Hier tropfen die Mineralien in den Whisky: Destillerie nutzt verborgene Höhle für die Reifung

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Mineralien pur: Das Wasser aus dem Fels fließt an Wurzeln und Kalk entlang, bevor es direkt auf die Fässer tropft. Der perfekte Ort für die Whisky-Reifung, sagen Lantenhammer-Geschäfsführer Tobias Maier (l.) und Hans Peter Geisler, Betreiber des Gästehauses auf der Insel Freudenberg. © THOMAS PLETTENBERG

Wenn es regnet, tropft es hinter diesem Eisengitter von der Decke direkt auf eingelagerte Whiskyfässer. Dem Geschmack schadet das aber nicht. Im Gegenteil: Hier kommen die mineralischen Noten direkt in das Getränk.

Schliersee – Rein zufällig kommt an diesem Eisengitter niemand vorbei. Allenfalls ein Ruderboot auf dem Schliersee könnte sich verbotenerweise zur privaten Halbinsel Freundenberg verirren. Ansonsten sind die Mitarbeiter der Unicredit-Bank und ihre Familien die einzigen, die oben im Gästehaus der Bank Urlaub machen und einen Blick in die Höhle am Ufer erhaschen dürfen, die sich hinter den Metallstäben verbirgt. Und diese Abgeschiedenheit war für einige Zeit, bis die Höhle sicher verschlossen war, auch ausgesprochen wichtig. Seit vier Jahren schon lagert die Lantenhammer-Destillerie dort Whisky. Der Wert eines einzigen Fasses geht in die Tausende. Und das mineralische Aroma, das tief drinnen im Fels auf das Destillat übergeht, ist für Liebhaber unbezahlbar.

Dabei war am Anfang noch gar nicht klar, ob der Whisky nach der Mindestreifezeit von drei Jahren überhaupt noch schmeckt. Wenn es draußen regnet, tropft es aus dem Fels im Sekundentakt in die Höhle. Bei der Entdeckung vor vier Jahren stand deshalb noch knöcheltief das Wasser darin, sagt Lantenhammer-Geschäftsführer Tobias Maier und lacht. Für die Destillateure, die auch Whisky in einem Schiff bei Sylt und in einem ehemaligen Bunker reifen lassen, bestand trotzdem nie ein Zweifel, dass sie es zumindest versuchen wollen. „Man hat eine Idee – und was dabei herauskommt, weiß man erst hinterher“, ergänzt Geschäftsführer und Marketingleiter Thomas Weinberger. „Auch als mittelständisches Unternehmen sind wir noch so verrückt, dass wir Sachen einfach machen, die wir machen wollen.“

Elf Fässer mit je 225 Liter

Die Idee der Lagerung in der „Tropfsteinhöhle“ war über Anton Stetter zustande gekommen, erklärt Weinberger. Der Mitinhaber der Destillerie ist mit Hans Peter Geisler befreundet, der im Auftrag der Food & More GmbH – eine Tochter der Unicredit – das Gästehaus auf der Freudenberginsel betreibt. Als das Loch dort vor vier Jahren bei Baumpflegearbeiten aufgetaucht war, dachte Geisler erst an eine Dachshöhle (wir berichteten). Doch als der Eingang freigelegt und die viele Meter tiefe Höhle sichtbar war, sei klar gewesen: „Da müssen auf jeden Fall Fässer rein“, sagt Maier.

Seitdem die Destillateure das Gefälle in der Höhle so aufgeschüttet haben, dass das Wasser nach außen abläuft, ist der Boden trocken, das feuchte, mineralische Klima aber noch perfekt für den Reifeprozess. Elf Fässer lagern momentan hinter dem schweren Gitter, in jedem 225 Liter. Das Wasser aus dem Fels hangelt sich erst an den Wurzeln entlang, die sich aus dem Wald darüber bis in die Höhle geschlagen haben und wie Fäden von der Decke hängen. Von weißen Kalkablagerungen aus fallen die Tropfen schließlich direkt auf die Fässer.

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„Der Lagerort bildet sich tatsächlich mit einer mineralischen Note im Whisky ab“, sagt Weinberger. Schließlich atmen die Fässer und verlieren in der Reifezeit den sogenannten Angels‘ share – den Anteil, der verdunstet. Bei niedriger Luftfeuchtigkeit geht dabei mehr Wasser verloren, wodurch sich der Alkoholanteil erhöht. Bei kühler, feuchter Umgebung wie in der Höhle verdunstet mehr Alkohol, was den Whisky milder macht. Gerade solche leicht süßlichen, Rum-ähnlichen Noten seien sehr beliebt, erklärt Maier, obgleich es freilich auch Liebhaber von rauchigen, torfigen Geschmäckern gibt. Was in die eine Richtung funktioniert, klappt aber auch in die andere: Die Umgebung dringt über die Jahre in das Fass ein. „Jeder Bestandteil muss deshalb zusammenspielen“, sagt Weinberger, „ein spannender Prozess.“

Was früher in der Höhle war, darüber gibt es keine Aufzeichnungen. Am wahrscheinlichsten ist wohl die Theorie, dass der Ort einst als Sommerkeller diente. Im Jahresdurchschnitt haben die Destillateure zwischen acht und neun Grad darin gemessen – perfekt für die Lebensmittellagerung.

Wie gut der Ort den Fässern tut, war trotzdem selbst für die Experten überraschend. „Ich hatte es gehofft, aber man konnte nicht erwarten, dass sich der Stein und die Wurzeln so gut im Whisky wiederfinden“, sagt Weinberger. Nicht nur auf Geschmacksreise kommt der Geschäftsführer sichtlich gerne in die Höhle, die sonst nur die besten Kunden zu Gesicht bekommen.

Pläne für die Öffnung

Für Besucher ist die Halbinsel Freudenberg nicht zugänglich. Im Zuge der geplanten Erweiterung des Mitarbeiter-Gästehauses der Unicredit-Bank soll aber ein öffentlicher Spazierweg an der Nordseite der Halbinsel entstehen. Wie berichtet, will die Gemeinde dies bei der Aufstellung eines Bebauungsplans berücksichtigen. Das Verfahren dafür läuft weiterhin, sagt Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer auf Anfrage. Allerdings dränge der Bauherr selbst nicht zur Eile. Stück für Stück würden kleinere Probleme abgearbeitet, bis zum Satzungsbeschluss wird es aber noch dauern.

Nicht mehr weiterverfolgt wird laut Schnitzenbaumer indes der Plan, an der Höhle Getränke auszuschenken. Die Gemeinde habe die Zustimmung erteilt, das Landratsamt habe die Genehmigung aber verweigert, weil sich die Höhle im Außenbereich befindet. „Dann ist nichts mehr weitergegangen.“

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