Schwarz-Grün reibungslos.“ Auch in anderen Bundesländern harmoniere die Kombination „ausgesprochen gut“. Hier dürften Nordrhein-Westfalen und Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie Baden-Württemberg und der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann gemeint sein.

Aber Günther will den Entscheidungsträgern in Berlin im Gegensatz zu Söder keinesfalls vorschreiben, mit wem in wenigen Wochen in Koalitionsverhandlungen zu gehen ist: „Trotzdem werbe ich nicht dafür, dass es nur Schwarz-Grün sein kann nach der Bundestagswahl.“

Mögliche Koalitionspartner der Union: Günther schließt nur AfD und BSW aus

Vielmehr steht für ihn fest: „Mit demokratischen Parteien müssen wir immer in der Lage sein, eine Regierung zu bilden und dazu gehören selbstverständlich auch die Grünen.“ Wobei auch der 51-Jährige zwei im Bundestag vertretene Parteien ausschließt – neben der AfD auch das vor seinem ersten Jahrestag stehende Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).

„Beim BSW weiß man entweder gar nicht, wofür es steht – oder man weiß, was sie wollen, wie in der Außen- und Verteidigungspolitik“, verweist Günther auf die Russland-Nähe der von den Linken hervorgegangenen Partei: „Und das macht es nur noch schlimmer. Beides diskreditiert sie als Ansprechpartner für uns auf Bundesebene.“

Auf Landesebene gibt es dagegen eine Zusammenarbeit zwischen Schwarz und Lila. In Form der ersten Brombeer-Koalition gemeinsam mit der SPD in Thüringen. Die Minderheitsregierung gilt jedoch als Verlegenheitslösung, die die Machtübernahme der AfD verhindern sollte.

Von den Rechtspopulisten, die wohl bald zweitstärkste Kraft im Bundestag sein werden, müsse sich die Union abgrenzen, was CDU-Chef Friedrich Merz in den Augen von Günther auch gelingt. Denn die AfD sei eine Partei, „die den Menschen vieles verspricht, aber am Ende überhaupt nicht erklärt, wie die Versprechungen eigentlich konkret umgesetzt werden sollen“.

Koalitionsoptionen früh ausschließen oder erstmal offenhalten? CSU-Chef Markus Söder (l.) und CDU-Ministerpräsident Daniel Günther gehen im Bundestagswahlkampf verschiedene Wege. © IMAGO / Revierfoto, IMAGO / penofoto

Union und Grüne als Partner? Wüst warnt vor Feindschaft zwischen demokratischen Parteien

Auch Wüst hatte kurz nach dem Ampel-Bruch und der sich anbahnenden Neuwahl bei einem Termin in der Landespressekonferenz im Düsseldorfer Landtag Offenheit gegenüber den demokratischen Parteien betont. Allerdings gelte auch: „Man muss Schwarz-Grün können und bereit sein, konstruktiv in so einem Bündnis miteinander umzugehen.“

Zwar seien Streitereien zwischen den Parteien nicht auszuschließen, „aber politische Wettbewerber aus dem demokratischen Spektrum dürfen nie zu Feinden werden“. Grundsätzlich sei aber klar, dass die Union eher zur FDP oder auch zur SPD passe. Also den beiden Partnern im Bund während der 16-jährigen Kanzlerschaft von Angela Merkel, die selbst für die Zukunft Schwarz-Grün nicht ausschließen würde.

Eine Große Koalition gilt aktuell als wahrscheinlichste Option für die nächste Legislaturperiode. Für eine schwarz-gelbe Kombination scheint es dagegen auch künftig keine Mehrheit im Parlament zu geben, zumal die im November ausgescherte Ampel-Partei um ihren Wiedereinzug in den Bundestag bangen muss.

Daniel Günther, Hendrik Wüst und Winfried Kretschmann (v.l.) stehen hinter Mikrofonen
Kennen sich mit Koalitionen aus Schwarz und Grün aus: Daniel Günther, Hendrik Wüst und Winfried Kretschmann (v.l.) führen als Ministerpräsidenten ihre Landesregierungen. © IMAGO / Political-Moments

Mit wem will Merz koalieren? „Frage wird nicht ganz einfach zu beantworten sein“

Das weiß auch Merz, der sehr wahrscheinlich in wenigen Wochen erstmals in seinem Politiker-Leben in Regierungsverantwortung treten wird. Als Kanzlerkandidat der Union und Vorsitzender der deutlich größeren Schwester hat er die gewichtigste Stimme.

Auf einer Veranstaltung der Süddeutschen Zeitung in Berlin sagte der 69-Jährige ebenfalls im November überzeugt vom eigenen Wahlsieg: „Die Frage, mit wem wir nach dieser Bundestagswahl dann koalieren, die wird nicht ganz einfach zu beantworten sein.“

Sein Ziel lautet, dass „wir nur einen Koalitionspartner brauchen“. Zumal ja schon die Union aus zwei Parteien bestehe: „Wenn wir dann nur einen brauchen und zwei zur Auswahl hätten, dann wird das einfacher.“ Bleibt es beim Nein zu Bündnissen mit AfD und dem zuletzt ohnehin schwächelnden BSW, stünden allem Anschein nach genau zwei mögliche Partner parat: Rot oder Grün.

Friedrich Merz geht durch den Bundestag
Mit Abstand der aussichtsreichste der vier Kanzlerkandidaten: CDU-Chef Friedrich Merz führt die Union im Bundestagswahlkampf an. © IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Merz über Koalition mit den Grünen: Heftige Kritik an Wirtschaftsminister Habeck

Ähnlich wie Söder hatte sich Merz zuletzt aber deutlich von Letzteren distanziert. Im Dezember sagte er im Bundestag in Richtung von Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler Robert Habeck, der ebenfalls Regierungschef werden will und dafür ordentlich trommelt, dieser sei „das Gesicht der Wirtschaftskrise in Deutschland“.

Den Grünen, die sich ihrem ehemaligen Co-Vorsitzenden verschrieben zu haben scheinen, warf er vor, die falschen Akzente zu setzen: „Dann suchen Sie sich mal einen Koalitionspartner, der das mitmacht – wir werden es nicht sein, um es mal ganz klar zu sagen.“

Als größerer Koalitionspartner würde die Union in den kommenden Jahren in Berlin selbstredend die Richtung vorgeben und deutliche Akzente setzen wollen. Es muss sich nur noch zeigen, wer sich darauf einlässt. Und ob es wirklich der richtige Weg ist, schon lange vor den möglichen Sondierungsgesprächen bestimmte Optionen zu begraben. In der Union sind sich da nicht alle Führungsfiguren einig, wie die Aussagen offenbaren. (mg)

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