Sammelunterkunft neben Vivo: Knackpunkt ist die Anbindung nach Holzkirchen
Auf zwei Jahre ist die Sammelunterkunft für Geflüchtete im Warngauer Gewerbegebiet Birkerfeld befristet. Anfang 2027 laufen alle Verträge aus. Im Gemeinderat berichtete der Betreiber jetzt, wie die ersten sechs Monate gelaufen sind. 290 der 500 Plätze sind belegt, über 70 Prozent sind Ukrainer. Das größte Problem: der Weg nach Holzkirchen.
Warngau – Das kleine Flüchtlingsdorf neben der Vivo ist besonders. Besonders groß, weil es bis zu 500 Bewohnern Platz bietet. Und besonders straff organisiert, weil die Münchner Firma Gratus nicht nur den Bau übernahm, sondern auch den Betrieb erledigt – inklusive Security, Großküche und Sozialberatung.
Ein Viertel der Vertragszeit ist vorüber. Wie läuft die Unterkunft? Wo gab‘s Probleme? Projektleiter Armin Schröder, Verwaltungsleiter Maximilian Höck und Dagmar Schneider vom ehrenamtlichen Helferkreis zogen am Dienstag (15. Juli) im Gemeinderat eine erste Bilanz.
„Es läuft ganz rund“, fasste Schröder zusammen. Die aufgeheizte Stimmung aus Teilen der Bevölkerung, die im Vorfeld des Projekts teils in Aggression umgeschlagen war (wir berichteten), scheint verflogen. Aus den Reihen des Gemeinderats kamen zwar einige kritische Hinweise, die aber sachlich blieben.
290 Menschen leben aktuell in der Unterkunft, davon sind 206 Ukrainer. 20 Prozent der Bewohner sind Asylsuchende aus Afghanistan, der Rest stammt aus dem Kongo, Nigeria, Jordanien, Jemen, Syrien und der Türkei. Für 24. Juli sind etwa 50 Neuzugänge angekündigt, alle aus der Ukraine. „Auf so viele Ukrainer waren wir anfangs nicht eingestellt“, räumte Schröder ein.
„Das größte Problem ist die Verkehrsanbindung“, erklärte Schröder, „für uns ist das der Knackpunkt.“ Denn etwa 75 Bewohner müssen tagtäglich in die Arbeit, sprich: nach Holzkirchen. Weitere 40 besuchen Schulungen.
Das Landratsamt hatte einen Shuttle-Bus angekündigt, den es bisher nicht gibt. Nicht wenige Bewohner bestellen deswegen den Rufbus Hoki+, der an der Vivo hält und den sie mit Deutschlandticket nutzen können, der aber auch von der Gemeinde bezahlt wird. „Das ist völlig unakzeptabel“, betonte Leonhard Obermüller (CSU). „Uns wurde ein eigener Shuttle zugesichert, wir werden nachhaken“, kündigte Bürgermeister Klaus Thurnhuber (FWG) an. Im Gespräch sei ein zusätzlicher Hoki-Bus, der überwiegend die Unterkunft anfährt und den der Landkreis zahlt.
120 Fahrräder sind mittlerweile in Gebrauch. Obermüller wies darauf hin, dass in Lochham jüngst ein Radl gestohlen wurde, das dann in der Unterkunft auftauchte. Schröder kündigte an, dass am Montag eine Fahrrad-Registrierung mit aufgeklebtem Siegel starte. Leider sei es allein im Juni zu 21 Fahrrad-Unfällen gekommen. Nächste Woche organisiere die Polizei ein Sicherheitstraining.
Um zu Fuß nach Holzkirchen zu kommen, wählten Bewohner anfangs gern den direkten Weg durch den Golfplatz und über die B318. „Wen wir entdecken, den sammeln wir ein“, sagte Schröder. Die Bewohner seien informiert, dass sie den Weg durch die Unterführung und Lochham in Richtung Thanner Straße nach Holzkirchen nehmen sollen. Wer sich nicht daran halte, werde nachgeschult. Ein Bewohner bekam auf Anordnung der Polizei sogar ein mehrtägiges Ausgehverbot. „Ein Glück, dass noch nichts passiert ist“, sagte Hans Gillhuber (Draxlhamer Liste), „die verkehrliche Anbindung passt einfach nicht.“
Alkohol sei anfangs ein Problem gewesen, räumte Schröder ein. Betrunkene habe man aber nicht mehr in die Unterkunft gelassen, „das hatte erzieherische Wirkung“. Josef Gschwendtner (FWG) wusste, dass ein Bewohner beim Nachbarn seinen Rausch ausschlief. „Wir haben das im Griff“, versicherte Schröder. Das sei schon deswegen nötig, weil in der Unterkunft auch Frauen und Kleinkinder wohnen. „Familien bleiben aber nicht lang, es gab schon über 100 Auszüge.“
Auch dank des Helferkreises, der zwölf Aktive zählt, seien die Bewohner gut betreut, lobte Thurnhuber: „Die Unterkunft funktioniert sehr gut. Sie gilt als vorbildlich.“
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