„Ortsüblich“: Steuerzahler muss für Leerstand in Markt Schwaben blechen

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Dieses rund 600 Quadratmeter große Firmengebäude in Markt Schwaben ist vom Landkreis Ebersberg angemietet worden. Genutzt wird es auf absehbare Zeit wohl nicht. © J.dziemballa

In Markt Schwaben hat der Landkreis ein Haus angemietet, in dem er Asylbewerber unterbringen wollte. Doch dazu kommt es nicht. Bis 2030 muss er für die Immobilie zahlen.

Markt Schwaben – Wenn nach über einem halben Jahr Verzögerung die Asylunterkunft am Ziegelstadel in Markt Schwaben belegt wird, dann bleibt eines der beiden ehemaligen Atron-Firmengebäude leer, obwohl die Mietzahlungen laufen. Schließlich gilt die Vereinbarung: Nur noch 66 Bewohner an der Adresse, dafür wurde eins der Gebäude umgebaut. Das zweite, direkt daneben, hat der Landkreis 2023 ebenfalls für die Dauer von sieben Jahren angemietet, bis einschließlich September 2030; entsprechend dem ursprünglichen Plan, bis zu 120 Geflüchtete am Ziegelstadel unterzubringen. „Ein Recht auf außerordentliche Kündigung besteht nicht“, sagt das Landratsamt auf Anfrage. Vorerst zahlt der Steuerzahler also Miete für ein Gebäude, das auf unabsehbare Zeit, vielleicht jahrelang, ungenutzt bleibt.

Verschiedene Überlegungen für leerstehendes Gebäude – Miete orientiert sich „an der ortsüblichen Höhe“

Eine Verwendung des zweiten Gebäudes für Asylzwecke sei ausgeschlossen, betont die Kreisbehörde. Schließlich hat man sich, bekanntlich um dem massiven Anwohnerprotest rund um den Ziegelstadel entgegenzukommen, auf eine zweite Unterkunft im Ort geeinigt, die ein gutes Stück entfernt am Hanslmüllerweg entstehen soll. Für das Atron-Gelände gelte: „Auf Wunsch der und in Abstimmung mit den Nachbarn und der Gemeinde werden dort hauptsächlich Bürger aus der Ukraine, mit Schwerpunkt Familie, untergebracht.“ Was mit dem zweiten Mietobjekt dort geschehen soll, ist noch nicht klar. Es gibt laut Landratsamt verschiedene Überlegungen zur Nutzung, allerdings habe sich bisher noch keine als machbar herausgestellt.

In diesem Haus, rund 1100 Quadratmeter groß, sollen 66 Geflüchtete untergebracht werden.
In diesem Haus, rund 1100 Quadratmeter groß, sollen 66 Geflüchtete untergebracht werden. © J.dziemballa

Was das den Steuerzahler kostet, will das Landratsamt der Ebersberger Zeitung zunächst nicht verraten. Die Behörde verweist darauf, dass sich der Vertragspartner gegen eine öffentliche Bekanntmachung verwehrt habe. Erst, als die Redaktion ihre Rechtsabteilung einschaltet, kommen ein paar dürre Antwortsätze aus der Kreisbehörde. Für beide Gebäude werde eine Miete bezahlt, „die sich an der ortsüblichen Höhe orientiert“. Die Fläche des genutzten Gebäudes betrage 1100 Quadratmeter, die des ungenutzten Gebäudes rund 600 Quadratmeter. 600 Quadratmeter zu einem ortsüblichen Mietzins macht zigtausende Euro Steuergeld pro Monat, die für den Leerstand berappt werden müssen.

Wichtige Unterlagen verheimlicht: Zweifel an Notwendigkeit der zweiten Asylunterkunft

In Markt Schwaben gibt es derweil Zweifel an der Notwendigkeit der zweiten Unterkunft am Hanslmüllerweg, die Affäre Ziegelstadel hin oder her. Schließlich seien doch die Flüchtlingszahlen bundesweit rückläufig, moniert die Gemeinderatsfraktion Zukunft Markt Schwaben (ZMS). In einem mehr als 40 Fragen umfassenden, achtseitigen Antrag, den die Fraktion im Juni in den Gemeinderat einbrachte, geht es um die zugrundelegenden Bedarfszahlen, Kosten und Verträge. Zudem kritisiert die ZMS, es würden den Mandatsträgern und auch der Öffentlichkeit durch die Rathausverwaltung wichtige Unterlagen verheimlicht bzw. nicht vollständig zur Kenntnis gebracht.

Ein Recht auf außerordentliche Kündigung besteht nicht. 

Im Sinne der „vollständigen Offenlegung und rechtlichen sowie wirtschaftlichen Klärung“, sei der Antrag. Es gehe der ZMS nicht darum, das Projekt gänzlich zu verhindern, man wolle aber als Ratsherr das Gefühl haben, ruhigen Gewissens dort, an eine „heiklen Standort“ zu bauen, so ZMS-Vorstand Wolfgang Korda. Am Ende scheiterte der Antrag im Gemeinderat.

Kapazitäten ausgelastet: Landkreis zählt zu „Quotenuntererfüllern“

Einen etwaigen Vorwurf der Intransparenz weist das Rathaus zurück. Die Gemeinde verfüge über keinerlei Informationen, die nicht auch jedes Gemeinderatsmitglied habe, versichert sie. In der Sache gebe es keine neuen Erkenntnisse und damit keine Veranlassung zu einer Neuabstimmung.

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An dem Projekt Hanslmüllerweg halte die zuständige Regierung von Oberbayern fest, antwortet das Landratsamt der Ebersberger Zeitung. Es sei definitiv nicht richtig, wenn gesagt werde, der Standort Hanslmüllerweg könne überflüssig sein. Kreisweit seien die Kapazitäten weiterhin ausgelastet. Nachdem der Landkreis immer noch zu den „Quotenuntererfüllern“ zähle, müsse auch noch mit weiteren Zuweisungen gerechnet werden, wenn auch reduzierter. Bisher sei eine Entspannung kaum spürbar, an den geplanten Unterkünften in Markt Schwaben und Vaterstetten halte man daher nach wie vor fest.

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