Dienstwagen-Blamage für Merz-Regierung: „Vorbildfunktion deutlich verfehlt“ – Söder erhält „tiefrote Karte“

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Deutsche Spitzenpolitiker fahren weiter überwiegend über den dem Grenzwert: 151 von 238 Dienstwagen überschreiten deutlich die EU-Richtlinie.

Berlin – Wenn es um ihre Mobilität geht, umschiffen deutsche Spitzenpolitiker und -Politikerinnen die Themen Klimawandel und Verbrenner-Aus elegant – und setzen weiterhin vor allem auf CO₂-intensive Dienstfahrzeuge. Der neue Dienstwagen-Check der Deutschen Umwelthilfe zeigt: Nur wenige Minister gehen mit gutem Beispiel voran. Sieben von elf bewerteten Bundesministerinnen und -ministern erhalten sogar die rote Karte – im Vorjahr waren es sieben von neun. Das klare Fazit: Die Regierung habe ihre Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz „deutlich verfehlt“.

Deutsche Spitzenpolitiker fahren weiter überwiegend klimaschädlich: 151 von 238 Dienstwagen überschreiten deutlich den geltenden CO₂-EU-Flottengrenzwert.
Deutsche Spitzenpolitiker fahren weiter überwiegend klimaschädlich: 151 von 238 Dienstwagen überschreiten deutlich den geltenden CO₂-EU-Flottengrenzwert. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Eigentlich plant die EU bis 2050 klimaneutral zu werden. Doch obwohl PKW und Nutzfahrzeuge rund 15 Prozent der CO₂-Emissionen verursachen, sprach sich Bundeskanzler Friedrich Merz gegen strenge CO₂-Regeln für Firmenwagen aus.

„Vorbildfunktion verfehlt“: Ernüchternde CO₂-Bilanz der Dienstwagen im Bundeskabinett

Auch die Zahlen seines Kabinetts sprechen eine klare Sprache: Sieben von elf bewerteten Bundesministerinnen und -ministern erhielten im am Dienstag (19. August) von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten Check eine rote Karte. Von den insgesamt 238 untersuchten Fahrzeuge der Spitzenpolitiker auf Bundes- und Landesebene reißen 151 mit ihren Dienstfahrzeugen deutlich den geltenden EU-Flottengrenzwert für Neuzulassungen von 93,6 Gramm CO₂ je Kilometer, das sind stolze 63 Prozent. Lediglich 87 Fahrzeuge sind E-Autos.

Zum Hintergrund: Die strengeren EU-Klimavorgaben der sogenannten Flottengrenzwerte sollen regeln, wie viel CO₂ ein Auto ausstoßen darf. Das entsprechende Gesetz gilt EU-weit seit 2019 und sollte Autohersteller auf die geplante Verschärfung im Jahr 2025 vorbereiten. Doch zuletzt wurde den Autobauern mehr Zeit bei der Einhaltung der Flottengrenzwerte verschafft.

Schlusslicht: Söder mit „tiefroter Karte“ für Verbrenner-CO₂-Schleuder

Florian Koch, DUH-Verkehrsexperte bemängelt im Gespräch mit IPPEN.MEDIA: „Politiker sollten eigentlich ihre Vorbildfunktion einnehmen, das zeigt sich jedoch nur bei wenigen“. Der Voll-Benziner vom bayerischen Ministerpräsidenten Söder beispielsweise stößt mit 292 Gramm pro gefahrenem Kilometer am meisten CO₂ aus – „das ist eine tiefrote Karte“, so Koch. Demgegenüber stehe der einzige Elektrowagen von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Kretschmann, mit nur 70 Gramm CO₂-Ausstoß.

Auch bei den Umweltministern, die eigentlich Vorbilder sein sollten, gibt es große Unterschiede. Positiv steche Bundesumweltminister Schneider sowie Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan und Umweltministerin Katrin Eder aus Rheinland-Pfalz hervor, die die sparsamsten Autos fahren. Bei den Dienstfahrzeugen der Bundesministerinnen und -minister steht der Elektro-Dienstwagen von Umweltminister Carsten Schneider mit 62 Gramm vorn.

Dienstwagen-Check: Die meisten Politiker fahren klimaschädliche Fahrzeuge

Besonders peinlich: Ausgerechnet der Minister, der die Verkehrswende vorantreiben soll, fährt selbst ein klimaschädliches Auto. „Verkehrsminister Patrick Schnieder, der es besser wissen müsste, bekommt für seinen emissionsintensiven Plug-In-Hybrid eine rote Karte“, so Koch. Immerhin gebe es einen kleinen Lichtblick: „Insgesamt ist auf Bundesebene – inklusive der Staatssekretärinnen und -sekretäre der Anteil an rein batterieelektrischen Dienstwagen im Vergleich zum Vorjahr von 50 auf 57 Prozent leicht gestiegen“, berichtet Koch.

Doch auch hier zeige sich noch Nachholbedarf: „Mit Verbrauchswerten von 14,5 bis hin zu 24 Kilowattstunden je 100 Kilometer aller eingesetzten Elektrofahrzeuge gibt es enorme Unterschiede.“ Die DUH kündigte an, „zukünftig verstärkt auch die Effizienz der eingesetzten Elektroautos überprüfen“ zu wollen.

Der Dienstwagen-Fuhrpark des Bundeskanzlers, des Außen- und Finanzministers, des Verteidigungsministers, des Innenministers sowie der Gesundheitsministerin flossen aus Gründen des Sicherheits-Schutzstatus nicht in die Gesamtwertung ein.

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