Baubranche rechnet hart mit der Ampel ab: „Wohnungspolitik ist krachend gescheitert“

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In dieser Woche sollte eigentlich das Wachstumschancengesetz endlich beschlossen werden. Ob ein Kompromiss gelingt, ist noch völlig offen. Die Baubranche rechnet mit der Ampel ab.

Berlin – Wenn in dieser Woche das Wachstumschancengesetz wieder auf den Tisch des Bundesrats kommt, dann geht es für die Baubranche weniger um das, was ihnen das Gesetz bringen würde. Vielmehr geht es um das Signal. Trotz einbrechender Wohnungsbauzahlen bei explodierenden Mietpreisen, einer schwachen Konjunktur und einer Reihe prominenter Insolvenzen in der Branche, ist noch immer nichts für die Bauindustrie getan worden. Und das sagt schon alles, was man wissen muss.

Wachstumschancengesetz muss beschlossen werden: Vertrauen steht auf dem Spiel

„Die Bundesregierung hat in letzter Zeit kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um Investitionen in den dringend benötigten Wohnungsneubau zu verhindern“, bringt es Steffen Mechter, Leiter des Geschäftsbereichs Bau bei der BayWa AG, auf den Punkt. „Die Verunsicherung in der Bau- und Immobilienwirtschaft ist nach wie vor groß, zahlreiche Insolvenzen sind leider bereits zu verzeichnen. Eine Einigung im Streit um das Wachstumschancengesetz wäre daher ein wichtiges politisches Signal an die Branche, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, sagt er dieser Redaktion.

Das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung ist ein Vorhaben, das nur noch auf die Zustimmung der Union im Bundesrat wartet. Diese nutzt das Gesetz aber aktuell als politisches Druckmittel gegen die Ampel-Koalition und will vor allem Entlastungen für die Landwirte raushandeln. Am 22. März könnte das Gesetz, das sehr viele steuerliche Entlastungen für Unternehmen vorsieht, beschlossen werden. Für die Baubranche ist insbesondere die sogenannte „degressive Afa“ von Bedeutung. Afa steht für „Absetzung für Abnutzung“. Mit der degressiven Afa (im Gegensatz zur aktuell gültigen linearen Afa) kann der Käufer einer neu fertiggestellten Immobilie über einen längeren Zeitraum einen größeren Anteil der Investitionssumme steuerlich abschreiben. Damit wird das Investieren in eine Immobilie attraktiver gemacht, das ist zumindest die Idee.

Schon seit September 2023 warten viele Investitionswillige auf die degressive Abschreibung. Es wäre eines dieser Maßnahmen, um die Bautätigkeit anzuregen, wie es uns zu Zeiten der Wiedervereinigung bereits erfolgreich gelungen ist“, sagt Thomas Reimann, Präsident des hessischen Baugewerbes, zu Ippen.Media. Es sei kein Allheilmittel für die „ohnehin stark gebeutelte Bauwirtschaft“, betont er. „Ich bin davon überzeugt, dass sich der Markt beleben lassen und die degressive Abschreibung als verlässliches und zukunftsorientiertes Signal der Regierung interpretiert werden würde.“

„Wohnungspolitik der Bundesregierung krachend gescheitert“

Dem schließt sich auch der BayWa-Chef an: „Die Einführung der degressiven Afa würde die Planungssicherheit für Investoren erhöhen und dazu führen, dass wieder mehr Wohnungsbauprojekte in Angriff genommen werden“, sagt Steffen Mechter. „Darüber hinaus sind Reformen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren unabdingbar, damit in Deutschland wieder mehr und ausreichend Wohnungen gebaut werden.“

Solche Vorhaben sind schon in der Planungsphase – kommen aber nicht weiter voran. Nach Angaben des zuständigen Bauministeriums befinden sich die Maßnahmen des im September angekündigten „Bau-Turbos“ in der Ressortabstimmung.

Wohnungsbau in Berlin
Ein Baukran arbeitet an einer Hochhaus-Baustelle vor der Kulisse des Berliner Fernsehturms. © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Tim-Oliver Müller, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Bauindustrie, geht mit der Ampel-Politik angesichts der immer wieder stockenden Umsetzung von Vorhaben hart ins Gericht: „Stand heute gehen wir davon aus, dass im laufenden Jahr nur noch 220.000 bis 230.000 Wohnungen fertiggestellt werden. Ohne Trendwende werden es im Wahljahr 2025 nur noch etwa 200.000 Wohnungen sein. Dann wäre die Wohnungspolitik der Bundesregierung krachend gescheitert.“ Eigentlich hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem Ziel verschrieben, pro Jahr 400.000 Wohnungen bauen zu lassen. Stattdessen ist offenbar genau das Gegenteil passiert.

Müller sieht aber nicht nur die aktuelle Bundesregierung in der Schuld. In einer aktuellen Mitteilung erinnert er daran, dass schon 2015 die Baubranche auf weniger Vorschriften und Vorgaben gepocht hatte. „Hier hat sich bis heute nichts bewegt. Den vollmundigen Worten müssen nun endlich Taten folgen“, so Müller.

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