ETFs sind nicht immun gegen Trumps Politik - was Sie jetzt tun müssen

Während sich in Los Angeles Marines, Nationalgarde und Polizei mit Protestierenden prügeln, die gegen Donald Trumps Abschiebepolitik und die umstrittene Abschiebepolizei ICE protestieren, müssen deutsche Anleger eine Aussage des kanadische Premierministers Mark Carney bedenken: Zwar haben die Vereinigten Staaten schon öfter Unruhen erlebt und überstanden. Doch die Einsätze machen wahrscheinlicher, dass stimmt, was der Carney schon im April sagt: Die USA, die wir seit 80 Jahren kannten, haben sich grundlegend verändert. Es gibt kein Zurück.

Wenngleich Carney übertreibt - es gibt immer ein Zurück -, bleibt seine Aussage für Anleger wichtig:

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass Carney recht behält, ist durch Trumps Vorgehen in Los Angeles gestiegen. Sie war vorher schon vergleichsweise hoch.
  • Behält Carney recht, wird es für deutsche Anleger sehr teuer.

Die Erklärung, was deutsche Anleger jetzt wissen müssen, beginnt mit einem Mann, der durch einen Fluss läuft.

Kein normaler Vorfall: In Los Angeles protestierten Einwohner, nachdem die US-Migrationspolizei ICE in militärisch wirkenden Einsätzen auf Plätzen wie einem Baumarkt-Parkplatz nach illegalen Migranten suchten.
Kein normaler Vorfall: In Los Angeles protestierten Einwohner, nachdem die US-Migrationspolizei ICE in militärisch wirkenden Einsätzen auf Plätzen wie einem Baumarkt-Parkplatz nach illegalen Migranten suchte. US-Präsident Donald Trump schickte daraufhin die Nationalgarde und die Marines - wegen eines zu diesem Zeitpunkt vergleichsweise überschaubaren Vorfalls und gegen den Willen von Kaliforniens Gouverneur, von dem der Einsatz eigentlich ausgehen müsste. Mitglieder von Trumps erster Regierung (2017-2021) berichten, dass der Präsident schon damals auf Protestierende der Black-Lives-Matter-Bewegung schießen lassen und die Nationalgarde einsetzen wollte. Damals hatten Regierungsmitglieder dies noch verhindert. IMAGO / ZUMA Press Wire

Zehn Prozent im Schnitt mit Aktien? Ausnahme statt Regel

Wer derzeit einen Aktien-ETF hält, tut dies meist im Glauben, Aktienmärkte werfen langfristig rund zehn Prozent Rendite im Jahr ab. Dieser Glauben birgt eine Gefahr:

  • Durchschnitte können trügen: "Durchquere nie einen Fluss, der im Durchschnitt einen Meter tief ist", warnt Autor Nassim Taleb.
  • Der Durchschnitt vermittelt nur dann ein realistisches Bild, wenn der Fluss an manchen Stellen 90 Zentimeter, an manchen 1,10 Meter tief ist, aber immer um einen Meter.
  • Ist der Fluss aber an den Rändern seicht und in der Mitte ein tödlicher Strom, leitet der Durchschnitt in den Tod.
  • Lektion: Wer die Verteilung nicht genau kennt, sollte sich nicht nach dem Durchschnitt richten.

Donald Trump macht die Verteilung bei Aktienmärkte erstmals seit Langem wieder wichtig. Warum, das erklären fünf Beispiele:

  1. Ein Anleger, der seit 1950 breit gestreut in US-Aktien investiert hat, hätte bis heute tatsächlich rund zehn Prozent Gewinn pro Jahr eingefahren.
  2. Ein Anleger, der von 1900 bis 1950 breit gestreut in US-Aktien investierte, erzielte nur 7,5 Prozent Rendite im Jahr.
  3. Ein Anleger, der von 1900 bis 1950 breit gestreut in deutsche Aktien investierte, verlor mehrfach alles: durch Weltkriege, Hyperinflation.
  4. Wer 2008 in einen ETF aus italienischen oder spanischen Aktien investierte, verdiente in den folgenden 15 Jahren bis 2023 damit nichts.
  5. Wer Ende der 1980er Jahre in japanische Aktien investierte, musste Jahrzehnte lang bis zu 80 Prozent Verlust ertragen. Die Kurse erreichen erst seit Kurzem wieder höhere Werte als damals.

Nur US-Aktien liefern seit über einem Jahrhundert zuverlässig Gewinne. Wer deswegen immer und in allen Märkten sichere Renditen einplant, riskiert, zum Rentenbeginn 15 Jahre Durststrecke ertragen zu müssen oder sein Leben lang einen ETF zu besparen, der nicht steigt.

