Trump beim G7-Gipfel in Kanada: Kananaskis wird Stresstest für Merz und die EU
Gesprächsthemen gibt es beim G7-Gipfel reichlich mit Trump: Zollstreit, Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Ein Experte erklärt, worauf die EU hoffen kann.
Kananaskis – Neuer Showdown in Kanada: Vom 15. bis 17. Juni treffen sich die G7 in Kananaskis. Für Bundeskanzler Friedrich Merz wird es das zweite Aufeinandertreffen mit Donald Trump werden. Beim Gespräch im Oval Office am 5. Juni lief es gut zwischen Kanzler und US-Präsident. Die Gesprächsatmosphäre war fast schon freundschaftlich. Ein guter Startpunkt, um Beziehungen zur Trump-Regierung aufzubauen. Ob das jedoch genügt, um bei Themen wie den US-Importzöllen oder dem Ukraine-Krieg zum Republikaner durchzudringen, ist fraglich.
Die EU hat einige große Baustellen mit der US-Regierung zu besprechen, die sicherlich auch beim G7-Gipfel die Diskussionen bestimmen werden. Auf den großen Durchbruch bei den Gesprächen darf die EU wohl nicht hoffen. Die Erwartungshaltung an den Gipfel ist gedämpft. Im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA erklärt Dr. Sascha Lohmann, US-Experte vom „Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit“ der Stiftung Wissenschaft und Politik: „Man möchte erstmal versuchen, diesen großen Unsicherheitsfaktor, wie der Präsident gegenüber der EU auftritt, weitestgehend zu reduzieren, um wieder eine gewisse Stabilität ins Verhältnis zu bringen.“
Mehr Sicherheit bei Trumps Außenpolitik: US-Zölle und Ukraine-Krieg im Fokus beim G7-Treffen
Die bisherige Außenpolitik des US-Präsidenten scheint alles andere als kohärent und stabil. Die US-Importzölle ändern sich wöchentlich – gar täglich. An einem Tag wirft Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hochkant aus dem Oval Office, dann fordert der US-Präsident eine bedingungslose 30-tägige Waffenruhe vom russischen Autokraten Wladimir Putin. Nach einem Telefonat mit Putin ist davon aber keine Rede mehr. Diesen Unsicherheitsfaktor könnte man beim G7-Gipfel versuchen einzuschränken.
Alle Infos zum G7-Gipfel | |
Wann? | vom 15. bis 17. Juni 2025 |
Wo? | Kananaskis, Kanada inmitten des Rocky Mountains Gebirges |
Wer nimmt teil? | die USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Italien und die EU |
Welche Themen werden womöglich besprochen? | Ukraine-Krieg, Russland-Sanktionen, Klimaschutz, Zollstreit |
Lohmann meint dazu: „Mit Blick auf die Ukraine, ist insbesondere die EU sowie das Vereinigte Königreich an vielen Fronten mit dieser Unsicherheit konfrontiert, dass nicht klar erscheint, inwiefern Washington noch als Partner gesehen werden kann oder teilweise dann eben auch als Rivale. So bringt sich Präsident Trump zumindest rhetorisch gegenüber der EU in Stellung.“ Merz könnte hier sicherlich auch von seiner anscheinend guten persönlichen Beziehung zum US-Präsidenten Gebrauch machen. Beim Aufeinandertreffen beider im Oval Office freute sich Trump augenscheinlich über das Geschenk, welches der Bundeskanzler Trump mitgebracht hatte. Außerdem lobte der Republikaner Merz‘ hervorragendes Englisch.
Kann Merz beim G7-Gipfel auf der guten Beziehung zu Trump aufbauen?
Doch zu viel sollte man auf die persönlichen Verhältnisse nicht setzen, betont Lohmann im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA. „Wir haben gleichzeitig in der Vergangenheit gesehen, dass gerade mit Blick auf den Zollstreit Länder, wie zum Beispiel Ungarn als Teil der EU, die eine sehr gute persönliche Beziehung ins Weiße Haus aufweisen, mit von den Zöllen betroffen sind.“ Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat eigentlich ein hervorragendes Verhältnis zum US-Präsidenten. Beide halten immer wieder öffentliche Lobreden aufeinander. Von den US-Importzöllen blieb Orban jedoch nicht verschont.

Gerade bei den Sanktionen gegen Russland ist das Weiße Haus zurückhaltender als den europäischen Verbündeten lieb ist. „Das Weiße Haus, insbesondere der Präsident, sind sehr zögerlich mit Blick auf eine Verschärfung der Russland-Sanktionen“, meint Lohmann. Der republikanische Senator Lindsey Graham arbeitet an einem scharfen Sanktionsgesetz gegen die russische Wirtschaft. Sollte sein Entwurf umgesetzt werden, würde die US-Regierung alle Länder, die russisches Öl und Gas kaufen, mit einem US-Importzoll von 500 Prozent belegen. Doch Trump hat den Senat bereits unter Druck gesetzt, den Sanktionsentwurf zu verwässern, wie aus einem Bericht des Wall Street Journals hervorgeht. Der Entwurf wird parteiübergreifend von 80 der 100 Senatoren unterstützt. Für Trump gehen die Sanktionen allerdings zu weit.
