Wohnungsmangel in Deutschland: Warum Immobilienbesitzer ihre Wohnungen leerstehen lassen
In Deutschland fehlen 800.000 Wohnungen, während rund 2 Millionen Wohnungen leer stehen. Woran liegt es, dass viele Immobilienbesitzer ihre Wohnungen lieber ungenutzt lassen, statt sie zu vermieten?
München – Die Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt ist angespannt. Während es in einigen ländlichen Regionen viel leerstehenden Wohnraum gibt, wird danach in Städten händeringend gesucht. Deutschland befindet sich in einer Wohnungskrise, die sowohl auf den mangelnden Neubau als auch auf den Leerstand von Wohnungen zurückzuführen ist.
In Deutschland herrscht Wohnungsnot: 800.000 Wohnungen fehlen
800.000 Wohnungen fehlen bundesweit laut einer Studie des Hannoveraner Pestel-Instituts. Die Suche nach einer erschwinglichen Wohnung gestaltet sich für viele Menschen immer schwieriger. Eigentlich plante die Ampel-Koalition den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Doch von diesen Zahlen ist Deutschland weit entfernt.
Es wurden deutschlandweit auch mehr Wohnungen genehmigt, als tatsächlich gebaut wurden – daher soll noch mehr Neubau zugelassen werden, weitere Freiflächen bebaut werden. „Weil die genehmigten Wohnungen nicht unbedingt dort sind, wo sie gebraucht werden. Es gibt schließlich auch zwei Millionen leerstehende Wohnungen in Deutschland, die aber niemand haben will“, erklärt der bayerische Bauminister Christian Bernreiter im Gespräch mit Wiwo. Eine Million Menschen seien neu nach Bayern gekommen, in den nächsten Jahren erwartet er noch einmal die gleiche Anzahl – und für die gibt nicht genügend Wohnraum, klagt der Minister.
Dabei steigt der Flächenverbrauch in Bayern massiv an: Dem Landesamt für Statistik zufolge werden täglich durchschnittlich 12,2 Hektar Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke verbaut oder zubetoniert, schreibt die SZ. Pro Tag wurden letztes Jahr daher rund 17 Fußballfelder versiegelt.
Jede 23. Wohnung steht leer: „Ein Hin und Her wie beim Heizungsgesetz darf es nicht mehr geben“
Laut einer Analyse des Statistischen Bundesamts steht in ganz Deutschland jede 23. Wohnung leer – rund 1,9 Millionen Wohnungen werden aus unterschiedlichsten Gründen nicht benutzt. Die hohen Leerstandsquoten zeigen, wie sehr der Immobilienmarkt in Deutschland gespalten ist: Während es in den Ballungszentren enormen Wohnungsmangel gebe, stünden in vielen ländlichen Regionen Immobilien leer. Ein Grund dafür ist, dass Immobilienbesitzer vor der Sanierung ihrer leerstehenden Wohnung zurückschrecken. „Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett – also aufwendig und damit teuer – saniert werden“, erklärt Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts.
Immobilienbesitzer seien auch von der Politik verunsichert worden: „In ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen. Es fehlt einfach die politische Verlässlichkeit“. Ein Beispiel sei das Heizungsgesetz – so ein Hin und Her dürfe es nicht mehr geben. Viele Immobilienbesitzer fragen sich, welche Heizsysteme ab 2024 noch zulässig sind, denn bei „falschem Heizen“ sollen hohe Strafen drohen. In München stünden laut Pestel-Institut rund 22.400 Wohnungen leer, der Großteil davon sogar schon seit einem Jahr oder sogar länger. Günthers Fazit: „Am Neubau von Wohnungen führt daher auch in München kein Weg vorbei.“

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„Bis hin zur Normalität bleibt es ein langer Weg“: Steuer-Senkungen für Erstkäufer finden keine Mehrheit
Der bayerische Bauminister Christian Bernreiter will außerdem weg von Anforderungen, „die das Bauen unnötig verteuern – etwa beim Schallschutz oder bei den Energiestandards“. Die Senkung der Grunderwerbssteuern, um Immobilien leistbarer zu machen, winkt er ab: „Bayern hat im Bundesrat mehrfach den Vorschlag eingebracht, die Grunderwerbsteuer für Erstkäufer und Selbstnutzer auf null zu senken“. Dies habe jedoch keine Mehrheit gefunden.
Auch wenn in großen Städten, Grundstücke unbebaut bleiben, um später größere Gewinne zu erzielen, mahnt Bernreiter vor einem zu starken Staat – dieser solle sich nicht allzu sehr in die Eigentumsverhältnisse der Bürger einmischen. „Wir als Staat müssen aufpassen, nicht zu stark in die Besitzverhältnisse der Bürger einzugreifen. Wir können niemanden verpflichten, Wohnungen zu bauen und dann unter Preis zu vermieten“. Er hofft in Hinblick auf eine neue Bundesregierung im nächsten Jahr, dass es wieder zu „mehr Verlässlichkeit und Planungssicherheit“ kommt. Denn: „Bis hin zur Normalität bleibt es ein langer Weg“.