Haselmaus steht Lärmschutz im Weg: Baubeginn frühestens 2027
Seit 16 Jahren warten die Weyarner auf Lärmschutz südlich der A8. Sie werden sich weiter gedulden müssen: Frühestens 2027 ist Baubeginn für die geplanten Wände und Wälle. Der Grund für die neuerliche Verzögerung: der Schutz der Haselmaus.
Weyarn – Es geht um eine 1,3 Kilometer lange Lärmschutzmaßnahme auf Höhe von Weyarn und eine Verlängerung und Erhöhung des bestehenden Lärmschutzes bei Großseeham, jeweils südlich der A8. Konkret ist bei Weyarn unter anderem eine mehr als zehn Meter hohe Wall-Wand-Kombination geplant. So geht es aus den Planfeststellungsunterlagen hervor, die die Autobahn GmbH des Bundes als Vorhabensträgerin 2018 bei der Regierung von Oberbayern eingereicht hatte. Die Planungen reichen noch weiter zurück: Bereits 2009 hatte die Gemeinde Weyarn einen Antrag auf Lärmvorsorge gestellt. Hintergrund war ein grundlegendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Lärmschutzansprüchen im Jahr 2007.
Im Zuge des Verfahrens wurden viele Analysen durchgeführt, darunter 2019 eine Verkehrsprognose für das Jahr 2035. Diese geht für den Abschnitt Holzkirchen – Weyarn von fast 108 000 Fahrzeugen täglich aus, mit einem Lkw-Anteil von 21 Prozent in der Nacht. Für den Abschnitt Weyarn – Irschenberg rechnet die Prognose mit fast 97 000 Fahrzeugen und einem nächtlichen Lkw-Anteil von 23 Prozent.
Obwohl der zumutbare Lärmpegel laut Unterlagen für zahlreiche Weyarner als überschritten gilt, zieht sich das Verfahren. Zunächst aufgrund von Corona und zusätzlich erforderlichen Verkehrsermittlungen. Dann wurde die ursprüngliche Planung von 2018 im Jahr 2022 durch eine Tektur ersetzt, die im Zuge des Beteiligungsverfahrens notwendig geworden war.
Ersatzquartiere oder Ausweichen
Die Auswirkungen der Lärmschutzvorrichtungen auf Flora und Fauna hatten die Naturschutzbehörden bereits in der ursprünglichen Planungsversion berücksichtigt. Feldsperling, Goldammer und Stieglitz können ausweichen. Für Fledermäuse sollen Ersatzquartiere angebracht und für die Haselmaus Ersatzlebensraum geschaffen werden, da ihr Vorkommen in den straßenbegleitenden Wald- und Gehölzbeständen nicht ausgeschlossen werden könne.
In der Tektur sind die Belange der Tiere im Vergleich zur ursprünglichen Planung unverändert. Daher überrascht es, dass ihre Belange jetzt erneut auf den Prüfstand kommen, obwohl die Frist zum Einwand zur ursprünglichen Planung im November 2018 abgelaufen war. Wie die Autobahn GmbH des Bundes mitteilt, die derzeit die Unterlagen der zweiten Tektur erarbeitet, ist dies zum einen der langen Verfahrensdauer geschuldet. Sie mache „in Teilen eine Plausibilisierung der Biotop- und Nutzungstypenkartierung“ notwendig, da sich „die Lebensräume und Habitatqualitäten für die Fauna im Planungsbereich verändert haben könnten“. Außerdem würden im Zuge der Einwände zur ersten Tektur neue Flächen in Anspruch genommen, weshalb eine Neu㈠kartierung erforderlich sei. „Dies gilt insbesondere auch für die Haselmaus, weshalb hier bereits im Juni 104 Niströhren aufgehängt wurden“, so Josef Seebacher von der Autobahn GmbH. Damit könne ein mögliches Vorkommen des Nagers kontrolliert werden. Ende September sollen die Ergebnisse vorliegen. „Sollten Haselmäuse im Planungsgebiet vorhanden sein, wird ein Maßnahmenkonzept entwickelt und umgesetzt“, sagt Seebacher.
Verzögerung um mindestens ein Jahr
Für Weyarns Bürgermeister Leonhard Wöhr (CSU) wäre das der Gau: „Dann müssen wir mit einer weiteren Verzögerung von mindestens einem Jahr rechnen.“ Wöhr kann über die Bedeutung, die dem Tier beigemessen wird, nur den Kopf schütteln: „Es ist nicht mehr vermittelbar, dass die Gesundheit der Haselmaus höher gewichtet wird als die des Menschen“, ärgert er sich. „Ob hier die Güterabwägung noch stimmt, mag jeder für sich selbst entscheiden.“
Die Autobahn GmbH will die Unterlagen bis Ende des Jahres bei der Regierung von Oberbayern einreichen. Mit dem Bau könne begonnen werden, wenn der Planfeststellungsbeschluss erlassen sei. „Zeitlich ist dies auch von eventuellen Klagen und der Finanzierung des Projekts abhängig“, so Seebacher. Frühestens könne 2027 Baubeginn sein.
Warum sich das Verfahren derart zieht, beantwortet die Regierung von Oberbayern allgemein: „Während eines Planfeststellungsverfahrens kann es immer vorkommen, dass aufgrund neuer Umstände oder einer Änderung von tatsächlichen Gegebenheiten oder gesetzlichen Vorgaben eine Überarbeitung der Planungsunterlagen notwendig wird. Auf damit einhergehende Verzögerungen hat die Regierung von Oberbayern keinen Einfluss.“
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