Aus tausenden, feinen Fäden: Ruth Gassner erschafft mit Nadel und Faden Kunst, die leuchtet

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Kreative Bilder aus tausenden, feinen Leuchtfäden erschafft Ruth Gassner in ihrem Atelier in Reichertshausen. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Früher betrieb sie eine Boutique in München, heute erschafft sie mit Nadel und Faden filigrane Gemälde: Ruth Gassner kreiert in ihrem Atelier in Reichertshausen Kunst aus tausenden Leuchtfäden.

Egling - Im Atelier von Ruth Gassner stapeln sich in einer Ecke mehrere Rollen bunten Stoffs. An Holzbrettern an der Wand hängen Knöpfe in unterschiedlichen Größen und Formen. Auf einem Schreibtisch am Fenster steht eine Nähmaschine. Alles Überbleibsel aus ihrer ersten Karriere als Designerin und Kostümbildnerin. Nun kreiert die Reichertshauserin, die in Hornstein aufgewachsen ist, dreidimensionale Kunst – aus tausenden leuchtenden Fäden.

Ihr aktuelles Bild ist mittig auf einem Holzkasten platziert: warm schimmernde, mehrere Zentimeter lange Fäden, die in alle Richtungen abstehen. Ameisenparade soll es heißen. Daneben steht Gassner, den Blick konzentriert auf ihr noch unvollständiges Werk gerichtet. „Das Licht vermittelt mir solch eine Freude“, schwärmt sie. Genau die will sie an die Betrachter ihrer Exponate weitergeben.

Eglinger Künstlerin Ruth Gassner: Jeder Arbeitsschritt entstand in langem Prozess

Als Hintergrund für ihr leuchtendes Garn verwendet die Künstlerin zum Teil Stoffe. „Stoffe liebe ich sowieso, außerdem habe ich noch viel davon übrig.“ Nadel und Faden sind bei der filigranen Arbeit Gassners Hauptwerkzeuge. „Im Grunde ist all das nicht weit weg von der Arbeit, die ich vorher gemacht habe“, erzählt sie. 28 Bilder hat sie bisher erschaffen. Weitere sollen folgen.

Jeden einzelnen Schritt des Entstehungsprozesses hat sich die Reichertshauserin selbst beigebracht, viel mit Materialien experimentiert. Nicht alles lief von Anfang an glatt. „Über jedem Arbeitsschritt brütete ich Monate, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war“, räumt sie ein. Einmal versuchte Gassner etwa, die Fäden mit einem Kleber zu fixieren – „danach war alles kaputt“.

Aus tausenden von Lichtfäden kreiert Gassner ihre Kunstwerke.
Aus tausenden von Lichtfäden entstehen in stundenlanger Arbeit filigrane Kunstwerke. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Fast ein Jahr dauerte es, bis sie vor ihrem ersten fertigen Werk stand. „Hinterher war ich echt stolz auf mich, das durchgezogen zu haben. Eigentlich bin ich sehr ungeduldig“, gesteht Ruth Gassner und grinst. „Aber ich war zu neugierig, was daraus entstehen könnte. Also blieb ich dran.“

Lichtkunst von Ruth Gassner: Früher betrieb Künstlerin Boutique in München

Inzwischen hat sie die passende Technik entwickelt. Davor hatte die Designerin lange eine Boutique in München betrieben. Dann kam Corona, ihr Geschäft brach ein. Sie mussten den Laden aufgeben. Ab diesem Zeitpunkt widmete Gassner sich intensiv ihren Lichtkunstexperimenten.

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Auf die war sie durch einen Zufall bereits im Jahr 2016 gestoßen. Damals bekam die Künstlerin von einem Freund einen leuchtenden Stoff geschenkt. „Ich fand das interessant und entwarf ein Kleid daraus.“ Kein einfaches Unterfangen: Zum einen ließ sich das Material schwer in Form bringen. Zum anderen wurde es durch die kleinen Leuchtelemente mit der Zeit heiß. „Es war nicht tragbar.“

Doch die kreative Frau hatte Feuer gefangen. Als sie versuchte, den Stoff aufzulösen, kamen einzelne Lichtfäden heraus. „Über Nacht kam mir plötzlich die Idee: Warum nicht versuchen, daraus ein Bild zu schaffen?“, erinnert sich Gassner. Gesagt, getan. Wenig später startete sie mit ihrem ersten Kunstwerk.

Künstlerin träumt von viel größeren Formaten

Ideen und Inspirationen dazu kommen ihr bis heute in unterschiedlichen Alltagssituationen: manchmal während sie sich im Garten mit Pflanzen beschäftigt, ein anderes Mal, wenn sie bereits an einem Bild arbeitet. Immer wieder kommen darin Vögel, Blumen und Blätter vor. „Wenn ich im Wald spazieren gehe, über mir das Blätterdach sehe, dazwischen den Himmel durchblitzen – das macht mich unglaublich glücklich“, schwärmt die Künstlerin. Betrachtet sie ihre Werke, wecken sie Erinnerungen an genau solche Momente.

In diesem Moment wurde mir klar, dass meine Bilder nicht wie billige Bastelei wirken – sondern wirklich etwas Besonderes sind.

Bisher verkaufte Ruth Gassner die bis zu 2,50 Meter langen Bilder an Privatleute. Aber sie träumt davon, ihre leuchtenden Exponate in viel größeren Formaten herzustellen. „Dazu müsste ich allerdings einen Galeristen finden, um das ausstellen zu können.“ Ruth Gassners erste Ausstellung fand im vergangenen Juli in München statt.

„Es war eine tolle Erfahrung“, schwärmt die Reichertshauserin. Sie sah, dass den Leuten ihre Arbeit gefiel. „In diesem Moment wurde mir klar, dass meine Bilder nicht wie billige Bastelei wirken – sondern wirklich etwas Besonderes sind.“ kof

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