Luftunterstützung für die Ukraine: Holt Polen bald russische Raketen vom Himmel?

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Polen erwägt, russische Raketen über der Ukraine abzuschießen – noch ist man sich aber nicht einig. Ein Zwischenfall im März war wohl der Auslöser.

Warschau – Polen erwägt die Möglichkeit, russische Raketen über der Ukraine mithilfe seiner Luftabwehrsysteme abzuschießen. Das Land musste in der Vergangenheit bereits Kampfjets zum Schutz seines Luftraums vor russischen Raketen einsetzen. Offenbar ist auch die Ukraine an Polen herangetreten, um den Einsatz polnischer Luftabwehrsysteme zum Abschuss russischer Raketen über ukrainischem Gebiet vorzuschlagen. Berichten zufolge beabsichtigt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, weitere Nato-Verbündete im nächsten Monat ebenfalls um solche Abschüsse zu bitten.

Die Diskussionen über dieses Thema begannen in Polen, nachdem im März eine im Ukraine-Krieg abgefeuerte russische Rakete in den polnischen Luftraum eingedrungen war. Das Geschoss drang in der Nähe der Stadt Oserdow für 39 Sekunden in den polnischen Luftraum ein.

„Frage wird aus rechtlicher und technischer Sicht geprüft“ – Bald Abschuss russischer Raketen durch Polen?

Jetzt erörtern polnische Beamte die rechtlichen Folgen eines Abschusses russischer Raketen über der Ukraine. Das sagte der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Pawel Wronski, am Mittwoch (22. Mai) gegenüber der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform. „Diese Frage wird aus rechtlicher und technischer Sicht geprüft, aber es gibt keine Entscheidungen in dieser Angelegenheit“, so Wronski weiter.

Der stellvertretende Außenminister Polens, Andrzej Szejna und der Sprecher des polnischen Außenministeriums Pawel Wronski (vl.).
Der stellvertretende Außenminister Polens, Andrzej Szejna und der Sprecher des polnischen Außenministeriums Pawel Wronski (vl.). © IMAGO/Marek Antoni Iwanczuk

Eine Bereitstellung der polnischen Luftabwehrsysteme für die Ukraine schloss der Sprecher des Außenministeriums hingegen aus. „In Polen wird darüber überhaupt nicht diskutiert. Es gibt keine Möglichkeit, dass das polnische Luftabwehrsystem außerhalb der Landesgrenzen steht“, sagte Wronski.

Stellvertretender Außenminister für Abschüsse – „wenn sie sich sehr nahe an der NATO-Grenze befinden“

Zuvor hatte der stellvertretende Außenminister Polens Andrzej Szejna erklärt, sein Land erwäge, russische Raketen abzuschießen, die sich seinen Grenzen nähern. „Die Nato prüft verschiedene Konzepte, darunter auch, dass solche Raketen abgeschossen werden sollten, wenn sie sich sehr nahe an der Nato-Grenze befinden“, so Szejna im März gegenüber dem polnischen Radiosender RMF FM. Das solle aber „mit dem Einverständnis der ukrainischen Seite und unter Berücksichtigung der internationalen Konsequenzen geschehen“.

Auch Jacek Siewiera, Leiter des polnischen Büros für nationale Sicherheit, hat sich bereits für solche Abschüsse ausgesprochen. „Bislang hatten wir damit ein großes Problem. Das liegt an den formalen Vorschriften, an den Entscheidungsprozessen und auch an einer gewissen Kultur der friedenserhaltenden Staaten“, sagte er Ende März laut dem US-Portal Newsweek.

Selenskyj beklagt seit längerem Luftabwehr-Mangel: nur „etwa 25 Prozent dessen, was wir brauchen“

Der US-Nachrichtenwebsite Politico zufolge beabsichtigt der ukrainische Präsident seine Nato-Verbündeten bald darum zu bitten, russische Raketen abzuschießen. In dem Bericht vom Mittwoch (22. Mai) hieß es, zwei ungenannte Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, hätten diese Aussage getroffen. Demnach wird Selenskyj die Bitte nach der Teilnahme an einer D-Day-Gedenkfeier in Frankreich im Juni und dem G7-Treffen in Italien vorbringen.

Selenskyj hat immer wieder einen massiven Mangel an Waffen zur Luftverteidigung seines Landes beklagt und fürchtet eine Ausweitung der russischen Offensive in der Ostukraine. Derzeit verfüge die Ukraine nur über einen Bruchteil der zu ihrer Verteidigung benötigten Luftabwehrsysteme, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Russland sei bei seiner Bodenoffensive im Raum Charkiw fünf bis zehn Kilometer weit vorgedrungen. Weitere Angriffswellen seien zu befürchten. Sein Land habe bei der Luftabwehr derzeit nur „etwa 25 Prozent dessen, was wir brauchen, um die Ukraine zu verteidigen“, so Selenskyj weiter. (tpn)

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