Führungsduo weggemobbt? Bei den Grünen wächst wohl die Wut auf Habeck
Robert Habeck in der Kritik: Er soll entscheidenden Einfluss auf den Rückzug der Grünen-Chefs Lang und Nouripour gehabt haben. Die Partei steht vor der Zerreißprobe.
München – Krise bei den Grünen: Der komplette Bundesvorstand inklusive den beiden Parteivorsitzenden Lang und Nouripour hat nach den katastrophalen Landtagswahlen für die Partei seinen Rücktritt im November angekündigt. Doch der Rückzug soll nicht ganz freiwillig erfolgt sein, wie der Tagesspiegel berichtet. Bei einer digitalen Sitzung der Bundesfraktion der Partei soll demnach der nicht anwesende Vizekanzler Robert Habeck für seine Rolle bei der Neuordnung hart angegangen worden sein. Eigentlich hätte dort besprochen werden sollen, wie sich die Partei nach dem Rücktritt von Ricarda Lang und Omid Nouripour aufstellt.
Habeck dementiert, Lang und Nouripour zu Fall gebracht zu haben – doch es gibt Kritik
Habeck habe Ricarda Lang und Omid Nouripour weggemobbt, heißt es in ersten Berichten, die schon am Mittwochabend (25. September 2024) für große Unruhe bei den Grünen sorgen. Dieser dementierte, doch die Zweifel daran schaden ihm „massiv“, wie ein eigentlich Habeck-treuer Realo gegenüber dem Medium kundtat.
Im ZDF versuchte Habeck, die Wogen zu glätten, lobte die scheidenden Vorsitzenden Lang und Nouripour und die gemeinsame Arbeit mit ihm. Ihr Rücktritt sei ein „Geschenk an die Partei“ für eine neue Chance, was er nicht vergessen werde.

Die Furcht im Lager der Parteilinken scheint jetzt zweierlei Art: Einerseits wird befürchtet, Habeck erhalte durch die Neuaufstellung zu viel Macht. So haben die Habeck-Vertraute Franziska Brantner sowie Felix Banaszak ihre Kandidatur für den Parteivorsitz angekündigt. Sie wollen die Grünen in die Bundestagswahl 2025 führen und wünschen sich einen neuen Aufbruch für die Partei. Die Grünen müssten wieder „Zukunfts- und Hoffnungsort“ werden, sagte Banaszak.
Habeck, voraussichtlich Kanzlerkandidat der Partei, sieht dies als „starkes Signal für einen Neustart“. Schon nach der letzten Bundestagswahl soll Habeck gemeinsam mit Annalena Baerbock eine Führungsfigur der Parteilinken, Anton Hofreiter, um einen Ministerposten gebracht haben.
Habeck-Vertraute Brantner könnte nach Lang und Nouripour Grünen-Chefin werden
Nun hat also wohl bald Brantner die Parteiführung inne. Diese war Habecks parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, also ist eine enge Vertraute Habecks und gilt als gut vernetzte Reala. Auf die Frage, ob ihre Kandidatur bedeute, dass die Grünen nun ganz auf die Habeck-Linie einzuschwenken würden, antwortete sie: „Ich kandidiere als Franziska Brantner, und wenn ich gewählt werden würde, dann bekommen alle Franziska Brantner.“
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Wirtschaftsminister Habeck dagegen muss sich bereits länger den Vorwurf gefallen lassen, die linken Werte der Partei zu wenig durchzusetzen. Die Parteilinke Jamila Schäfer etwa forderte von ihm eine Wahlkampfstrategie mit ambitioniertem Klimaschutz, sozialer Sicherheit, Vermögensbesteuerung und keine weiteren Kompromisse in der Flüchtlingspolitik.
Grünen suchen nach Rücktritt von Nouripour und Lang kompletten neuen Bundesvorstand
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Andreas Audretsch kündigte an, er werde die Leitung der Kampagne zur Bundestagswahl übernehmen. Am Freitagnachmittag traten Brantner und Banaszak kurzfristig gemeinsam in Berlin vor die Presse. Auf dem für Mitte November geplanten regulären Bundesparteitag in Wiesbaden soll der neue Vorstand gewählt werden. Spätestens dann wird auch über die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl in einem Jahr entschieden werden.
Über die anderen Posten im Vorstand, die neu besetzt werden müssen, gibt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch keine abschließende Verständigung. Es wird erwartet, dass der Posten von Emily Büning, die Politische Geschäftsführerin ist, erneut mit einer Frau aus dem linken Flügel besetzt wird.
Auch Bundesvorstand der Grünen Jugend tritt zurück und tritt aus Partei aus
Das sei eine „harte Woche“ gewesen, sagte Banaszak. Brantner sagte, das harte Ringen um Positionen und die parteiinterne Vielfalt gehörten zu den Stärken der Grünen. Am Mittwochabend war bekanntgeworden, dass der Bundesvorstand der Grünen Jugend aus Protest gegen den Kurs der Grünen geschlossen aus der Partei austreten und einen neuen linken Jugendverband gründen will.
Auch der gesamte Landesvorstand der Grünen Jugend in Bayern will die Partei verlassen. Grund sei ein „Entfremdungsprozess“ von der Partei. Auch die Doppelspitze der Grünen Jugend in Niedersachsen zieht sich aus der Partei zurück. In Rheinland-Pfalz ist die Doppelspitze der Grünen Jugend der Partei zufolge zurückgetreten.
IPPEN.MEDIA hat das Büro von Robert Habeck um einen Kommentar zu den Vorwürfen gebeten, bisher aber keine Antwort erhalten. (cgsc mit dpa)