„Schlichtweg falsch“: Siko-Gegner fürchten Ampel-Irrweg – Was sie fordern und in München planen
Der Ukraine-Krieg versetzt Europa in Sorge – aber zur Siko gibt es in München auch Proteste gegen Rüstung. Mit dabei: Yanis Varoufakis.
München – Der Ukraine-Krieg hat den Blick auf Rüstung, Bundeswehr und das Militär im Allgemein verändert, so viel ist sicher. Dennoch gibt es weiter scharfe Kritiker der „Zeitenwende“: Auch 2024 wird München Kundgebungen und Proteste gegen die Sicherheitskonferenz (16. bis 18. Februar) erleben: Die Veranstalter rechnen dabei mit mindestens stabilen Teilnehmerzahlen, wie sie Merkur.de von IPPEN.MEDIA erklärten. Im Vorjahr waren laut ihren Angaben 6000 Menschen zur Kundgebung am Stachus gekommen. Das war gleichwohl eine eher geringe Zahl: 2019 waren es Berichten zufolge allerdings noch 13.000 Personen.
Zuletzt, 2023, hatte allerdings auch eine weitere Großkundgebung mit Verbindungen zur Szene der „Querdenker“ Schlagzeilen gemacht – Russland-Flaggen und Tiraden gegen vermeintliche „ukrainische Killerbanden“ waren dort zu sehen und hören. Das traditionsreichere „Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ hat sich im Vorfeld scharf abgegrenzt und auch Regeln erlassen. Wladimir Putins Kurs sei „falsch“ und „verhängnisvoll“, betonte Mitveranstalter Heinz Michael Vilsmeier zugleich am Donnerstag (8. Februar).
Was die Siko-Kritiker in München planen, wie sie befürchteten „Kaperungsversuchen von rechts“ begegnen – und was ihre Forderungen an die Nato und zum Krieg in Israel sind:
Krieg in der Ukraine: Friedensaktivisten protestieren weiter – „Kriegsstimmung“ in Deutschland?
Vilsmeier stellte klar: Er sieht in der Folge der Kriege die Debatten in die falsche Richtung laufen. „Ich denke, dass die Meinungsmehrheit schon in Richtung Kriegsstimmung geht. Das ist etwas, das uns sehr beunruhigt“, sagte er IPPEN.MEDIA. Es gebe „die Vorstellung, dass Kriege durch immer mehr Rüstung eingeschränkt oder irgendwie gelöst werden können“. Das sei seiner Ansicht nach „schlichtweg falsch“ – wenngleich man das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und auch Israels „sehe“.

„Denken Sie an den Vietnamkrieg oder andere große Kriege: Alle wurden letztendlich mit Verhandlungen beendet“, erklärte Vilsmeier Merkur.de. Auf die Frage, ob mit Wladimir Putin Verhandlungen denkbar seien, antwortete er eher indirekt: „Die Nato wird irgendwann hoffentlich auch den Krieg in der Ukraine mit Verhandlungen beenden können. Dafür müssen die politischen Entscheidungsträger motiviert werden.“
Kritik an Israel von den Siko-Gegnern – und auch an der Ampel-Regierung
Mit Blick auf den Krieg in Gaza fordert das Aktionsbündnis in einem Positionspapier „Freiheit und Frieden für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan“ – „Freiheit für Palästina“ bedeute „Frieden für Israel“. Inbegriffen ist Kritik an der Bundesregierung – etwa angesichts des Neins zu einer UN-Resolution zu einem sofortigen Waffenstillstand. „Als Verbündeter Israels und Verfechter seiner Sicherheit müsste die Bundesregierung mit allen Mitteln darauf hinwirken, dass Israel sich an die Völkerrechtskonventionen hält“, schreiben die Aktivisten.
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Das Thema soll auch Eingang in die Kundgebung auf dem Stachus finden. Als Rednerin wird unter anderem Shelly Steinberg auftreten. Sie ist in Israel geboren, in Deutschland aufgewachsen, hat in beiden Ländern längere Zeit gelebt – und ist Mitglied der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe in München. Die Stoßrichtung ihres Beitrags dürfte klar sein: Im Januar warf Steinberg Deutschland in einem Posting auf X „Heuchelei und Komplizenschaft“ bei israelischen „Verbrechen“ vor.
Mit Standpunkten zu den beiden im Westen besonders stark wahrgenommenen Kriegen ist es allerdings nicht getan. In ihrem Demo-Aufruf stellen die Veranstalter weitere Forderungen – darunter etwa „Bleiberecht für alle Menschen“ und „EU-Asylreform aufhalten“.
Siko-Proteste mit Varoufakis in München: Was von 16. bis 18. Februar geplant ist
Die letztgenannten Inhalte wären den Teilnehmern der letztjährigen Querdenker-Kundgebung auf dem Königsplatz wohl ohnehin zuwider gewesen. Dennoch waren die Siko-Gegner nach eigenen Angaben auf der Hut: Man habe 2023 das Gefühl gehabt, dass die eigenen Aktionen „gekapert“ werden sollen – das sei „eine übliche Vorgehensweise der Rechten“, sagte Vilsmeier. Derartige Versuche habe es diesmal aber nicht mehr gegeben.
Gewappnet haben sich die Veranstalter mit einem „Bündniskonsens“ auf „antifaschistischer Grundlage“. Auch eine klare Regel wird bei den Demos gelten: Nationalstaatsflaggen sind laut Vilsmeier tabu. Die Demo- und Veranstaltungspläne zusammengefasst:
- Kurzkundgebung am Bayerischen Hof (14. Februar): Bevor das Tagungsareal abgesperrt wird, planen die Aktivisten einen Fototermin samt kurzer Kundgebung.
- Großkundgebung am Siko-Samstag (17. Februar): Ab 13 Uhr laufen auf dem Stachus erste Redebeiträge.
- „Umzingelung“ des Bayerischen Hofs (17. Februar): Es folgt eine symbolische Protestkette um die nördliche Altstadt – recht großräumig über Kaufinger Straße, Maximiliansplatz und Residenzstraße um das ohnehin abgesperrte Konferenzgebiet. Berichten zufolge wird auch Wolodymyr Selenskyj zur Siko anreisen. Der genaue Termin war zunächst unklar.
- Schlusskundgebung (17. Februar): Den Abschluss bildet eine Kundgebung am Marienplatz. Als Redner ist der streitbare frühere griechische Ministerpräsident Yannis Varoufakis angekündigt.
- „Münchner Friedenskonferenz“ (16 bis 18. Februar): Parallel zur Siko findet erneut eine „Friedenskonferenz“ statt. Auch hier soll am Samstag Varoufakis auftreten. Am Freitag wird eine weitere kontroverse Sprecherin erwartet: Die irische Europaparlamentarierin Clare Daly – ein ukrainisches „Zentrum gegen Desinformation“ setzte sie 2022 auf eine Liste von „Putin-Propagandisten“, wie die Irish Times berichtete. Dort fand sich zwischenzeitlich nach eigenen Angaben aber auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wieder. Die Veranstaltung kämpft aufgrund eines Streits um eine städtische Förderung aktuell mit Finanzierungsproblemen.
(fn)