Major Serhiy Laziuk ist für viele Familien in der westukrainischen Stadt Lwiw der Überbringer von tragischen Nachrichten. Als Mitarbeiter des ukrainischen Militärs ist es seine Aufgabe, Angehörigen mitzuteilen, dass ihre Söhne, Ehemänner oder Brüder im Krieg gefallen sind. Diese Aufgabe ist für ihn eine enorme emotionale Belastung. "Das Schwierigste ist, wenn die Menschen noch Hoffnung haben", sagt er gegenüber "The Telegraph".
Die Ukraine hat seit Beginn des Krieges gegen Russland hohe Verluste erlitten. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach zuletzt im Februar von mehr als 46.000 gefallenen Soldaten. Westliche Analysten schätzen die Zahl jedoch noch höher ein. Die Rekrutierung neuer Soldaten gestaltet sich zunehmend schwierig: Viele Männer im wehrfähigen Alter versuchen, einer Einberufung zu entgehen.
Rekrutierung unter schwierigen Bedingungen
Die ukrainischen Rekrutierungszentren stehen vor einer enormen Herausforderung. Während zu Beginn des Krieges viele Männer freiwillig in den Kampf zogen, ist die Bereitschaft inzwischen stark gesunken. Die sogenannte "Zwangsmobilisierung" ist zur Norm geworden. Militärpatrouillen durchkämmen Städte wie Lwiw auf der Suche nach Männern, die sich ihrer Wehrpflicht entziehen.
Einige Männer leben aus Angst vor der Einberufung in ständiger Isolation. So auch Mykola, ein 50-jähriger Mann aus Lwiw, der seit einem Jahr kaum sein Haus verlässt. Er hat seine Frau und seinen Sohn ins Ausland geschickt, um sie vor den Gefahren des Krieges zu schützen. "Ich vermisse meinen Sohn", sagt seine Frau Julia laut dem "Telegraph", "aber mein Gewissen ist beruhigt, weil ich weiß, dass er lebt und in Sicherheit ist."
Ein nie endender Kreislauf
Während viele Ukrainer versuchen, dem Krieg zu entkommen, gibt es auch ausländische Freiwillige, die sich dem ukrainischen Militär anschließen wollen. Zwei Männer aus Nordirland und China reisten kürzlich nach Lwiw, um sich den Streitkräften anzuschließen, so der "Telegraph".
Für Major Laziuk bleibt die Arbeit jedoch dieselbe: Er begleitet Familien nicht nur bei der Überbringung der Todesnachricht, sondern auch bei der Identifikation und Beisetzung ihrer Angehörigen. Selbst nach einem möglichen Ende des Krieges wird seine Aufgabe nicht abgeschlossen sein – es wird weiterhin Vermisste zu finden und gefallene Soldaten zu bergen geben. "Die Menschen haben weniger Angst, wenn ich da bin", sagt er und sieht seine Arbeit als Berufung.