Neubau Landratsamt Landsberg: „Verschwendung im großen Maßstab!“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landsberg

KommentareDrucken

In Anlehnung an den Lechkiesel: Allein die Architektur macht den geplanten Neubau des Landratsamtes Landsberg zu einem besonders teuren Vorhaben. ©  Hascher Jehle Architektur

Die Kostenexplosion für den geplanten Bau des neuen Landratsamtes auf dem Penzinger Feld im Landsberger Osten bleibt ein großes Thema. Ein in der Region ansässiges Architekturbüro hat sich jetzt aus fachlicher Sicht an den KREISBOTEN gewandt. Und lässt kein gutes Haar an dem extravaganten Projekt. Namentlich genannt werden möchten die Architekten indes nicht – um in der Zusammenarbeit mit dem Landratsamt nicht benachteiligt zu werden. Der Name des Architekturbüros ist der Redaktion bekannt.

Landsberg - „Völlig fassungslos“ zeigen sich die Architekten in ihrer „baufachlichen Einschätzung“ mit Blick auf die Berichterstattung des KREISBOTEN über den Erweiterungs- beziehungsweise Neubau des Landratsamtes. Deren Fazit: Die Planung des Neubaus sei „unglaublich ignorant und verschwenderisch“.

Schon dessen architektonisch von vielen als durchaus ansprechend empfundene Form als „Lechkiesel“ mit Rundungen „hat aus unserer Erfahrung im Vergleich zu einem rechtwinkligen Entwurf einen extrem großen Mehraufwand“. Nicht umsonst „sind Elemente für den Bau eines Gebäudes aufgrund eines möglichst effizienten Herstellungsprozesses gerade“. Das lasse sich 1:1 auf die Errichtung von Gebäuden im großen Maßstab übertragen: Ein Brett gerade abzuschneiden gehe schneller, als daraus eine freie Form zu gestalten. Und auch das Zusammensetzen von nicht-rechtwinkligen Bauteilen sei aufwendiger. Die Zuschläge für die runden Formen sowohl in der Planung als auch im Bau müssten dafür nach Erfahrung der Architekten bei „locker 30 bis 50 Prozent“ liegen.

Die Verfasser der Stellungnahme verlangen deshalb Transparenz und Aufklärung über Details der Planung: „Wenn in der aktuellen Kostenberechnung für die Bauelemente nur Daten von standardmäßigen Einheitspreisen hinterlegt sind oder nur geringe Aufschläge angesetzt sind, wäre das schlichtweg Augenwischerei, um das Projekt aus Kostengründen nicht zu gefährden.“

Der Flächenbedarf pro Arbeitsplatz von 40 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sei eine „unglaubliche Flächenverschwendung“ und liege „weit jenseits der normalerweise anzunehmenden Kennwerte von etwa 20 bis 28 Quadratmeter“, zitieren sie Büro Office, eine Veröffentlichung vom Institut für Internationale Architektur-Dokumentation. Das liege auch an der Geometrie der Räume, in der die Möblierung viel Platz brauche: „Das ist wie beim Verschnitt, wenn man eine freie Form aus einem normalerweise rechteckigen Brett ausschneidet und den Rest wegwerfen muss, weil man ihn aufgrund seiner Form nicht gut weiterverwenden kann.“

Die Architekten nennen die Projekte ,Stuttgart 21‘ oder ,Elbphilharmonie‘ als Paradebeispiele für das ihrer Ansicht nach „ignorante und selbstgefällige Durchziehen von entwurfsbedingt völlig überteuerten Bauwerken, die letztendlich die Steuerzahler oder die Nutzer zu zahlen haben“.

Natürlich könne man als Architekt diese Gestaltung „toll finden oder als Bauherr, wenn man sich damit ein Denkmal setzen möchte“. Aber für die Steuerzahler sei „die Fortfüh­rung dieses Vorhabens in seiner jetzigen Form einfach nur ein Schlag ins Gesicht“. Der Entwurf gehöre aus fachlichen Sicht umgehend in den Papierkorb und das Projekt bei Bedarf neu aufgerollt. Alles andere werde sich als „finanzielle Katastrophe bei ohnehin schon leeren Kassen und sehr großen Herausforderungen an anderen Stellen“ erweisen.

Ob der Neubau des Landrats­amtes wie bisher geplant durchgeführt wird, muss sich am kommenden Dienstag (25. Juni) im Kreistag erweisen. Dann wird erneut abgestimmt. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr.

Oma&Opa-Protest

In einem Offenen Brief fordern die ,Omas for Future‘ in Landsberg die Mitglieder des Kreistags auf, „verantwortungsvoll“ zu handeln und am 25. Juni gegen den Landratsamts-Neubau zu stimmen. Dieser würde die Schuldenlast der Kommunen über Gebühr erhöhen und damit Investitionen für den Klimaschutz behindern.

ödp: Kein Neubau!

Die Kreistags-Fraktion der ÖDP/DIE PARTEI positioniert sich in einer Presseerklärung erneut mit einem „Nein“ zum geplanten Landratsamts-Neubau. Statt Steuergelder für ein „nicht notwendiges Prestigeobjekt“ zu verschwenden, sollte in Bildung, Infrastruktur und Soziales investiert werden. Ziel müsse es sein, die Kreisumlage wieder zu senken.

Auch interessant

Kommentare