„Sie haben gesagt, es herrsche Fachkräftemangel“: 22-Jähriger klagt über 50 Job-Absagen

Laurentin Klein (22) ist ein ausgebildeter Fachpraktiker für Bürokommunikation aus Neubrandenburg. Nachdem er seine Ausbildung in Potsdam im September 2024 abgeschlossen hatte, startete er mit viel Elan in die Bewerbungsphase

Doch nach 50 Bewerbungen, zwei Vorstellungsgesprächen und zwei Praktika als Tür-zu-Tür-Verkäufer und Callcenter-Mitarbeiter steht er sieben Monate später mit leeren Händen da. Er schildert dem „Nordkurier“ seine Enttäuschung: „In Potsdam haben sie gesagt, es herrscht ja Fachkräftemangel.“

„Ich frage nur nach dem absoluten Minimum“: Trotzdem will niemand Laurentin einstellen

In dem Bericht beteuert der 22-jährige Facharbeiter, dass er seine Ansprüche bereits heruntergeschraubt hat. Er sei bereit, sich in anderen Bereichen zu bewerben, Weiterbildungen zu besuchen und habe sich sogar im fast 30 Kilometer entfernten Neustrelitz nach Jobs umgesehen. „Ich frage nur nach dem absoluten Minimum“, erklärt Laurentin dem „Nordkurier“. 

Inzwischen gingen aber selbst die Stellenangebote vom Jobcenter zurück. Klein vermutet, dass seine Verbindungsperson im Arbeitsamt am Ende ihrer Möglichkeiten sei und bei den Arbeitgebern in Brandenburg keine Stelle für ihn existiere. Langsam wird auch das Geld knapp, das er vom Arbeitsamt und seiner Mutter erhält, gesteht er der Zeitung.

Das könnte der Grund für die vielen Absagen auf Bewerbungen sein

Eine Hürde bei Laurentins Jobsuche könnte seine Autismusspektrumstörung (ASS) sein. Er sagt dem „Nordkurier“, dass er am liebsten im Büro oder im Lager arbeiten würde und so wenig wie möglich direkten Kontakt mit Kunden haben will. Im Jahr 2023 hatten nur 30 Prozent der Menschen mit Autismus eine Festanstellung. Dabei können Firmen in vielen Bereichen von der Anstellung autistischer Menschen profitieren, meint Ursula Schemm vom IT-Dienstleister Auction.

Allerdings kann auch die schiere Masse von 50 Bewerbungen in nur sieben Monaten zum Problem werden. Laut einer Stepstone-Studie erhöht sich die Anzahl der Bewerbungen bei abnehmender Qualität. Die häufigsten Gründe für Absagen sind demnach:

  1. Bewerber verfügen nicht über die notwendigen Fähigkeiten.
  2. Berufserfahrung der Kandidaten ist unzureichend.
  3. Die Formatierung der Bewerbungsunterlagen ist fehlerhaft.
  4. Die eingereichten Unterlagen sind unvollständig.
  5. Lebensläufe weisen Lücken auf.
Fünf Bewerber warten auf ihr Interview.
Viele Bewerber: Laurentin vermutet, dass er wegen der großen Konkurrenz keinen Job findet (Symbolbild). Getty, Violeta Stoimenova

Biancas Bewerbung wegen Behinderung abgelehnt:  „Wer will bei jemandem kaufen, der so aussieht“

Eindeutiger ist der Fall von Bianca Moser aus Regen. Sie kämpft seit Oktober mit ihrer Jobsuche. Die 43-Jährige ist aufgrund einer missglückten Augenoperation auf einem Auge blind. Beim Vorstellungsgespräch bei einem örtlichen Metzger erfhielt sie eine Absage. Der Metzger kommentierte ihr Aussehen abfällig mit den Worten: „Wer will bei jemandem, der so aussieht, etwas kaufen.“

Sie besitzt einen Behindertenausweis. Trotz der Absagen will die ausgebildete Bürokauffrau nicht aufgeben und weiterhin nach Arbeit suchen. Der Grad ihrer Behinderung ist nicht bekannt.