Forscher haben in Gesteinsproben des Asteroiden Bennu zahlreiche Grundbausteine des Lebens entdeckt. Die Raumsonde OSIRIS-REx der US-amerikanischen Weltraumagentur Nasa brachte die Gesteinsproben zur Erde. Darin wiesen die Wissenschaftler 14 Aminosäuren und alle fünf Nukleinbasen (Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und Uracil) nach, die für die Bildung von Proteinen und DNA essenziell sind.
Zusätzlich fand das Team um Timothy McCoy und Nicola Fox erstaunlich hohe Konzentrationen von Ammoniak und Formaldehyd auf dem Gesteinsbrocken. In ihrer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Nature Astronomy“ schreiben die Forscher, dass der Fund ein neues Licht auf die Entstehung des Lebens und die Zustände in der Frühzeit des Sonnensystems vor über vier Milliarden Jahren werfen könnte.
Ursuppe aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems
Laut Tim McCoy, Kurator für Meteoriten am Smithsonian’s National Museum of Natural History, lieferten die Proben auch Hinweise auf eine Art Ursuppe auf dem Asteroiden. Es handele sich um Spuren von elf Mineralien, die sich beim Verdampfen von Salzwasser bilden. McCoy ordnet in einer Mitteilung der Nasa ein, dass diese zum ersten Mal als komplettes Set auf einem Himmelskörper nachgewiesen wurden.
Zuvor konnten ähnliche Salzlaken bereits auf dem Zwergplaneten Ceres nachgewiesen werden. Die Erkenntnisse implizieren, dass die chemischen Voraussetzungen für die Entstehung von Leben im frühen Sonnensystem weit verbreitet waren. „Diese Arbeiten gehen Hand in Hand, wenn es darum geht, zu erklären, wie die Bestandteile des Lebens zusammenkamen“, sagt McCoy.
Von Chemie zur Biologie: So entstand das Leben auf der Erde
Die Forscher sind sich einig, dass die Stoffe auf dem Asteroiden das Potential haben, die Chemie des Lebens in Gang zu bringen. Wie genau und wann dieser Prozess auf der Erde stattfand, ist umstritten. Die Grenze zwischen Chemie und Biologie verschwimmt, je komplexer die Verbindungen werden.
- Bausteine der Biologie: Aminosäuren und Nukleinbasen, die auf Bennu gefunden wurden, bilden die Grundstoffe. Außerdem braucht es flüssiges Wasser und Energie um, die Reaktionen zu starten.
- Komplexe Verbindungen: Die Aminosäuren verknüpfen sich zu Peptidketten, den Vorläufern der Proteine. Aus Nukleinbasen entstehen zusammen mit Zucker und Phosphaten Nukleotide.
- DNA und Proteine: Die Bausteine erwachen im wahrsten Sinne des Wortes zum Leben, wenn sie als Proteine biologische Funktionen übernehmen. Ihr Bauplan ist in der DNA gespeichert, die aus Milliarden Nukleotiden besteht.
- Beginn der Evolution: Auf der Erde bildeten sich die ersten Mikroorganismen vor ca. 3,5 Milliarden Jahren. Der von ihnen gebildete Sauerstoff krempelte die Evolution vor ungefähr 2,4 Milliarden Jahren um und ermöglichte komplexes Leben.
- Eukaryoten: Die Zellen, aus denen unser heutiges Leben größtenteils besteht, bildeten sich vor 1,8 bis zwei Milliarden Jahren. Aus der Symbiose von Prokaryoten (einfachen Zellen ohne Zellkern) entstanden die Eukaryoten mit Zellkern und Organellen.
„Zeitkapsel“ unterstreicht Mysterium des Spiegellebens
Nicky Fox, Wissenschaftsdirektorin bei NASA, beschreibt die Mission in der Nasa-Mitteilung als vollen Erfolg. OSIRIS-REx habe „das Lehrbuch über die Anfänge unseres Sonnensystems neu geschrieben“ und eine „Zeitkapsel der Erdgeschichte“ ausgehoben. Allerdings fiel den Wissenschaftlern ein entscheidender Unterschied der gefundenen Lebens-Bausteine zu den Organismen auf der Erde auf.
Die Proben des Asteroiden Bennu weisen eine gleiche Mischung aus links- und rechtsdrehenden Aminosäuren auf. Auf der Erde produziert das Leben fast ausschließlich die linksdrehenden Varianten. Das Ergebnis lässt vermuten, dass Aminosäuren auf der frühen Erde ebenfalls in einer gleichen Mischung vorlagen.
Rechts- und linksdrehende Aminosäuren unterscheiden sich in ihrer chiralen Struktur. Sie verhalten sich zueinander wie ein Objekt zu seinem Spiegelbild. Ob Spiegelleben, also Organismen aus rechtsdrehenden Aminosäuren, möglich ist und warum sich die linksdrehende Variante durchsetzte, bleibt ein Mysterium.
38 Forscher warnen vor tödlichen Spiegelmikroben
38 Wissenschaftler reifen im 299 Seiten starken Bericht zum sofortigen Stopp aller Bemühungen zur Erschaffung von Spiegelbakterien auf. Sie befürchten, dass diese Organismen die Immunabwehr überwinden und zur tödlichen Gefahr werden könnten.
Auch wenn die Erschaffung von Spiegelleben noch mindestens ein Jahrzehnt dauern würde, so die Forscher im Fachmagazin „Science“, sei die Bedrohung beispiellos.