Schiffffahrt: CO2-Steuer soll das Klima retten – und könnte das Gegenteil bewirken

Die internationale Schifffahrt stößt eine erhebliche Menge Treibhausgase aus, die den Klimawandel weiter anheizen. Künftig soll deshalb eine Bepreisung der CO2-Emissionen dafür sorgen, dass die Schiffe auf weniger klimaschädliche Kraftstoffe umgerüstet werden. Doch sind klimafreundlichere Kraftstoffe wirklich die Lösung?

CO2-Steuer für Schiffe ab 2027

Bei der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) in London steht in dieser Woche die finale Abstimmung an. Die neue Regel soll 2027 greifen und große Schiffe mit mehr als 5000 Tonnen betreffen. Diese machen nach Angaben der IMO 85 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der internationalen Schifffahrt aus. Diese wiederum ist für fast drei Prozent aller weltweiten Treibhausgase verantwortlich.

Um diese Treibhausgasemissionen zu senken, sollen künftig Kraftstoffe eingesetzt werden, bei deren Verbrennung weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen. 

Wenn die Schiffe dabei unterhalb einer vorgegebenen Schwelle liegen, etwa weil sie bereits auf alternative Kraftstoffe setzen, sollen sie von dem neuen System profitieren. Umgekehrt werden sie zur Kasse gebeten, wenn sie oberhalb des von der IMO gesteckten Pfades liegen.

Klimafreundliche Kraftstoffe in der Schifffahrt

Die internationale Schifffahrt sucht intensiv nach Alternativen zu herkömmlichem Schweröl (Heavy Fuel Oil, HFO), das hoch emittierend ist. Die „grünen“ Alternativen zielen auf niedrigere Lebenszyklus-Emissionen ab, inklusive Produktion und Transport. Sogar Schiffe, die ihr eigenes CO2 wieder einsaugen, sind inzwischen in Planung. Zu klimafreundlicheren Kraftstoffen gehören etwa: 

  • Liquefied Natural Gas
  • Ammoniak
  • Methanol
  • Wasserstoff
  • Biodiesel
     

„Schifffahrt darf kein blinder Fleck im Klimaschutz bleiben“

Das Vorhaben eines international bindenden Vertrags ebenso wie das CO2-Bepreisungssystem stößt verbreitet auf Zustimmung. Sollte der Umweltausschuss der IMO es auf seiner am Dienstag beginnenden Sondersitzung billigen und das Maßnahmenpaket damit die letzte Hürde nehmen, dann wäre dies „ein historischer Durchbruch für Multilateralismus und Klimaschutz zugleich“, sagte etwa am Montag Experte Lukas Leppert von der Umweltschutzorganisation Nabu. „Die Schifffahrt darf kein blinder Fleck im Klimaschutz bleiben“, forderte er.

Saubere Schiffe als Erwärmungsverstärker?

Bereits 2020 wurden Schiffe und ihr Einfluss auf das Klima genauer unter die Lupe genommen: Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation senkte den Grenzwert für Schwefel, der vor allem in Heavy Fuel Oil vorkommt, in Schiffstreibstoffen. Der scheinbar positive Schritt für die Umwelt entpuppte sich als zwiespältig: „Saubere“ Schiffe, die weniger Schwefel-Aerosole ausstoßen, können paradoxerweise zur Beschleunigung der globalen Erwärmung beitragen. 

Früher reflektierten diese Aerosole Sonnenlicht und formten kühlende Wolkenformationen (weiße Streifen am Himmel), die einen natürlichen Schutzschild gegen die Hitze boten. Doch ohne diesen „Verschleierungs-Effekt“ dringt mehr Sonnenlicht zur Erdoberfläche durch, was die Erwärmung laut einer Studie, veröffentlicht in „Geophysical Research Letters“ verstärken soll. Die Experten schätzten 2024, dass die Schwefel-Regelung die globale Erwärmung um zwei bis drei Jahre beschleunigt habe.

„Effekt real, aber überschätzt“

Die Studie löste Diskussionen aus und Experten betonen, dass der Zusammenhang nicht so klar ist, wie dargestellt. Viele weisen auf Unsicherheiten hin, wie den kurzen Beobachtungszeitraum, die Rolle anderer Faktoren (etwa El Niño) und methodische Schwächen. 

Andere Experten kritisieren Übertreibungen. So sagte Dr. Laura Wilcox dem „Science Media Center“ 2024, der Effekt sei real, aber überschätzt. Zwar sei ein Energiebilanzmodell, wie es in der Studie angewendet wurde, eine einfache Methode, um die globale Temperaturreaktion abzuschätzen, aber auf dessen Grundlage könnten keine fundiertere Schlussfolgerungen gezogen werden.

Real oder nicht: In Hinblick auf die Bepreisung der CO2-Emissionen halten viele Umweltschützer die Reduktionsvorgaben für unzureichend zur Eindämmung der Erderwärmung. Der Verband Deutscher Reeder setzt insbesondere darauf, dass es statt eines Nebeneinanders regionaler Vorgaben künftig einheitliche globale Regeln geben könnte. „Wer echten Fortschritt will, braucht weltweite Regeln“, erklärte Hauptgeschäftsführer Martin Kröger im Vorfeld der Abstimmung. „Nur globale Vorgaben schaffen Planungssicherheit, faire Wettbewerbsbedingungen und bringen den Klimaschutz wirklich voran.“

Das Ergebnis des IMO-Umweltausschusses soll voraussichtlich am Freitag bekanntgegeben werden. Nötig für eine Annahme ist eine Zweidrittelmehrheit, die im April klar erreicht worden war.

mit AFP