Bevor Aktionäre sichere Renditen einplanen, müssen sie Märkte finden, die diese Renditen abwerfen. Wichtiger als der Durchschnitt ist für Anleger daher die Frage, was erfolgreiche Märkte von erfolglosen unterscheidet. Die USA drohen, künftig deutlich erfolgloser zu werden.

Will auch Präsident werden: Kaliforniens Gouverneuer Gavin Newsom gilt als Kandidat für die Präsidentschafsnominierung der Demokraten im Jahr 2028. Trump, der 2028 auch Ambitionen auf einen Kandidatur 2028 verkündet hat, sagte nun, er unterstütze Newsoms Verhaftung - nicht wegen eines Vergehens, sondern wegen angeblicher Inkompetenz.
Will auch Präsident werden: Kaliforniens Gouverneuer Gavin Newsom gilt als Kandidat für die Präsidentschafsnominierung der Demokraten im Jahr 2028. Trump, der 2028 auch Ambitionen auf einen Kandidatur 2028 verkündet hat, sagte nun, er unterstütze Newsoms Verhaftung - nicht wegen eines Vergehens, sondern wegen angeblicher Inkompetenz. IMAGO / ZUMA Press Wire

Wir wissen recht genau, was Aktienmärkte erfolgreich macht

Statt zuverlässig zehn Prozent Rendite zu liefern, gilt für Aktien eher: Der Aktienmarkt eines Landes steigt nur unter bestimmten Bedingungen zuverlässig, nämlich wenn:

  1. ... in diesem Land gleiche Rechte für alle und faire Gerichte dafür sorgen, dass sich ehrliche Arbeit eher durchsetzt als Korruption, Kriminalität oder die Menschen, die zu einer bestimmten Gruppe gehören.
  2. ... freie Märkte dafür sorgen, dass sich die besten Ideen und Produkte durchsetzen; die Regierung aber an einigen Stellen eingreift und zum Beispiel Monopole verhindert.
  3. ... Gewaltenteilung, freie Medien und Demokratie die Politik zwingen, im Sinne der Menschen zu handeln.
  4. ... weltweiter Freihandel dafür sorgt, dass sich die Wirtschaft auf das spezialisieren kann, was sie am besten tut, und den Rest günstig anderswo einkauft.
  5. ... dieses Land von Kriegen auf seinem Gebiet verschont bleibt.

Trumps Eskalation in Los Angeles verdeutlicht: Unter ihn sind alle Eckpfeiler des Aktiengewinns in Gefahr.

Nicht neu, aber anders: Ausschreitungen wie derzeit in Kalifornien haben die USA bereits mehrfach erlebt. 1968 verprügelten Polizisten in Chicago Studenten, die anlässlich des Parteitags der Demokraten gegen den Vietnamkrieg protestierten. Bislang haben die USA alle dieser Ausschreitungen überstanden.
Nicht neu, aber anders: Ausschreitungen wie derzeit in Kalifornien haben die USA bereits mehrfach erlebt. 1968 verprügelten Polizisten in Chicago Studenten, die anlässlich des Parteitags der Demokraten gegen den Vietnamkrieg protestierten. Bislang haben die USA alle dieser Ausschreitungen überstanden. Sie überstanden sie aber dank einer funktionierenden Gewaltenteilung und demokratischer Anführer. Beides Hilfen, fürchten viele, könnten dieses Mal fehlen. IMAGO / UPI Photo

Geld statt Gefahren: Was uns Populismus kostet

Populismus schadet der Wirtschaft, verteuert Schulden, verschärft Unsicherheiten. In unserem Schwerpunkt zeigen wir, was das für Jobs, Wohlstand und Ihr Geld bedeutet.

  1. Wie viel Populismus jeden Bürger kostet: Der Dummkopf-Zuschlag zeigt, was die Welt wirklich über unsere Regierung denkt
  2. Trumps Zoll-Wirrwarr erklärt: Trump bremst deutsche Exporte und ruiniert den amerikanischen Traum
  3. Warum Trump ständig Nachrichten produziert: Die Trumps scheffeln Milliarden – und schaffen für Deutschland vier Gefahren
  4. Was Trump und die L.A.-Krawalle für deutsche Anleger bedeuten: Was deutsche Anleger über den Mann und das Fluss-Dilemma wissen müssen

Trump gefährdet den Erfolg der US-Aktien

Trump gefährdet, was US-Aktien seit über einem Jahrhundert erfolgreich gemacht hat:

  1. Er bereichert sich selbst, statt im besten Interesse der Menschen zu handeln.
  2. Er torpediert den Welthandel mit Zöllen.
  3. Er schafft ein Klima, in dem Loyalität oft wichtiger wirkt als Leistung.
  4. Er greift Medien, Gerichte und Universitäten an, die ihm nicht passen, statt Gewaltenteilung und Pressefreiheit zu stärken.
  5. Das alles tut Trump mit der Unterstützung ihm ergebener Medien wie FOX News und von Botarmeen, die auf Facebook und bislang auch auf X ungehindert ihm gesinnte Falschinformationen verbreiten.

