Erste Drehung vor Publikum: Otterfinger Windrad startet bei Eröffnungsfeier
Nummer Zwei machte es spannend. Just das Otterfinger Windrad, an dem die Eröffnung des Bürgerwindparks im Hofoldinger Forst stattfand, lief noch nicht, als die Feier begann – anders als die Anlagen Eins (Sauerlach) und Drei (Aying). Der Betriebsstart aber glückte, eine Punktlandung, vor applaudierenden Gästen.
Otterfing – Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH, war angespannt. Der lang ersehnte Tag der Eröffnung, nach 13 Jahren Planung und Bau. Alles war angerichtet, der Zufall hatte einen strahlenden Sommertag geschickt, sogar mit leichter Brise. Etwa 350 Bürger der Gemeinden Otterfing, Sauerlach und Aying versammelten sich am Freitag (18. Juli) unter dem Otterfinger Windrad, um die Eröffnung „ihres“ Windparks zu feiern. Ein interkommunales Projekt, ohne Investor, nur die drei Gemeinden. Allerdings: Ausgerechnet das Otterfinger Windrad drehte sich noch nicht.
„Jetzt alle hinter die Bierbänke zurück“, scheuchte Sterflinger die Festgäste, „wir starten jetzt, früher haben wir es nicht geschafft.“ Alle Blicke gingen nach oben und prompt bewegten sich die mächtigen Flügel. Damit war auch die Otterfinger Anlage offiziell gestartet. Sauerlach arbeitet bereits seit 28. Mai, dort steht nach 300 Betriebsstunden die erste Wartung an. Aying läuft seit 7. Juli.
„Alle unsere Windräder laufen, was für ein Traumtag“, freute sich Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV), die in ihrem Grußwort an den langen Anlauf erinnerte, der bis ins Jahr 2011 zurückreichte. Ursprünglich war als vierte Kommune auch Brunnthal im Boot gewesen, nach Bürgerprotesten gegen die Windkraft-Pläne und einem knappen Gemeinderats-Beschluss war Brunnthal aber ausgestiegen.
Die Landkreise München und Miesbach finanzierten Windgutachten, ehe 2023 die Betreibergesellschaft „Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH & Co. KG“ übernahm – ein gemeinsames Unternehmen der drei Gemeinden. Der Landkreis München erhält sein Geld zurück, der Landkreis Miesbach ließ seine Förderung als Beteiligung in der GmbH.
Knapp 27 Millionen Euro investiert die „Bürgerwind“ in die drei Anlagen. Die Hauptlast trägt ein Bankenkredit. Ungewöhnlich gut funktionierte die Bürgerbeteiligung: Innerhalb von 2,5 Stunden hatten 450 Bürger der drei Gemeinden fast sechs Millionen Euro als Kleindarlehen (500 bis 25 000 Euro) zur Verfügung gestellt. „Damit sind wir deutscher Meister beim Einsammeln von Bürgerbeteiligung für Windparks“, betonte Otterfings Bürgermeister Michael Falkenhahn (SPD). Die Einleger bekommen jährlich eine sechsprozentige Dividende ausbezahlt.
„Für alle drei Gemeinden ist der Windpark eine Herzensangelegenheit geworden“, glaubt Ayings Rathauschef Peter Wagner (CSU). Er führt die breite Unterstützung auch darauf zurück, „dass wir unsere Bürger von Anfang an beteiligt haben“. Man habe Bedenken ernst genommen und offen kommuniziert.
Die Leistungskraft der Rotoren ist enorm. Laut Wagner können die drei Anlagen theoretisch 7500 Haushalte mit Strom versorgen. „Mit Energie, die bei uns produziert wird“, betonte Wagner. Hagen Faust, evangelischer Pfarrer in Sauerlach, der mit seinem katholischen Kollegen Josef Steinberger die Anlage segnete, hatte in der Bibel vergeblich nach „Windkraft“ gesucht. Bei den Fürbitten bat er trotzdem um „immer genug Wind, damit wir unsere Welt verbrennungsfrei umgestalten können“.
Wenn der Wind weht wie erhofft, trägt sich der Windpark. Die EEG-Vergütung beläuft sich auf knapp elf Cent je Kilowattstunde, das garantiert trotz des Schwachwind-Standorts jedes Jahr stolze Erträge.
Den Betrieb überwacht Hersteller Enercon über einen Wartungsvertrag. Johannes Schnabel, stellvertretender Regionalleiter in Süddeutschland, staunte über die unerschrockene Begeisterungsfähigkeit der GmbH-Verantwortlichen: „Am Tag der Eröffnung die letzte Anlage vor Publikum starten, das hatte ich noch nie.“
Das erste Windrad im Landkreis dürfe nicht das letzte bleiben, mahnte Landrat Olaf von Löwis (CSU), der mit seinem Münchner Amtskollegen Christoph Göbel an der Eröffnung teilnahm. „Wir müssen mutiger werden“, sagte Löwis; der Windpark im Hofoldinger Forst zeige, dass viele Bürger bereit seien, sich sogar selbst zu beteiligen.
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