Sie sah die Politiker kommen und gehen: Susanne Häusser war unter vier Bürgermeistern Rathaussekretärin in Grafing – Nun winkt der Ruhestand. Zeit für eine Rückschau.
Grafing – Die Minister kommen und gehen, die Ministerialen bleiben im Amt. So ist das in der großen Politik und auch in den Rathäusern des Landkreises ist es nicht anders. Vier Bürgermeistern hat die Grafingerin Susanne Häusser hintereinander als Sekretärin gedient, ihnen das Chefbüro organisiert, Veranstaltungen vorbereitet, Terminkalender geführt und manchmal gekonnt die Presse abgewimmelt.
43 Jahre Stadtverwaltung - Da kriegst du einiges mit
Als ein Vertreter der schreibenden Zunft einmal zum früheren Grafinger Rathauschef Rudolf Heiler sagte, ob er schon wisse, dass er die frechste Sekretärin im ganzen Landkreis Ebersberg habe, antwortete der ungerührt: „Die frechste nicht, aber die beste.“ Jetzt ist sie in den Ruhestand gegangen, nach 43 Jahren Tätigkeit in der Stadtverwaltung. Die „Susi“, wie sie die meisten nannten, will mit ihrem Mann Charly eine schöne Reise machen und ist froh, mehr Zeit für die Enkel zu haben. „Da freue ich mich schon sehr.“
Drei Bürgermeister und eine Bürgermeisterin, alles verschiedene Charaktere, wie kommt man damit klar? „Wenn der Chef das anschafft, wird das gemacht“, erklärt Häusser, wie sie ihre Arbeit erledigte, nicht ohne gleich hinzuzufügen: „Aber immer mit viel Diplomatie. Ich habe immer versucht zu vermitteln und habe Sachen manchmal selbst in die Hand genommen.“
Auch der beste Chef hat nicht immer recht - Die Sekretärin macht den Puffer
Denn auch der beste Chef hat nicht immer recht, und das ist etwas, was sie in ihrem Berufsleben bestimmt mehr als einmal erlebt hat. „Als Sekretärin bin ich immer der Puffer gewesen“, sei es zwischen Rathauschef und Angestellten oder auch dem Bürger gegenüber.
Begonnen hatte Susanne Häusser ihr Arbeitsverhältnis bei der Grafinger Stadtverwaltung am 16. Januar 1981. Warum dieses krumme Datum? „Ich habe vorher bei der Post gearbeitet. Und wenn ich am 15. Januar nicht mehr zur Post gehört hätte, hätte ich das Weihnachtsgeld zurückzahlen müssen.“ Praktisch muss man denken. „Das war damals ein sicherer Job.“
Anfang 1982 kam Häussers erste Tochter zur Welt. „Eine Krippe gab es damals noch nicht“, erinnert sie sich an die Zeit nach dem halben Jahr Erziehungsurlaub. Und zur Doppelbelastung Haushalt und Beruf wurden die Aufgaben im Rathaus immer mehr. Zuerst war Häusser unter Bürgermeister Alois Kleinmaier tätig anfangs im Bauamt, dann im Sitzungsdienst, später dann unter Rudolf Heiler, eine Legislatur unter Angelika Obermayr und schließlich auch unter dem jetzt amtierenden Rathauschef Christian Bauer, dessen Kollegin sie 20 Jahre war, als der noch als Kämmerer der Stadt Grafing fungierte.
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Unterschiedliche Charaktere - und die Tücken der Technik
„Mit Alois Kleinmaier habe ich heute noch Kontakt“, berichtet die Ruheständlerin, er sei wohl der legerste und geselligste unter allen vier Rathausbossen gewesen. „Aber das war auch noch eine andere Zeit. Da galt ein Handschlag noch etwas“, erinnert sich die Susi, die auch die Digitalisierung des Rathauses durchlebte und durchlitt. Einmal zum Beispiel musste sie zum ersten Mal die Serienbriefe für eine Kommunalwahl auf dem Computer verfassen und ausdrucken. „Der Drucker hat nach 100 Exemplaren einfach immer aufgehört, ich habe echt nicht gewusst, was ich falsch gemacht habe.“ Ein Grafinger Computerfachmann, der die Verwaltung mit dem Drucker ausgestattet hatte, fand die Ursache schnell heraus. „Ich habe nicht gewusst, dass ihr so viel Speicher braucht“, meinte er entschuldigend.
Unter Heiler wurde dann das Rathaus umorganisiert, die Susi war mittendrin. Als Chef sei Heiler streng gewesen. „Aber das Gute war, er war zu allen gleich streng.“ Auf Heiler folgte dann Angelika Obermayr. „Das war am Anfang frischer Wind und Frauenpower“, erinnert sich Häusser. Die Möglichkeit des Home-Office sei dazugekommen und mehr Rücksichtnahme auf Frauen und Familie. Dass einen das Amt, die Belastung und Verantwortung als Bürgermeister verändern mag, kann immer mal wieder im Landkreis Ebersberg beobachtet werden, und auch bei Angelika Obermayr bemerkte die Öffentlichkeit das.
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Dann übernahm Bauer das Ruder im Rathaus, der bislang Kämmerer war, und der Rat von Susanne Häusser war bisweilen gerne gefragt. „Ich hatte kein Problem, zwischen Kollege und Chef zu unterscheiden“, sagt die Susi. „Politisch habe ich mich nie eingemischt, sondern immer versucht, Brücken zu bauen.“ Im Laufe der Jahre, und das kennen bestimmt andere Arbeitnehmer genauso, wurde der Job immer anstrengender. „In der Nacht sind mir manchmal Sachen eingefallen, die ich vergessen habe“, berichtet Häusser ehrlich über die letzte Phase ihrer Tätigkeit im Rathaus. Dass sie älter geworden war, habe sie auch daran gemerkt, dass die jungen Kollegen auf einmal nicht mehr „Susi“, sondern „Susanne“ zu ihr sagten.
Die Einstellung zu Arbeit und Freizeit hat sich verändert, sagt Häusser
An ihrem Job schätzte sie „die Sicherheit und dass ich am Ort arbeiten konnte.“ Das ist mit zwei Kindern ein Vorteil. „Ohne die Unterstützung meiner Eltern hätte ich das nicht geschafft, mein Mann war ja untertags auch in der Arbeit.“ Eng wurde es trotzdem manchmal. „Die Elternabende in der Schule waren immer am Dienstagabend, wenn Stadtratssitzung war, da konntest du Gift darauf nehmen. Die Mütter heute wissen gar nicht, wie gut sie es eigentlich haben.“
Heutzutage sei es auch zunehmend schwer, für die Verwaltung qualifiziertes Personal zu finden. Und auch die Einstellung zur Arbeit und zur Freizeit insgesamt habe sich verändert. „Ob die jungen Leute jetzt unverschämt sind, oder wir dämlich waren, sei dahingestellt.“ Im Großen und Ganzen habe ihr die Arbeit immer Spaß gemacht. „Ich konnte auch etwas gestalten und das war nie langweilig“, sagt sie.
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