Nahwärme – mit oder ohne die Stadt?
Klimaschutz schön und gut, aber kosten sollte es halt nichts. Die Abwägungen, die bei vielen privaten Hauseigentümern eine zentrale Rolle spielen, macht sich nun auch die Stadt Miesbach zunehmend zu eigen. Konkret geht es darum, ob die Stadt ihre Liegenschaften in der Innenstadt an das geplante Nahwärmenetz Miesbach III anschließen will.
Seit Monaten steht diese Entscheidung aus. Nun will der Stadtrat im Rahmen einer nicht öffentlichen Sondersitzung am Donnerstag, 29. August, den überfälligen Beschluss fassen – das Ergebnis ist offen. Weitere Themen sind die Zustimmung zum Gesellschaftervertrag der Stadt mit der Betreibergesellschaft MW Biomasse AG aus Irschenberg sowie der Erbbaurechtsvertrag bezüglich der Heizzentrale Auf der Grün im Randbereich des Stadtwalds.
Konkret geht‘s beim Anschluss der Liegenschaften – das sind der Montessori-Kindergarten, das Obdachlosenheim an der Frauenschulstraße, Rathaus, Bücherei, Feuerwehr, Beamtenhaus und Bräuwirt – um die Rentabilität und damit ums Geld. „Wir hatten weiteren Abstimmungsbedarf seit der öffentlichen Sitzung im Mai“, sagt dazu Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) auf Nachfrage unserer Zeitung. „Bis dato war das nicht geklärt.“ Da es sich um Vertragsinhalte handle, könne er aber darüber hinaus keine weiteren Angaben dazu machen.
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Miesbachs Bekenntnis zu regenerativen Energien ist jedenfalls spröde geworden. Zwar betont Braunmiller, dass es keinen Zweifel an der Biomasse gebe und diese ein wichtiger Beitrag sei. Aber er verweist auch auf die Wirtschaftlichkeit: „Passt es zur Gebäudeart? Das gilt es zu klären.“ Das klang seitens des Rathauschefs noch deutlich anders bei der zunächst angedachten eigenständigen Hackschnitzelversorgung von Rathaus, Bücherei, Feuerwehr und Beamtenhaus – die Wirtschaftlichkeit stand damals gerade nicht an erster Stelle.
Energiewende Oberland nicht einbezogen
Bemerkenswert ist auch, dass die Energiewende Oberland (EWO), zu deren Mitstiftern die Stadt Miesbach gehört und die 2021 beauftragt wurde, das Energiemanagement der Kreisstadt zu übernehmen, bei diesem Projekt nicht eingebunden wird. „Wir sind nicht angefragt worden“, sagt Energiemanager Andreas Scharli auf Nachfrage unserer Zeitung. Natürlich verfolge er die Vorgänge in der Kreisstadt und sieht – wie bereits beim Strategiewechsel im Warmfreibad, bei dem nun die ursprünglich geplante Versorgung durch Nahwärme von einer Wärmepumpe plus Gastherme übernommen werden soll – einen grundsätzlichen Fehler in der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Stadt: „Man kann nur regenerative Energie mit regenerativer Energie vergleichen.“ Der Vergleich mit Gas greife nicht.
„Entwicklungen sind Spekulation“
Denn der Gaspreis sei nur eine Momentaufnahme, weitere Entwicklungen seien Spekulation. Wobei jedoch klar sei, dass die Kosten durch die staatlichen CO2-Abgaben deutlich steigen werden. Und das Risiko von Ausschreibungen habe die Stadt bei ihrem überteuerten Stromliefervertrag bereits kennengelernt. Der Vergleich mit einem bestehenden Gasvertrag, der gerade eben bis 2027 abgeschlossen wurde (siehe Infobox), habe keine Aussagekraft für später.
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Neuer Gaspreis für die Stadt Miesbach steht
Der Gaspreis, den die Stadt Miesbach bis 2028 zu bezahlen hat, steht fest. Die Bündelausschreibung des Bayerischen Gemeindetags ergab einen Tarif von 4,4 Cent pro Kilowattstunde für 2025. Für 2026 und 2027 klettert der Preis auf fünfCent.Diesberichtete Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) in der jüngsten Sitzung des Stadtrats. Durchgeführt wurde die Ausschreibung durch die Kubus Kommunalberatung und Service GmbH. Mit der Teilnahme an der Bündelausschreibung erhielt der Gemeindetag die Berechtigung, für die teilnehmenden Kommunen Verträge abzuschließen. Die oben genannte Tarife sind Bruttopreise. (ddy)
Scharlis Einschätzung sieht so aus: „Regenerativ geht es nicht günstiger als mit Miesbach III.“ Mit fossiler Energie gehe man dagegen an der Realität vorbei. Ein weiterer Punkt: „Alle wären froh, einen Betreiber zu finden. Und hier ist mit MW Biomasse bereits ein Betreiber da.“ Der kümmere sich auch um die Instandhaltung. „Es sind ja gerade die Unterhaltskosten, die die Stadt erdrücken“, sagt Scharli. „In 20 Jahren wird wieder ein neuer Heizkessel fällig. Diese Sorgen hat man mit einem Anschluss nicht mehr.“
Doch die Stadt trennt sich gerade auf Verwaltungsebene offenbar nur schwer vom Gas. Wie berichtet, hat das Hotel Bayerischer Hof im Miesbacher Gewerbegebiet Nord nun seine eigene Hackschnitzelanlage in Betrieb genommen. Bei der Diskussion zur Wärmeversorgung des benachbarten Bauhofs im Juli 2022 stand auch ein Anschluss an diese Anlage zur Diskussion, kam aber nicht zustande – der Bauhof blieb letztlich beim Gas. Und von der damals noch diskutierten Vorbildfunktion der Stadt wird heute nicht mehr gesprochen.
„Gaslösungen könnten teuer werden“
Scharli befürchtet, dass die Gaslösungen der Stadt richtig teuer kommen werden. Da helfe auch eine neue Bundesregierung nichts, „denn bei der Kohlendioxid-Belastung ist Brüssel entscheidend“. Zum Thema Warmfreibad stellt er fest: „Wenn es nur um das leichte Erwärmen des Badewassers geht, kann man gut eine Wärmepumpe nutzen. Das Problem ist aber das ganzjährige Beheizen des Gebäudes und das starke Erwärmen des Trink- und Duschwassers.“ Insgesamt werde Gas wegen der CO2-Abgabe richtig teuer. Ein Anschluss an das Nahwärmenetz des Landkreises wäre sinnvoller gewesen.
Bleibt es beim bisherigen Fahrplan des Nahwärmenetzes Miesbach III, startet der Bau westlich der Schlierach 2026. Im Jahr 2027 soll es laut Braunmiller östlich des Flusses weitergehen. 2028 könnten nördliche und weiter östlich liegende Bereiche hinzukommen. Ob mit oder ohne die Stadt entscheidet sich am 29. August. Scharli antwortet auf die entsprechende Frage, ob er an diesem Tag Zeit hätte, um nach Miesbach zu kommen: „Das würde ich sehr gerne, aber nur, wenn ich auch etwas sagen darf.“ (ddy)