Christmette abgebrochen - Freiburg-Eklat: Jetzt wehrt sich der gefeuerte Chorleiter und kritisiert Erzbischof

Der Streit um die Entlassung des langjährigen Domkapellmeisters Boris Böhmann hat nach den Protesten während der Christmette im Freiburger Münster eine neue Eskalationsstufe erreicht. Erstmals äußert sich der Chorleiter nun über seinen Anwalt – und übt ungewöhnlich scharfe Kritik am Freiburger Erzbischof Stephan Burger.

In einer Stellungnahme, die FOCUS online auf Anfrage vom Anwalt Böhmanns erhielt, dankt der Domkapellmeister zunächst für den großen Zuspruch, den er aus der Gemeinde und weit über die Grenzen Freiburgs hinaus erfahren habe. Gleichzeitig weist er die Verantwortung für die Störungen während der Gottesdienste von sich: „Unserem Mandanten war von den Protestaktionen aus der Gemeinde am Ende der Christmette und des Pontifikalamtes am Folgetag nichts bekannt. Er betont, dass die Liturgie in allen Elementen gefeiert werden konnte und lediglich der Schlusssegen durch den Applaus etwas verzögert wurde“, heißt es in der Erklärung.

Eklat bei Freiburger Christmette: Chorleiter kritisiert Erzbischof

Böhmann kritisiert jedoch das Vorgehen des Erzbischofs, der die Live-Übertragung des katholischen Fernsehsenders k-tv vorzeitig abschalten ließ . Dies habe zahlreiche Gläubige vom Abschluss des Gottesdienstes ausgeschlossen, was als „bedauerlich“ bezeichnet wird.

Die Entlassung des Chorleiters, der die Domsingknaben 22 Jahre lang leitete, hatte bereits im Sommer für Unruhe gesorgt. Offiziell äußerte sich das Erzbistum aus Datenschutzgründen nicht zu den Hintergründen der Kündigung. Medienberichten zufolge stehen Spannungen mit einer Stellvertreterin und Konflikte innerhalb der Domsingschule im Zentrum der Entscheidung.

Insbesondere wird Böhmann vorgeworfen, wichtige Entscheidungen verzögert zu haben. Zudem habe er versäumt, ein Konzept gegen Missbrauch vorzulegen. Sein Anwalt stellt jedoch klar, dass eine diesbezügliche Abmahnung vom Domfabrikfonds bereits im Sommer 2022 zurückgenommen werden musste, da keine Pflichtverletzung festgestellt werden konnte.

Chorleiter genießt weiterhin breite Unterstützung

Der Rechtsstreit um die Kündigung ist nach wie vor offen. „Auch fast zwei Monate nach der Verkündung des Urteils sind die Urteilsgründe nicht bekannt“, bemängelt der Anwalt. Bis zur Veröffentlichung werden „alle weiteren notwendigen rechtlichen Schritte eingeleitet, die helfen, die Rechte unseres Mandanten zu schützen“.

Die Entlassung hat in der Gemeinde und darüber hinaus heftige Reaktionen ausgelöst. Während der Christmette und des Pontifikalamtes am ersten Weihnachtsfeiertag kam es zu lautstarken Protesten aus den Reihen der Gottesdienstbesucher. Eltern der Domsingknaben wandten sich in einem offenen Brief sogar an Papst Franziskus, in dem sie die mangelhafte Gesprächsbereitschaft und den Umgang des Erzbistums mit Böhmann scharf kritisierten.

Der Chorleiter genießt weiterhin breite Unterstützung. Ehemalige Mitarbeiter und Unterstützer werfen der Kirchenleitung vor, ihn in den Konflikten im Stich gelassen zu haben. Besonders schwer wiegt der Vorwurf, dass das Ordinariat selbst lange Zeit keinen Präventionsbeauftragten einsetzen konnte und damit den Fortgang der Maßnahmen verzögert habe.

Der Fall hat inzwischen weit über Freiburg hinaus Aufmerksamkeit erregt und spiegelt die Spannungen wider, die in der katholischen Kirche immer wieder durch Konflikte um Personalentscheidungen und Reformprozesse entstehen.