Versichert – auch ohne Busticket: Was Fahrgäste wissen müssen

Stellt euch vor: Ihr sitzt im Bus, habt euer Ticket vergessen – und plötzlich passiert ein Unfall. Bin ich jetzt versichert? Diese Frage höre ich als Fahrer seit Jahren immer wieder. Die Antwort: Ja, natürlich!

Sicherheit geht vor Ticketkontrolle

Wir sind nicht nur für die Beförderung zuständig, sondern vor allem für die Sicherheit aller Menschen im Bus. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand ein Ticket in der Tasche hat oder ob er ausnahmsweise ohne Fahrschein mitfährt. Die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung unserer Verkehrsunternehmen schützt alle Fahrgäste gleichermaßen. Kommt es zu einem Unfall, übernimmt sie die Kosten für Behandlung, Schmerzensgeld oder Folgeschäden. Das Ticket ist dafür vollkommen irrelevant.

Martin Binias, bekannt als „Herr Busfahrer“, ist Influencer und aktiver Busfahrer. Mit Humor und Reichweite macht er den ÖPNV nahbar, schafft Verständnis für den Berufsalltag und wurde mehrfach ausgezeichnet. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Wann die Haftpflichtversicherung einspringt – und wann nicht

Die Haftpflicht des Unternehmens greift fast immer, wenn ein Fahrgast im Zusammenhang mit dem Betrieb des Busses zu Schaden kommt, beispielweise bei Unfällen... 

... im Bus durch Kollision, Bremsung oder Fahrfehler.

... beim regulären Ein- oder Ausstieg an der Haltestelle.

... beim Ausstieg außerhalb einer Haltestelle, aber die Haftung kann zwischen Bus, Fahrgast und Dritten aufgeteilt werden.

Doch es gibt einige Ausnahmen und Sonderfälle, die man kennen sollte:

  • Sturz ohne Fremdeinwirkung im Bus, beispielsweise wenn man sich nicht festgehalten hat oder zu früh aufgestanden ist. Hier kann die Haftpflicht entfallen, sodass der Fahrgast die Verantwortung trägt.
  • Höhere Gewalt wie beispielsweise Naturkatastrophen, obwohl seit 2002 meist trotzdem die Haftung bestehen bleibt.
  • Vorsätzliches Fehlverhalten oder grobe Fahrlässigkeit von Fahrgästen.

Das heißt: Im Normalfall seid ihr abgesichert, auch wenn mal kein Fahrschein vorliegt. Lediglich bei eigenverursachten Stürzen oder sehr außergewöhnlichen Situationen kann es Einschränkungen geben.

Beim Aussteigen: Schutz bleibt bestehen

Immer wieder werde ich gefragt, was beim Ein- und Aussteigen gilt – gerade wenn es einmal hektisch wird oder Fahrgäste außerhalb der Haltestelle aussteigen möchten. Grundsätzlich gilt: Der Versicherungsschutz deckt auch diesen Bereich ab, solange ihr euch noch im sogenannten Beförderungsbereich befindet. Natürlich raten wir dazu, reguläre Haltestellen zu nutzen, weil dort die Sicherheit am größten ist. Aber selbst in ungewöhnlichen Situationen bleibt der Schutz bestehen – auch wenn die rechtliche Verantwortung auf mehrere Beteiligte verteilt sein kann.

Wir tragen Verantwortung – gemeinsam

Jeder Fahrgast vertraut darauf, dass wir ihn sicher ans Ziel bringen. Das nehmen wir sehr ernst. Aber auch ihr als Fahrgäste habt eine Verantwortung. Wer zu früh aufsteht, sich nicht festhält oder riskante Situationen eingeht, gefährdet sich selbst. Gerichte haben mehrfach bestätigt, dass in solchen Fällen eine Mitschuld vorliegt. Deshalb mein Appell: Haltet euch fest, bleibt sitzen, bis der Bus steht – helft uns, für eure Sicherheit zu sorgen.

Was passiert im Ernstfall?

Kommt es zu einem Unfall, prüfen Versicherungen und gegebenenfalls Gerichte, wie es dazu kam. Mussten wir zum Beispiel stark bremsen, um einen Zusammenstoß zu verhindern, trifft uns keine Schuld – aber der Versicherungsschutz für euch greift selbstverständlich trotzdem.

Die Rechte von Busfahrgästen sind europaweit durch die EU-Verordnung Nr. 181/2011 geschützt. Sie garantiert Entschädigung bei Verletzungen oder Todesfällen, aber auch praktische Hilfe wie ärztliche Versorgung, Unterkunft oder Weiterbeförderung. Das bedeutet: Ihr könnt euch darauf verlassen, dass nicht nur wir Fahrerinnen und Fahrer, sondern auch das gesamte System hinter euch steht.