Beten und schlemmen zum Zuckerfest: Besuch beim muslimischen Fastenbrechen

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Die Familie Yavuz am Frühstückstisch. (v.l.) Beyza, Betül, Melek, Mert und Alkan. © Artist S.ROSSMANN

Muslime in Grafing und Kirchseeon feiern das Ende des Fastenmonats Ramadan. Das sogenannte Zuckerfest hat auch die eine oder andere Parallele zum Advent. Ein Besuch.

Grafing/Kirchseeon – Der Frühstückstisch der Familie Yavuz in Grafing ist gedeckt. In der Mitte eine Schüssel eines traditionellen Gerichtes aus Trabzon an der türkischen Schwarzmeerküste. Maismehl, Salz, Wasser, Butter, Käse. Wie das Gericht gemacht wird, erklärt Melek Yavuz gerne und mit Begeisterung. Es ist ein Stück ihrer Heimat. Sowohl ihre Familie als auch die Familie ihres Ehemannes stammt von dort. Sie wurde in Österreich geboren, ihr Mann, der als Dreher arbeitet, kam im Alter von zwei Jahren nach Deutschland.

Beten und schlemmen: Es gibt Tee, Baklava und andere Köstlichkeiten

Mit auf dem Frühstückstisch stehen verschiedene Brotsorten, Marmelade, Käse, Salat, Eier und schwarzer Tee in Gläsern. Die Frauen mit den Töchtern Beyza und Betül, haben alles vorbereitet, während Vater Alkan und sein Sohn Mert in der Moschee in Kirchseeon waren. Diese gehört dem türkischen Dachverband Ditib an. Es ist der Tag des Festes zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der 30 Tage dauert, in Deutschland bekannt als „Zuckerfest“.

Süßigkeiten, Geschenke und ein Ramadan-Kalender auf einem Beistelltisch.
Süßigkeiten, Geschenke und ein Ramadan-Kalender auf einem Beistelltisch. © Artist S.ROSSMANN

Nun darf wieder auch zum Frühstück gegessen werden. Auf einem kleinen Nebentisch stehen Süßigkeiten, Bonbons beispielsweise oder selbst gemachtes „Baklava“. Dazu wie beim deutschen Weihnachten Geschenke für die Kinder. Und ein Ramadan-Kalender, so wie ihn die deutschen Kinder im Advent lieben. Nur hat die muslimische Version eben 30 und nicht 24 Türchen. Die Fastenzeit der Islam-Gläubigen dauert ein paar Tage länger als der Advent. In der Familie Yavuz werden die Regeln eingehalten. Für Vater Alkan ist es als Raucher besonders hart, auf Zigaretten zu verzichten, wie er schmunzelnd einräumt.

Die Männer sind in der voll besetzten Moschee

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In der voll besetzten Moschee am Mittwoch in Kirchseeon waren zu diesem wichtigen Festtag nur Männer. Unter den rund 300 Gläubigen auch viele Flüchtlinge, beispielsweise aus Afrika. Ein Teil des Festgebetes findet auf Türkisch statt, traditionelle Gebete auf Arabisch, das verstehen auch die nicht-türkischen Gläubigen. Zudem werden mit einem Beamer Texte an die Wand projiziert, auf Arabisch, Türkisch und Deutsch. Auch eine Sure aus dem Koran: „Allah gebietet Gerechtigkeit, gütig zu sein und den Verwandten zu geben. Er verbietet das Schändliche, das Verwerfliche und die Gewalttätigkeit. Er ermahnt euch, auf dass ihr bedenken möget.“ Ein weiterer wichtiger Satz: „Seid einander Geschwister.“ Und der Hinweis auf die Freude der Kinder zu diesem Fest.

Kirchseeoner Ditib-Moschee möchte sich öffnen: Neugierige willkommen

„Wir versuchen, uns zu öffnen“, sagt Özer Samast vom neuen Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Kirchseeon, dem auch Alkan Yavuz angehört. Jeder könne Kontakt aufnehmen, vorbeikommen, Fragen stellen. Die Moschee gibt es seit dem Jahr 2005. Der Imam, der aus der Türkei entsandt wurde, hat dort mit seiner Familie eine Dienstwohnung. „Wir kommen mit allen Nachbarn gut aus: Es gibt keine Probleme“, so Özer Samast.

Gemeinsame Feier zum Ramadan-Fest in einem Raum der Moschee in Kirchseeon mit Imam Irfan Acikgöz.
Gemeinsame Feier zum Ramadan-Fest in einem Raum der Moschee in Kirchseeon mit Imam Irfan Acikgöz. © Artist S.ROSSMANN

Auch die Nachbarn bekommen etwas Süßes - und an Weihnachten gibt‘s Plätzchen

Zum Zuckerfest (gratuliert wird arabisch “eid mubarak“, oder türkisch “Hayirli Bayramlar), einem der beiden höchsten Feiertage, war die Moschee schon am frühen Morgen voll. Das Gebet begann am Mittwoch offiziell um 7.08 Uhr, mit Rücksicht auf den Sonnenstand. Der Nebenraum, eigentlich mit einer beweglichen Trennwand für die Frauen abgeschirmt, ist ebenfalls mit Männern besetzt. Die ältere Yavuz-Tochter Betül ist gar nicht traurig darüber, dass sie nicht hingehen konnte. „Da konnte ich länger schlafen“, sagt belustigt die ausgebildete Erzieherin, die derzeit studiert. „Wir hatten auch noch viel zuhause zu tun.“ Das Fest dauert drei Tage. Üblich ist es, in dieser Zeit Verwandte zu besuchen. Das steht bei der Familie Yavuz an diesem Tag auch noch an. „Die Jüngeren besuchen die Älteren.“ Kinder können sich für den hohen Festtag auf Antrag von der Schule befreien lassen.

Melek Yavuz, die in der Gemeinde für die Frauen aktiv ist, verlässt kurz den Frühstückstisch, um Süßigkeiten zu den Nachbarn zu bringen. „Ich bekomme vor Weihnachten Plätzchen von ihnen“, sagt sie. Sie hat als Verkäuferin gearbeitet und ist derzeit in einem Kindergarten als Betreuerin tätig. Yavuz trägt Kopftuch mit Überzeugung. „Ich bin eine stolze Türkin und eine stolze Muslimin.“ Ihr Mann, der übrigens erfolgreich für Grafing Fußball gespielt hat, ergänzt: „Wir haben uns integriert, aber nicht assimiliert.“ Sie hätten weiter ihren Glauben. Aber wenn er in der Türkei auf Urlaub sei, dann würden ihm bestimmte Sachen schon fehlen. Bayerische Brezen etwa – oder Krapfen.

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