Bürgergeld in der Kritik: Rechnung zeigt, warum sich Arbeiten mehr lohnt

Seit Einführung des Bürgergeldes wird die Sozialleistung von konservativer und rechter Seite des politischen Spektrums torpediert. Besonders im Fokus steht dabei meist der Abstand zwischen Bürgergeld und Niedriglöhnen. Dieser sei zu gering, sagen Kritiker. Mit Bürgergeld lohne es sich entsprechend nicht mehr arbeiten zu gehen, weil der Zugewinn zu gering sei. Tatsächlich belegen Berechnungen schon seit Jahren, dass zumindest ein Abstand existiert. Wer arbeitet, hat immer mehr Geld zur Verfügung als jemand, der nur zu Hause auf der Couch sitzt und nichts tut. 

Das WSI hat jetzt in einer großen Analyse für alle deutschen Regionen ermittelt, wie hoch der Lohnabstand tatsächlich ist. Geprüft wurden dabei drei Szenarien: ein alleinlebender Mann, eine alleinerziehende Frau mit einem fünfjährigen Kind und eine Familie mit zwei Kindern im Alter von 5 und 14 Jahren. Verglichen wurde jeweils, wie hoch das verfügbare Einkommen dieser Haushalte ist, wenn sie nur von Bürgergeld und anderen Sozialleistungen leben oder wenn jeweils ein Erwachsener je Haushalt eine Vollzeitstelle mit 38 Wochenarbeitsstunden auf Mindestlohn-Niveau antritt. In diesem Falle fällt zwar das Bürgergeld weg, es bleiben aber andere Sozialleistungen wie Kindergeld oder Wohngeld erhalten.

Je teurer die Wohngegend, desto weniger lohnt sich Arbeit

Die Ergebnisse zeigen, dass Alleinlebende in diesem Szenario mit Job im Schnitt 539 Euro mehr pro Monat zur Verfügung haben als Bürgergeld-Empfänger. „Verfügbar“ meint dabei netto, also nach Steuern. Alleinerziehende erreichen sogar ein Plus von 731 Euro, Familien liegen mit 642 Euro dazwischen. Entscheidend für das Lohnplus ist der Wohnort. Je teurer die Region, desto geringer fällt der Unterschied zwischen Arbeit und Sozialleistung aus. In München, Deutschlands teuerster Stadt, sind es nur noch zwischen 426 Euro für Alleinlebende und 622 Euro für Alleinerziehende – also rund 15 bis 20 Prozent weniger als im Bundesdurchschnitt. Auf der anderen Seite können sich Erwerbstätige im sächsischen Vogtlandkreis über ein Plus von bis zu 20 Prozent freuen, weil hier die Mieten am geringsten sind. Gegenüber dem Bürgergeld sind Sie in den drei Szenarien zwischen 634 und 755 Euro mit einem Job im Vorteil.

Die Summen ergeben sich wie folgt: Der alleinlebende Mann erhält von seinem 38-Stunden-Job einen Bruttomonatslohn von 2121,58 Euro. Netto bleiben davon noch 1546 Euro übrig. Bei den Wohnkosten geht das WSI von den durchschnittlich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Zuschüssen an Bürgergeld-Empfänger aus. Demnach würde ein Single auf rund 35 Quadratmetern leben und im Bundesdurchschnitt dafür 452 Euro Miete bezahlen. Für die kann er mit einem Mindestlohn-Job 26 Euro Wohngeld als Zuschuss erhalten. So ergibt sich ein verfügbares Monatseinkommen von 1572 Euro. Als Bürgergeldempfänger bekäme er stattdessen den Regelsatz von 563 Euro, die Wohnkosten von 451,73 Euro und der Rundfunkgebühr von 18,36 Euro erstattet – das verfügbare Einkommen läge also nur bei 1033 Euro.

So sieht die Rechnung mit Kindern aus

Bei Alleinerziehenden bleibt aufgrund einer anderen Steuerklasse vom Job 1636 Euro netto übrig. Hinzu kommen 255 Euro Kindergeld, 193 Euro Kinderzuschlag, 221 Euro Wohngeld und 227 Euro Unterhaltsvorschuss – zusammen also 2532 Euro. Mit Bürgergeld läge das Einkommen nur bei 563 Euro Regelsatz für die Mutter, 357 Euro fürs Kind, 202,68 Euro Mehrbedarf für Alleinerziehen, 634,90 Euro Wohnkosten für 50 Quadratmeter, 25 Euro Sofortzuschlag und 18,36 Euro Rundfunkgebühr. Zusammen sind das rund 1801 Euro.

Bei Familien ergibt sich für den Hauptverdiener ein Nettolohn von 1682 Euro, der durch 510 Euro Kindergeld, 594 Euro Kinderzuschlag und 628 Euro Wohngeld zu insgesamt 3414 Euro verfügbarem Einkommen ergänzt wird. Mit Bürgergeld läge das durch vier Regelsätze von 357 bis 506 Euro, den Wohnkosten von 864,48 Euro für 68 Quadratmeter, zweimaligen Sofortzuschlägen von zusammen 50 Euro und der Rundfunkgebühr von 18,36 bei 2772 Euro.