Wirtschaftsexperte rechnet vor: Bürokratie kostet Bayern viel mehr als Trump-Zölle

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Dr. Manfred Gößl hielt eine leidenschaftliche Rede. © Heigl

Der Wirtschaftsempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) ist ein fester Bestandteil der Wirtschaftstermine des Jahres. Dr. Manfred Gößl rechnete dabei vor, wie teuer die Bürokratie Bayern zu stehen kommt.

Rund 200 Gäste tummelten sich vor und in der Tiefstollenhalle beim „Meet and Greet“ des diesjährigen Wirtschaftsempfangs. Vertreter von Firmen waren hier ebenso zu finden wie Kommunalpolitiker. Ein Wirtschaftstalk leitete dann den Abend ein. Hier standen Vize-Landrat Wolfgang Taffertshofer, Klaus Bauer (Regionalsprecher der IHK), Kreishandwerksmeister Michael Andrä und Leonie Kneer von Gaplast den Fragen von Moderatorin Blanca Pohl Rede und Antwort. Dabei ging es um das Thema, wie der Landkreis eine Magnetwirkung auf junge und innovative Unternehmen entfalten kann.

„Von Technologietransferzentrum versprechen wir uns viel“

Wolfgang Taffertshofer betonte die Standortstärken des Landkreises. Aber er gestand auch ein, dass man bei der Neuansiedlung von Firmen leichte Schwächen zeige: „Deshalb wollen wir ein Technologietransferzentrum in den Räumen der früheren Weilheimer Berufsschule ansiedeln. Davon versprechen wir uns sehr viel.“

Das Orgateam um IHK-Geschäftsstellenleiter Andre-as Korn (5.v.l.) mit den Pro-tagonisten (v.l.n.r.) Leonie Kneer (Gaplast), Kreishand-werksmeister Michael Andrä, IHK-Regionalsprecher Klaus Bauer, Moderatorin Blanca Pohl, Dr. Manfred Gößl und Wolfgang Taffertshofer.
Das Orgateam um IHK-Geschäftsstellenleiter Andreas Korn (5.v.l.) mit den Protagonisten (v.l.n.r.) Leonie Kneer, Michael Andrä, Klaus Bauer, Blanca Pohl, Dr. Manfred Gößl und Wolfgang Taffertshofer. © Heigl

Leonie Kneer, deren Unternehmen Gaplast in Altenau und seit 13 Jahren in Peiting ansässig ist, betonte die Wichtigkeit der Unterstützung durch die Kommune. „Wir bekommen in Peiting jede Unterstützung.“ Wichtig sei aus ihrer Sicht der Netzausbau und die Datensicherheit.

Kl als Chance wahrnehmen

Aus Sicht von Klaus Bauer, dessen Familienunternehmen erst unlängst sein 75-jähriges Bestehen feierte, bietet der Landkreis alle Voraussetzungen für Firmen-Neuansiedlungen. Allerdings müssten Entscheidungen schneller getroffen werden, es brauche weniger Bürokratie und Akzeptanz in der Bevölkerung. „Als vor 50 Jahren die Bergwerke schlossen, begann ein großer Transformationsprozess. Innovative Firmen wurden angesiedelt. Auch heute müssen wir die Innovationstreiber suchen.“

Dass Entscheidungsprozesse vieles erschweren, weiß auch Kreishandwerksmeister Michael Andrä, der von den mittlerweile fünfjährigen Grundstücksverhandlungen für das neue Bildungszentrum berichtete. Das Mobilfunknetz, digitale Infrastruktur und Bürokratie seien nach wie vor Hürden für die Handwerker, allerdings dürfe man gerade im Hinblick auf die Nachwuchsgewinnung nicht nur die Probleme, sondern eben die Chancen sehen, denn: „Zum Jammerer geht keiner hin!“

Agenda 2010 hatte Rückenwind

Zudem forderten die Talk-Teilnehmer, jungen Menschen wieder etwas zuzutrauen, sie in Verantwortung zu bringen und so zu verdeutlichen, dass Leistung Spaß macht. Auch das Thema KI müsse man als Chance wahrnehmen, wobei die Kontrolle der Ergebnisse und die Datensicherheit gewährleistet sein müssen.

Ein Feuerwerk an Fakten und Perspektiven gab es beim Impulsvortrag von Dr. Manfred Gößl, dem Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. Während die Agenda 2010 von Rückenwind durch einen Globalisierungsschub, ein grundlastfähiges Energieangebot und ein hohes Arbeitspotential getragen wurde, hatte die Wirtschaft lediglich mit Kostendruck durch hohe Lohnnebenkosten, starre Arbeitsmarktregulierungen und wachsenden internationalen Wettbewerb zu kämpfen.

Regulierung kostet Milliarden im Jahr

Anders die Agenda 2030, die an allen Fronten Gegenwind erfährt: Protektionismus, Handelskonflikte, die Energiewende, ein sinkendes Arbeitspotential und zusätzlich zum Kostendruck der Strukturwandel durch Dekarbonisierung der Industrie, technologischen Wandel, China- und USA-Schock. Die US-Zölle könnten die deutsche Wirtschaftsleistung 25 Milliarden Euro kosten, fünf davon allein in Bayern.

Doch es gäbe auch Hoffnung, so Gößl: „Wir müssen Bürokratie abschaffen, nicht nur verändern. Würden wir uns auf das Level von Schweden begeben, könnte das die jährliche Wirtschaftsleistung um 150 Milliarden Euro erhöhen.“

Entwicklung der Arbeitszeit kann so nicht weitergehen

Auch die Entwicklung der Arbeitszeit könne laut dem Geschäftsführer so nicht weitergehen, denn während von 1991 bis 2024 die Zahl der Erwerbstätigen von 38,9 auf 46,1 Millionen gestiegen ist, wuchs die Zahl der Arbeitsstunden lediglich um eine Milliarde von 60,4 auf 61,4.

Als Motivation zum Abschluss erzählte Gößl von einer Begegnung mit Markus Wasmeier. Nach seinem Erfolgsrezept befragt, meinte dieser: Freude an dem, was man tut, und reflektieren, warum es gut oder schlecht ausgeht.

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