Wegen eines langfristigen Mietvertrags zahlt der Freistaat Bayern weiter für ein ungenutztes Gebäude, das als Asylunterkunft geplant war.
Markt Schwaben/Ebersberg - 12 000 Euro Monatsmiete für ein leerstehendes Gebäude, auf Kosten der Steuerzahler: Das ist das Ergebnis der Entscheidung von Landrat Robert Niedergesäß und Regierungspräsident Konrad Schober (CSU), auf die Nutzung eines eigentlich als Asylunterkunft angemieteten Firmengebäudes auf dem Atron-Gelände in Markt Schwaben zu verzichten. Weil der 2023 geschlossene Mietvertrag keine Ausstiegsklausel enthält und noch bis September 2030 läuft, ist von Gesamtkosten in Höhe von rund einer Million Euro auszugehen. Mit einer Alternativnutzung für das Gebäude kann das Landratsamt, das den Mietvertrag ausgehandelt hat, bislang nicht aufwarten. Unter dem Titel „Büro-/Gewerbegebäude günstig zu vermieten“ bietet die Regierung von Oberbayern das Gebäude mittlerweile auf gängigen Immobilienportalen feil, Preis auf Anfrage. Die 12 000 Euro fließen weiter vom Kostenträger, dem Freistaat Bayern, an den Eigentümer.
Geflüchtetenzahlen, Unterkünfte und Kosten
Derzeit sind laut Landratsamt 1589 geflüchtete Menschen in staatlichen Unterkünften im Landkreis Ebersberg untergebracht. Davon, Stand Mittwoch, 1000 Menschen im Asylverfahren und 589 Geflüchtete aus der Ukraine. 800 Menschen davon gelten als sogenannte Fehlbeleger, also Menschen mit anerkanntem Schutzsuchendenstatus, die auf dem freien Wohnungsmarkt keine Unterkunft finden. Dies gilt für sämtliche ukrainische Flüchtlinge sowie für 211 Menschen im Asylverfahren. Das Landratsamt verwaltet nach eigenen Angaben 55 dezentrale Flüchtlingsunterkünfte für 1511 Menschen, eine Ausnahme bildet die direkt vom Freistaat verwaltete Unterkunft in Poing/Grub. Für die übrigen fallen laut der Behörde Gesamtkaltmietkosten von 311 509,71 Euro im Monat an, was einer monatlichen Pro-Kopf-Miete von knapp 210 Euro entspreche. Kostenträger ist der Freistaat Bayern.
Kosten für Leerstand und zweite Unterkunft
Dieser bekommt weitere 18 000 Euro Kaltmiete im Monat für das zweite, größere Gebäude auf dem Grundstück, das nach zahlreichen Verzögerungen beim Umbau seit diesem Sommer tatsächlich als Unterkunft für bis zu 66 Menschen dient, macht 222 Euro Pro-Kopf-Miete. Dass der Landkreis nur einen Teil des angemieteten Geländes nutzt, ist auf die massiven Anwohnerproteste gegen die Nutzung als Geflüchtetenunterkunft zurückzuführen. Der Widerstand hatte zum Rücktritt des damaligen Bürgermeisters Michael Stolze beigetragen und schließlich dazu geführt, dass als Kompromisslösung zur Entlastung des Atron-Geländes eine zweite Asylunterkunft für Markt Schwaben am Hanslmüllerweg entstehen soll. Kreis und Bezirk nehmen die Steuerkosten für den Leerstand in Kauf – und die noch anstehenden Kosten für den zusätzlichen Neubau.
Dass die Mietkosten für die Gebäude am Ziegelstadel überhaupt publik werden, ist das Ergebnis einer monatelangen Auseinandersetzung der Redaktion der Ebersberger Zeitung mit dem Landratsamt, die schließlich in einen Gerichtsbeschluss mündete. Die Kreisbehörde weigerte sich mit Verweis auf eine Verschwiegenheitsvereinbarung mit dem Eigentümer, die konkreten Mietkosten für das Gelände in Markt Schwaben offenzulegen, verwies lediglich darauf, dass diese „ortsüblich“ seien. Bei den laut Landratsamt rund 600 als Unterkunft nutzbaren Quadratmetern ergibt sich eine Quadratmeter-Kaltmiete von 20 Euro für das leerstehende Gewerbegebäude. Der Mietspiegel der Sparkasse weist für Markt Schwaben eine Durchschnittsmiete von 16 Euro pro Quadratmeter aus.
Die Redaktion bestand darauf, dass aufgrund des eingesetzten Steuergelds und der Debatte um den Standort ein öffentliches Interesse an den Zahlen besteht. Da Rechtsabteilung und Pressestelle des Landratsamts auch mehrere anwaltliche Schreiben des Justiziariats unserer Zeitung zurückwiesen, erhob der Verlag des Münchner Merkur schließlich Klage vor dem Münchner Verwaltungsgericht – und bekam in einer Eilentscheidung recht. „Geheimhaltungsvorschriften sind vorliegend nicht ersichtlich“, urteilt die Kammer.
Gericht: Presse braucht Informationszugang
Wer an den Staat vermiete, müsse sich bewusst sein, dass dieser Presse und Öffentlichkeit zu Auskünften verpflichtet sei. Auch durch zusätzliche Vereinbarungen könnten sich Behörden nicht „der öffentlichen Kontrolle durch unabhängige Medien entziehen“. Das Gericht argumentiert: „Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen.“
Eine EZ-Anfrage an die nun in Feldkirchen (Kreis München) ansässige Firma Atron und deren offenbar in der Schweiz lebenden Eigentümer zu einem möglichen Entgegenkommen in Sachen Miethöhe oder Mietdauer durch sie als Vermieter des Geländes blieb unbeantwortet.