EU will neue Sanktionen gegen Russland verhängen: Zieht Trump beim G7-Gipfel mit?
Das Hauptaugenmerk der EU liegt auf der Preis-Obergrenze für russisches Rohöl. Im Rahmen des 18. Sanktionspakets soll der Preisdeckel für russisches Öl von 60 auf 45 Dollar pro Barrel abgesenkt werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte im Zuge des Sanktionspakets an: „Wir erhöhen den Druck auf Russland, denn Stärke ist die einzige Sprache, die Russland verstehen wird.“ Und die Preis-Obergrenze wirkt. Seit Einführung der Deckelung hat sich der Weltmarktpreis für Rohöl nach und nach an die 60-Dollar-Grenze angenähert und sogar zeitweise unterschritten.
Das wäre eine diplomatische Niederlage der G7, wenn es nicht klappen sollte, diese Reduzierung des Ölpreisdeckels gemeinsam voranzubringen.
US-Experte Lohmann erklärt über die Maßnahme: „Dieser sogenannten Ölpreisdeckel, wurde damals Ende 2022 eingeführt in Ergänzung zu den Boykotten, russisches Öl abzunehmen. Das war damals eine relativ innovative Maßnahme, die man ergriffen hat. Damit wollte man zum einen den Preis am Weltmarkt stabil halten, ohne das russische Öl vom Markt zunehmen, aber gleichzeitig die Erlöse, die die russische Regierung aus dem Verkauf dieser Exporte zieht, reduzieren.“
Neue Sanktionen gegen Russland beim G7-Gipfel? Trump ist „sehr, sehr skeptisch“
In Kombination mit anderen Sanktionsmaßnahmen wie etwa gegen die russische Schattenflotte kann der Ölpreisdeckel weiterhin die russischen Einnahmen reduzieren. „Hier ist es nicht nur relevant, mit Blick auf die Gespräche in Kanada sich auf den Ölpreisdeckel zu fokussieren, sondern es müsste eigentlich eine breite Palette an Sanktionen sein. Vom Importverbot über den Preisdeckel bis hin zu einer Listung einzelner Tanker.“
Ob die US-Regierung da jedoch mitziehen wird, ist fraglich. Das Weiße Haus sei „sehr, sehr skeptisch“. Der Druck aus dem US-Kongress werde zwar größer, aber die republikanischen Senatoren und anderen Abgeordneten hätten es bisher nicht gewagt, mit ihren Sanktionsgesetzgebungsvorschlägen „dem Präsidenten in die Parade zu fahren“. Dass die US-Regierung beim Ölpreisdeckel mitzieht, wäre für die Sanktionsmaßnahme wichtig. „Das wäre eine diplomatische Niederlage der G7, wenn es nicht klappen sollte, diese Reduzierung des Ölpreisdeckels gemeinsam voranzubringen. Gerade weil man sich öffentlich, wie die EU-Kommissionspräsidentin, geäußert hat, dass man im Rahmen des 18. Pakets diese Maßnahme ergreifen wird.“

Läuft das G7-Treffen mit Trump glimpflich ab oder kommt es erneut zum Eklat?
Die bisherigen G7-Treffen mit US-Präsident Donald Trump während seiner ersten Amtszeit ließen die übrigen sechs Mitgliedsländer ernüchternd zurück. Der letzte Gipfel in Kanada 2018 endete sogar im Eklat als Trump nach Abreise gegen den kanadischen Premierminister Justin Trudeau schoss. Ähnlich sieht das Majda Ruge von der Denkfabrik „European Council on Foreign Relations“. Gegenüber der Tagesschau sagte sie: „Die Ernüchterung ist, glaube ich, auf der Seite der amerikanischen Verbündeten schon passiert. Sie machen sich keine Illusion darüber, wer Trump ist, und ich denke, sie haben alle den disruptiven außenpolitischen Kurs Trumps zu spüren bekommen.“
Dennoch ist man eben auf die USA als wichtigen Partner angewiesen. Das diesjährige G7-Treffen ist der 51. Gipfel. Im idyllischen Kananaskis inmitten des Rocky Mountains Gebirge findet das Treffen der G7-Staaten bereits zum zweiten Mal statt. Die kanadische Regierung erklärte im Vorfeld des Treffens: „Kananaskis wird eine inspirierende Kulisse für die Debatten über die globalen Herausforderungen abgeben.“ Bleibt zu hoffen, dass die Kulisse auch genügend Inspiration für Donald Trump bieten wird. (sischr)