Bauernpräsident warnt: „Dann werden kaum mehr Erdbeeren aus Deutschland auf dem Teller landen“

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Deutsche Bauern fahren die schlechteste Erdbeerernte seit 30 Jahren ein. Wegen Plänen der Regierung ist die Zukunftsprognose düster – was auch Verbraucher merken.

Überraschende Erntebilanz bei Erdbeeren: 2025 wurden nur 75.000 Tonnen heimische Erdbeeren geerntet. „Das ist die kleinste Ernte seit 1995“, sagte dazu Bauernpräsident Joachim Rukwied bei der Vorstellung der Erntebilanz. Grund dafür sei unter anderem ein „drastischer Rückgang der Anbaufläche“; jede dritte Anbaufläche sei in den vergangenen 30 Jahren verschwunden. Größere Sorgen bereitet dem Bauernpräsidenten aber eine andere Entwicklung: die geplante Erhöhung des Mindestlohns.

Bauernpräsident sauer wegen Mindestlohn: „Dann sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig“

Der Mindestlohn soll in den kommenden zwei Jahren auf 14,60 Euro pro Stunde steigen. Zu viel aus Bauernsicht. „Wir sind auf dem Weg dahin, dass möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft kaum mehr Erdbeeren aus Deutschland auf dem Teller landen“, meinte Rukwied – „pointiert formuliert“, wie er sagte. Der Grund: „Weil sie nicht mehr erzeugt werden können und die Produktionskosten uns erdrücken.“

In anderen Ländern kann Obst deutlich günstiger produziert werden. Das wiederum liegt an geringeren Energieausgaben, aber auch einem niedrigeren Mindestlohn. „Solange der Mindestlohn in Polen bei sieben Euro steht, in Spanien bei acht Euro; wir aber auf 15 Euro zusteuern – dann sind wir schlichtweg nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Das treffe nicht nur auf Erdbeeren zu, sondern gelte auch für Spargel, Äpfel oder andere Obst- und Gemüsesorten.

Tatsächlich zählt Deutschland zu den EU-Ländern mit dem höchsten Mindestlohn (siehe Tabelle). Wird der Mindestlohn wie geplant auf 14,60 Euro erhöht, würde Deutschland hinter Luxemburg Platz zwei in der EU einnehmen.

Rukwied pocht daher nach wie vor auf Ausnahmen für seine Zunft: „Es braucht eine Sonderlösung für die Landwirtschaft.“ Bauernvertreter hatten wiederholt gefordert, dass ein höherer Mindestlohn nicht für Saisonarbeitskräfte gelten soll. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) hatte sich dafür starkgemacht – ist in dieser Frage mittlerweile aber leiser geworden. Eine interne Prüfung im Ministerium hatte ergeben, dass eine Sonderrolle für Bauern rechtlich nicht machbar ist. Hilfreich wäre laut Rukwied auch ein „europäischer Mindestlohn“, den es allerdings allein schon aufgrund der unterschiedlichen Gehaltsstrukturen Europas nicht geben wird.

Erdbeer-Saisonarbeiter in Rheda-Wiedenbrück
In Deutschland arbeiten im Erdbeerbereich viele Saisonarbeiter aus dem Ausland. Die meisten kommen, wie hier in einem Betrieb in Rheda-Wiedenbrück (NRW), aus Rumänien. © Imago/Inderlied/Kirchner-Media

Erdbeer-Kostenschock? „Dann können es sich Verbraucher nicht mehr leisten“

Und so sorgt die geplante Mindestlohnerhöhung in der Agrarbranche weiter für Unmut. Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer warnte schon vor der diesjährigen Ernte vor einem Kostenschock. „Wir gehen davon aus, dass sich ein Teil der Verbraucher deutsche Erdbeeren nicht mehr leisten kann und teilweise auch nicht mehr leisten will“, hieß es mit Blick auf die Mindestlohn-Pläne der Regierung. Die Prognose des Verbands: „Mit steigendem Preis werden weniger deutsche Erdbeeren gekauft werden.“ Billigeren Früchten aus dem Ausland ersetzten dann deutsche Erdbeeren. „Deutsche Erdbeeren können oft preislich nicht mit der Konkurrenz aus dem Ausland mithalten.“

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Beim Erdbeeranbau würden die Personalkosten rund 50 Prozent der Kosten ausmachen. Diese Kosten müssten die Betriebe wiederum an die Verbraucher weitergeben. „Dann würde eine 500 Gramm Schale Erdbeeren beispielsweise 5,85 Euro kosten, wenn sie in diesem Jahr 5 Euro gekostet hätte“, rechnet der Verband vor. Ein Kilo Erdbeeren also für fast zwölf Euro. Das Beispiel sei aber abstrakt; die Branche könne die vollständigen Kosten gar nicht weitergeben. Sonst würde man zu viele Kunden verlieren.

Rukwieds pessimistische Prognose teilt der Verband indes. „Es wird weniger regionale Erdbeeren geben.“ Verbraucher würden das auch dadurch merken, „dass sie vielleicht nicht mehr beim Erdbeeranbauer ums Eck Erdbeeren kaufen oder selbst pflücken können“.

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