Einen derartigen Angriff auf die Stützen des Aktienerfolgs haben die USA noch nie erlebt. 

  • "Seien wir ehrlich", sagt US-Senator Bernie Sanders in einer Videobotschaft. "Donald Rumps Einsatz der Nationalgarde und der Marines hat nichts mit den Protesten zu tun, nichts mit ICE und nichts mit Einwanderung. Es geht ihm darum, mithilfe fragwürdige rechtlicher Mittel immer mehr Macht an sich zu reißen und das Land in einen autoritären Staat zu verwandeln."
  • Andere Beobachter unterstellen Trump, mit dem Spektakel in L.A. von anderen Problemen ablenken zu wollen: Seinem Zoll-Hin-und-Her, etwa, oder Elon Musks Anschuldigung, Trump tauche in den Epstein-Files über sexuelle Belästigung auf.

Damit scheint derzeit unsichere denn je, ob US-Börsen auch künftig Renditen abwerfen.

L.A. kommt zuerst: Durch die Nähe zu Mexiko leben in Los Angeles viele Minderheiten. Konflikte mit Minderheiten eskalieren daher dort oft zuerst. 1992, im Foto zu sehen, starben bei Unruhen 55 Menschen, 2000 wurden verletzt und 11.000 verhaftet, nachdem ein Gericht Polizeibeamte freisprach, die einen Schwarzen brutal verprügelt hatte. Ein Teil der Amerikaner sieht Kalifornien und L.A. daher als stetige Quelle von Bewegungen, die sie ablehnen, etwa Black Lives Matter.
L.A. kommt zuerst: Durch die Nähe zu Mexiko leben in Los Angeles viele Minderheiten. Konflikte mit Minderheiten eskalieren daher dort oft zuerst. 1992, im Foto zu sehen, starben bei Unruhen 55 Menschen, 2000 wurden verletzt und 11.000 verhaftet, nachdem ein Gericht Polizeibeamte freisprach, die einen Schwarzen brutal verprügelt hatte. Die Proteste gelten als einer der Auslöser, die während Trumps erster Amtszeit zur Bewegung Black Lives Matter geführt hatten. Als Präsident George H.W. Bush 1992 die Nationalgarde nach Los Angeles schickte, tat er dies mit der Unterstützung des Gouverneurs. Trump tat es nun gegen den ausdrücklichen Willen des Gouverneurs und wegen deutlich kleinerer Proteste. IMAGO / ZUMA Press Wire

Trump-Probleme treffen auf teuren Markt

Die Trump-Probleme wiegen derzeit besonders schwer, weil sie auf einen teuren Markt treffen. US-Aktien stiegen seit 1950 deutlich stärker als vorher, weil sie heute teurer bewertet sind als vor 75 Jahren. 

  • ETFs und das Internet erleichtern heute das Anlegen.
  • Die gewachsene Weltbevölkerung und der wachsende Wohlstand ermöglichen immer mehr Menschen das Sparen.
  • Weil die USA eine einmalige Aktiengeschichte aufweisen, haben viele Menschen dort angelegt, mit ETFs auf den S&P 500 oder den MSCI World, der ebenfalls zu einem Großteil aus US-Aktien besteht.
  • Aktienkurse stiegen in den USA daher seit Langem stärker als die Gewinne der Unternehmen. 

Trump schafft die Gefahr, US-Aktien könnten wieder in Bewertungsmuster wie vor 1950 zurückfallen:

  • Dass US-Aktien eine Ausnahme bilden, betonten ETF-Experten lange spärlich. Solange alle dachten, es gehe so weiter, war es auch nicht so wichtig.
  • Nun, da Trumps Zölle und andere Einschränkungen die Gewinne bremsen, droht diese Wahrheit immer mehr Menschen bewusst zu werden.
  • Gleichzeitig belegt Trumps neues Steuergesetz ausländische Investoren mit höheren Steuern, was Wall Street verunsichert.
  • Investieren dann nicht mehr länger Menschen aus aller Welt ihr Erspartes in den USA, sinken die Kurse.
  • Spätestens nach einigen Jahren schwacher Märkte verkaufen Privatanleger oft verunsichert. Dann sinken die Kurse weiter.
  • Alle Effekte zusammen könnten dafür sorgen, dass die US-Märkte auf lange Zeit deutlich schlechtere Renditen abwerfen als zehn Prozent. Wenn sie überhaupt Renditen abwerfen.

Dann endet die goldene USA-Börsenzeit. Dass es so kommt, ist keineswegs sicher. Aber es ist wahrscheinlich genug, dass Anleger es bedenken sollten.