Plötzlich eine eigene Straße für den Schuldirektor

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Schon mal in der „Tobias-Schürmer-Straße“ gewesen? Google Maps kennt sie in Murnau. © Screenshot Google Maps

Wer in Murnau am Josef-Holzmann-Platz vorbeischaut, gelangt über den Harald-Schweizer-Weg zum Schulgarten am Staffelsee-Gymnasium und kann dann auch der Tobias-Schürmer-Straße einen Besuch abstatten. Kein Einheimischer dürfte jemals dort hinfinden. Google Maps aber lotst jeden, der will, an diese nicht existenten Ziele – vermutlich, weil Schüler in dem Kartendienst ihre Fantasie haben spielen lassen.

Murnau - Was ein Donald Trump veranlasst, können auch junge Leute des Murnauer Staffelsee-Gymnasiums. Auch wenn sich deren Urheberschaft nicht beweisen lässt, liegt der Gedanke doch sehr nahe, dass die durchaus nette Idee in der Schülerschaft ihren Ursprung hatte und von dieser praktisch umgesetzt worden ist. Der US-Präsident hat bekanntlich mit einem seiner unzähligen Dekrete im Handstreich verfügt, dass der Golf von Mexiko in Golf von Amerika umbenannt wird – und Google ist Trump auf seinem Kartendienst Maps wohl unter Druck gefolgt. US-Nutzern wird nun der Name nach Trumps Gusto angezeigt.

Murnau hat nun auch die „historische Sehenswürdigkeit Amphi-Theater“

Das hatte in Deutschland die Genese von diversen neuen Gewässern zur Folge, zumindest bei Google Maps. Unbekannte, das berichtete der Spiegel, sorgten – vermutlich, um sich über Trump lustig zu machen – unter anderem dafür, dass der Kartendienst jetzt einen „Golf von Zündorf“ in Köln kennt und der Deichsee im Düsseldorfer Südpark „Golf von Wersten“ heißt. Wohl schon sehr lange vor Trumps Golf-Dekret ist auch die Murnauer Ortsübersicht auf Maps im Umfeld der Schule an der Weindorfer Straße kreativ und sehr Staffelsee-Gymnasiums-affin überarbeitet worden: Von der Soller- zweigt nun die fiktive Tobias-Schürmer-Straße ab, benannt nach dem aktuellen Direktor, und von der Weindorfer Straße der Harald-Schweizer-Weg, für den ein Lehrer für Deutsch und katholische Religionslehre Pate stand. Und direkt an der Schuladresse Weindorfer Straße 20 findet sich unweit der „historischen Sehenswürdigkeit Amphitheater Murnau“ („rund um die Uhr geöffnet“), die „Sehenswürdigkeit“ Josef-Holzmann-Platz; Holzmann war bekanntlich Schürmers Vorgänger.

Direktor Schürmer spricht von „nettem Streich“

Der aktuelle Schulleiter reagiert mit Humor auf das Thema, das ihm „schon länger bekannt“ sei. „Wir haben dazu nichts weiter veranlasst. Es kann jeder für sich entscheiden, ob er sich geschmeichelt fühlt.“ Findige Schüler, meint er, „haben hier eine technische Lücke entdeckt“. Schürmer stuft die (Um-)Benennungen jedenfalls als „kleinen, witzigen Gag“ ein und empfand sie nicht als bösartig, als er davon erfuhr und sich ein eigenes Bild machte. „Ganz grundsätzlich werden Plätze und Straßen nach ehrwürdigen Personen benannt“, sagt er, und das Augenzwinkern klingt förmlich durch. „Eigentlich ein eher netter Schüler-Streich.“

Experte: Kartenmaterial lässt sich nicht komplett ändern

Er wirft jedoch eine Frage auf: Sind Manipulationen Tür und Tür geöffnet? Nein: „Es ist nicht so, als ließe sich das Kartenmaterial komplett ändern“, betont Jochim Selzer vom Chaos Computer Club, einer maßgebenden Nichtregierungsorganisation in allen Fragen der Computersicherheit, auf Tagblatt-Anfrage. Tatsächlich gebe es nur die Möglichkeit, einen „Point of Interest“, also eine Sehenswürdigkeit, auf einer dafür vorgesehenen Kartenebene hinzuzufügen „und möglicherweise durch fleißiges Klicken und Bearbeiten mit Prominenz zu versehen, sodass die Eintragungen deutlicher angezeigt werden“. Er verweist auf ein ähnliches Phänomen beim umbenannten „Golf von Mexiko“. Das habe einigen Menschen nicht gepasst, worauf sie diesen mit der beschriebenen Methode „rückbenannten“.

Achtung, „Sehenswürdigkeit“: Der „Josef-Holzmann-Platz“, der sehr nach Parkareal aussieht, soll einen Besuch wert sein.
Achtung, „Sehenswürdigkeit“: Der „Josef-Holzmann-Platz“, der sehr nach Parkareal aussieht, soll in Murnau einen Besuch wert sein. © Screenshot Google Maps

Manipulationen sind Grenzen gesetzt. Es sei nicht so, dass „jeder nach Belieben alte Straßen- und Plätzenamen aus dem Dritten Reich in Google Maps einfügen“ könne, „und alle bekämen sie sofort zu Gesicht“, erklärt Selzer. „Entsprechend entspannt sehe ich diese Möglichkeit.“ Er verweist auf die Option, Fehler an Google zu melden. „Wenn es also jemand zu bunt treibt, bekommt es Google spätestens anhand der Beschwerden mit.“

Wer die Haupt-Kartenebene ändern will, braucht mehr Einfluss als Schüler

Die offizielle Benennung der Haupt-Kartenebene ändere sich nicht ohne weiteres. „Um so etwas zu erreichen“, betont Selzer, „muss jemand schon etwas mehr Einfluss haben als ein zu Scherzen aufgelegter Schüler – der US-Präsident zum Beispiel.“

Achtung, „Sehenswürdigkeit“: Der „Josef-Holzmann-Platz“, der sehr nach Parkareal aussieht, soll einen Besuch wert sein.
Nicht nur Mayr-Graz, auch Harald Schweizer hat demnach in Murnau einen nach ihm benannten Weg bekommen. © Screenshot Google Maps

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