Jobcenter digital: Neue App statt Postbote
Über die Digitalisierung der Behörden wird oft und meist zurecht gewitzelt. Beim Jobcenter ließ man sich davon allerdings nicht weiter verunsichern und stellte jetzt eine App für die Kunden vor. Die spart Zeit, Geld und Nerven, verspricht Geschäftsführer Jan Riediger.
Landkreis - Nach dem Job-Turbo im vergangenen Jahr kommt heuer der App-Turbo im Jobcenter des Landkreises. Seit 14. Januar ist ein kostenloses Programm für alle gängigen Smartphones erhältlich, das künftig die Kommunikation zwischen dem Jobcenter und seinen Kunden deutlich vereinfachen und beschleunigen soll.
Jan Riediger, der Geschäftsführer des Jobcenters Weilheim-Schongau, hat die App maßgeblich mitentwickelt. Er vertrat Bayern im Kreis der bundesweit zehn ausgewählten Jobcenter. Dementsprechend begeistert ist er von den Möglichkeiten, die das Programm bietet.
Kompletter Schriftverkehr per App
Herunterladen kann sich die App prinzipiell jeder. Der volle Funktionsumfang steht logischerweise allerdings nur den Kunden des Jobcenters zur Verfügung. Diese müssen sich registrieren, erhalten dann im Jobcenter oder per Post den Freischaltcode und können anschließend ihren gesamten Schriftverkehr mit dem Jobcenter über die App abwickeln.
Diese basiert auf dem schon seit einigen Jahren betriebenen Digital-Angebot des Jobcenters, erklärt Riediger. „Einige hundert“ Kunden hätten bislang davon Gebrauch gemacht. Jetzt, da die App verfügbar ist, brauche man allerdings nicht mehr wie bisher einen PC dafür, sondern könne alles ganz leicht mit dem Handy erledigen.

Er gibt ein Beispiel: Wenn ein Bürgergeld-Empfänger umgezogen ist, war es bislang so, dass er in einem Brief aufgefordert wurde, den neuen Mietvertrag und die neue Meldebescheinigung einzureichen. Bis dieser Brief beim Empfänger eintraf, konnten gut und gerne drei Tage vergehen, so der Chef des Jobcenters. Anschließend musste der Betroffene die Unterlagen zusammensuchen, kopieren lassen und wieder zurück ans Amt schicken. Dafür hatte er 14 Tage Zeit. Weitere Zeit ging auf dem Postweg verloren, bis der Brief im Jobcenter ankam. Dort wurde die Post gesammelt und einmal pro Tag von einem Dienstleister abgeholt, der die Korrespondenz irgendwo einscannte und digital ans Jobcenter übermittelte.
Im besten Fall, rechnet Riediger vor, dauerte es zehn Tage zwischen dem Schreiben der Aufforderung und dem Moment, in dem der Sachbearbeiter die Antwort des Kunden bearbeiten kann. Mit der App sehe das jetzt ganz anders aus. Der Sachbearbeiter schickt dem Kunden die Nachricht aufs Handy, welche Unterlagen er braucht. Eine Push-Mitteilung auf dem Bildschirm weist darauf hin. Der Kunde muss dann nur noch mit dem Handy in der App ein Foto von den gewünschten Unterlagen machen, das Bild hochladen und senden.
Es wird nicht nur Zeit, sondern auch Geld gespart
Im Idealfall hat der Sachbearbeiter so nach einer Viertelstunde statt nach zehn Tagen die nötigen Unterlagen vorliegen. Sowohl der Kunde als auch das Jobcenter spart dadurch nicht nur eine Menge Zeit, sondern auch bares Geld für Papier, Kopien, Porto und Dienstleister.
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Kein Wunder, dass Riediger und seine Kollegen nun großen Wert darauf legen, dass das Angebot auch genutzt wird. Dabei gilt zwar, dass derjenige, der einmal auf die App und das Digitalangebot umgestellt ist, künftig keine Post mehr vom Jobcenter, sondern ausschließlich über die App angeschrieben wird. Wer dennoch einen Ausdruck benötigen würde, bekäme auf Nachfrage natürlich dennoch einen direkt beim Jobcenter.
Ab Anfang Februar keine Mails mehr
Für das Jobcenter gehe es aber nicht nur darum, künftig weniger Briefe zu verschicken. Auch die gute alte E-Mail wird ausgemustert. Bislang, so Riediger, seien pro Monat rund 1000 E-Mails von Kunden eingegangen. „Mal ganz abgesehen davon, dass es sehr unsicher ist, vertrauliche Unterlagen per Mail zu verschicken, hatten wir bislang eine Mitarbeiterin, die nahezu ausschließlich damit beschäftigt war, die Mails in die elektronischen Akten zu übertragen“, so Riediger.
Deswegen nimmt das Jobcenter ab Anfang Februar keine Mails mehr von seinen Kunden an. Ein Rundschreiben informiert die rund 3000 Betroffenen derzeit darüber, beigelegt ist ein Prospekt mit Informationen und Hilfen zur Installation und Einrichtung der App. Mit dieser haben die Nutzer in Zukunft alle Unterlagen und Bescheide an einem zentralen Ort liegen, auf den nur sie immer Zugriff haben.
Er betont, dass es keinen Zwang zur App-Nutzung gibt. Wer kein Smartphone hat oder es nicht wünscht, könne nach wie vor auch postalisch mit dem Jobcenter kommunizieren. Aber ein Großteil der Kunden, so hofft er, würden in Zukunft auf die App setzen, die immer weiterentwickelt wird.
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