Im Zweifel war die E-Zigarette schuld
Eine 20-jährige Hausfrau hat sich vor dem Amtsgericht Dachau verantworten müssen: Sie soll einen Brand in einem Indersdorfer Mehrfamilienhaus verursacht haben.
Dachau/Indersdorf – Der 7. September 2023 war ein strahlender Spätsommer-Donnerstag. Um zirka 17.30 Uhr aber war der entspannte Nachmittag für rund 60 Feuerwehreinsatzkräfte aus Indersdorf, Arnbach, Glonn, Niederroth, Virkirchen sowie der Kreisbrandinspektion vorbei. Grund: In einem Indersdorfer Mehrfamilienhaus brannte der Balkon einer Wohnung im zweiten Stock.
Die Fensterscheiben sowie die Rollläden im ersten Stock sowie im Erdgeschoss wurden durch die Hitze zerstört; Funkenflug entzündete die dürre Hecke im Garten. Menschen wurden durch das Feuer Gott sei Dank nicht verletzt, doch der Sachschaden war enorm: insgesamt gut 40 000 Euro.
Weil die Brandermittler der Kripo „eindeutig“ den Balkon im zweiten Stock als Brandherd identifizierten, auf dem Balkon ungezählte Zigarettenstummel lagen und die 20-jährige Mieterin der Wohnung direkt im Anschluss an das Feuer angab, ihre E-Zigarette der Marke Iqos auf dem Balkontischchen liegen gelassen zu haben, war für die Polizei klar: Die junge Frau muss das Feuer verursacht haben! Wegen dieses Vorwurfs der fahrlässigen Brandstiftung wurde ihr gestern vor dem Amtsgericht der Prozess gemacht.
20-Jährige wehrt sich gegen die Vorwürfe
Die 20-Jährige, die nach eigenen Angaben zuletzt in der Mutterschaft ihr Glück und den rechten Weg durchs Leben gefunden haben will, wehrte sich aber vehement gegen die Anschuldigung der Fahrlässigkeit.
Ihr Verlobter sei der einzige echte Raucher im Haushalt, sie selbst rauche E-Zigaretten, nachdem ihre Tochter ihr gesagt habe, sie stinke. Ihr Partner aber sei an jenem Nachmittag aber bei der Arbeit gewesen, und sie sei gegen 17 Uhr mit ihrem zweijährigen Kind und ihrem achtjährigen Bruder zum Einkaufen in ein Indersdorfer Gewerbegebiet gefahren. Diese Fahrt, so erklärte sie Richterin Cornelia Handl zunächst, sei nötig geworden, weil ihr kleiner Bruder überraschend Hunger bekommen habe. „Der isst nämlich sonst sehr, sehr wenig. Fast gar nichts.“ Wenige Minuten später gab die Angeklagte, die ihre 44-jährige Mutter nach „schwieriger“ Pubertät mittlerweile als „beste Freundin“ bezeichnet, aber zu: „Ich hätte ja gar nicht rauchen können!“ Ihr seien nämlich die Tabaksticks ausgegangen, „was ja auch ein Grund war, warum ich zum Einkaufen gefahren bin“!
Richterin Handl stoppt den Redeschwall
Richterin Handl aber stoppte den Redeschwall. „Aber irgendwie muss es ja zum Brennen angefangen haben!“ Ob die Angeklagte nicht vielleicht doch ihr Iqos-Gerät angeschaltet und dann auf dem Balkon vergessen habe?
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„Unvorstellbar“, behauptete die Beschuldigte. Und führte Richterin und Staatsanwältin die Funktionsweise ihrer E-Zigarette vor. Diese glühe nicht, sondern werde nur heiß. „Ich hab so ein Ding noch nie in der Hand gehabt“, gab Handl zu.
Was der Angeklagten ebenfalls zu Pass kam: Der Polizist, der damals im Einsatz war, musste einräumen, die Wohnung, geschweige denn den Balkon der 20-Jährigen nie betreten zu haben. Und das vermeintliche Eingeständnis, sie habe ihre E-Zigarette auf dem Balkon liegen lassen, habe nur in Form eines „informatorischen Gesprächs“ stattgefunden. Bei der eigentlichen Vernehmung habe die Beschuldigte dann von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Kripo schließt technischen Defekt nicht aus
Auch die Kripo fand nur wenig Erhellendes heraus. Das Feuer sei demnach entweder durch „unsachgemäßen Umgang mit Rauchwerk“ oder – wie die 20-Jährige behauptete – tatsächlich einen technischen Defekt am Akku der E-Zigarette entstanden.
Da es laut Richterin Handl „nicht dafür steht, in der Sache jetzt extra ein Gutachten einzuholen“, stellte sie das Verfahren gegen die Indersdorferin ein. Handl war sicher, „die ganze Geschichte und das Verfahren haben genug Eindruck“ auf die Angeklagte gemacht. Die nickte. Mit einem erleichterten „Uff“ verließ sie den Gerichtssaal.
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