Düngeverordnung, Tierseuchen und Höfesterben: Was bayerische Milchbauern umtreibt

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Ulli Jörg (rechts) ehrte die ausscheidenden Mitglieder (ab 2.v.r.) Hubert Thoma, Georg Lang, Thomas Strobl und Gastredner Thomas Flehschutz. Die neuen Delegierten sind: Josef Tafertshofer, Jürgen Speer, Nick Gaisenberger, Johannes Lang. © Wilfried Nass

Gedämpfte Stimmung beim Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM): Die Umsetzung der neuen Düngeverordnung, sich ausbreitende Tierseuchen und die wirtschaftliche Schieflage des Berufsstandes standen im Mittelpunkt der diesjährigen Mitgliederversammlung.

Landkreis – Es gebe derzeit „so viele Fragen“, dass Ulli Jörg nicht viel Zeit auf die Einführung verwenden wollte. Er versprach ein straffes Programm und sollte Recht behalten. Hauptthema des Abends war ein Vortrag des Ostallgäuer Landwirts Thomas Flehschutz über die breitflächige Gülleausbringung.

Flehschutz hat Erfahrung mit dem Thema: Seit sechs Jahren beschäftigt er sich mit der verschärften Gülleverordnung und hat in dieser Zeit unter anderem erfolgreich dafür gekämpft, dass die Gülle weiterhin mit so genannten Breitverteilern ausgebracht werden darf.

Nun kam er am vergangenen Dienstagabend nach Peißenberg, um vor Berufskollegen im Gasthof zur Post über die neuen Vorschriften zu sprechen, die einen TS-Gehalt (Trockensubstanz) von unter „Punkt 4,6 Prozent“ vorschreiben. Neben der Kritik an den starren Vorgaben der „Paragraphenreiter“ versuchte er, die Landwirte davon zu überzeugen, dass alles „möglich und machbar“ sei.

Um den genannten Wert zu erreichen, müsse die Gülle nur 1:1 mit Wasser gemischt werden. Verdünnt, etwa mit Regenwasser, und in größeren Gruben gemischt, erfülle die heimische Gülle dann die geforderten Vorschriften und sei auch wirtschaftlich sinnvoll, denn „der Gesamtertrag mit verdünnter Gülle ist höher“.

Die kursierenden Gerüchte, man würde dabei nur „sinnlos Wasser herumfahren“, seien unbegründet, so Flehschutz weiter. Auch die Angst vor Kontrollen sei unberechtigt, die Landwirte könnten ihre Gülle für wenig Geld ins Labor schicken oder für noch weniger Geld mit einem Güllehydrometer selbst grob bestimmen.

Mit großem Interesse wurde anschließend auch der Vortrag von Dr. Sabine Tralmer verfolgt: Die stellvertretende Abteilungsleiterin des Weilheimer Veterinäramtes berichtete von einer Vielzahl sich ausbreitender Tierseuchen. Noch vor einiger Zeit „wäre das eine Sache von fünf Minuten gewesen“, begann sie, heute „reicht das nicht mal mehr für das Wichtigste“.

Kritik an der Politik: „Was Merz jetzt macht, ist für uns auch nicht so gut“

Die Afrikanische Schweinepest etwa sei auf dem Vormarsch, stehe aber „noch an der bayerischen Grenze“. Die Rindertuberkulose drohe endemisch zu werden und das BTV-3-Virus mit 17 000 Fällen allein in diesem Jahr „hat uns einfach erobert“. Besorgniserregend sei auch die Ausbreitung der hochansteckenden Maul- und Klauenseuche (MKS), für die Deutschland gerade den wichtigen Status der Seuchenfreiheit verloren hat. Noch handle es sich um Einzelfälle in Brandenburg, aber erst am Wochenende seien neue Fälle in Ungarn aufgetreten. Für den Menschen ist die Seuche zwar nicht gefährlich, aber im Falle eines Ausbruchs müssen nicht nur alle Schweine, Kühe oder Ziegen im Umkreis von mehreren Kilometern getötet und der gesamte Betrieb gesperrt werden, sondern es wird unter anderem auch ein landesweites Transportverbot verhängt.

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Tralmers Rat: „Hygiene, Hygiene, Hygiene“. Gummistiefel für Tierärzte, Kittel und Biosicherheit seien jetzt angesagt. Am Ende des Abends gab es schließlich noch einen Ausblick auf die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft. „Die Zölle eines Trump“ seien ein Problem, so Hans Leis vom BDM, ebenso wie die anhaltenden „Strukturprobleme“ der bayerischen und europäischen Landwirtschaft, „Was Merz jetzt macht, ist für uns auch nicht so gut“, so Landwirt Jürgen Speer.

Auch das Höfesterben sei real und man dürfe „nicht die Augen davor verschließen“ – auch wenn Politik und CSU etwas anderes behaupteten. Für die Zukunft der Milchbauern, so Leis, reiche es nicht mehr aus, „einfach nur Milch abzuliefern“, es brauche „Marktlösungen“ und vor allem „Zukunftsbauern“. Denn „das Wichtigste ist die nächste Generation“.

Von Wilfried Nass

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