Die Probleme im Pflegebereich nehmen zu. Das zeigt eine Umfrage, die im Auftrag des Landratsamtes unter Unternehmen durchgeführt wurde, die im Landkreis in diesem Bereich tätig sind. Lange Wartezeiten sind allzu oft die Folge.
Landkreis – „Das Ergebnis ist nicht sehr prickelnd“, stellte Dominik Spring, Leiter des AWO-Seniorenzentrums in Peiting, gleich zu Beginn seines Vortrags im Kreisausschuss klar. Im Auftrag des Landratsamtes waren alle Akteure im Landkreis, die im Pflegebereich tätig sind, angeschrieben worden. Die Rücklaufquote sei sehr gut gewesen, die Ergebnisse deswegen aussagekräftig und repräsentativ, so Spring.
Schlussendlich bestätigte sich, was viele Bewohner im Landkreis bereits wahrnehmen: Die Pflege hat Probleme. Insbesondere dann, wenn kurzfristiger Pflegebedarf besteht. Die Wartezeiten seien erheblich, erklärte Spring. Am schnellsten gehe es noch, wenn man einen Platz im Hospiz braucht. Hier lasse sich binnen einer Woche in der Regel eine Lösung finden. Auf den ersten Besuch eines ambulanten Pflegedienstes muss man im Schnitt drei Wochen warten, auf einen Platz in der Tagespflege vier Wochen. Genauso lange dauere es, bis „Essen auf Rädern“ erstmals geliefert werde.
Acht Wochen warten auf einen Kurzzeitpflegeplatz
Wirklich problematisch sind die langen Wartezeiten auf Kurzzeitpflegeplätze. Laut der neuen Umfrage dauert es im Schnitt acht Wochen, bis einer verfügbar sei. Das sei bei „planbaren“ Kurzzeitpflegeaufenthalten, etwa wenn die Familie, die normalerweise die Betreuung übernimmt, in den Urlaub fährt, kaum ein Problem, so Dominik Spring weiter. Oftmals werde eine Kurzzeitpflege aber direkt im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt nötig, weil die Patienten zwar nicht weiterbehandelt werden müssen, daheim aber auch noch nicht allein zurechtkommen. In solchen Fällen herrsche „großer Leidensdruck“ bei den Betroffenen und ihren Familien.
Für die Pflegeheime, die Kurzzeitpflegeplätze anbieten, sei das mit einem erhöhten Aufwand verbunden. „Die Verwaltungsarbeit ist die gleiche, ob ich nun jemanden für ein paar Tage in Kurzzeitpflege aufnehme oder für ein paar Jahre als Bewohner“, stellte Spring klar. Auf einen dauerhaften Platz im Pflegeheim wartet man übrigens noch länger – im Schnitt elf Wochen. „Wir haben bis zu 50 Leute auf der Wartelisten stehen, in anderen Einrichtungen sieht es ganz ähnlich aus“, berichtete der Leiter des AWO-Seniorenzentrums in Peiting.
Erweitern will fast niemand, eher Schließungen geplant
Abgefragt wurde in der Umfrage nicht nur die aktuelle Situation, sondern auch die Zukunftsperspektiven. Und auch da hatte Spring nicht viel Ermutigendes zu berichten. „Am ehesten planen noch die ehrenamtlichen Anbieter wie Nachbarschaftshilfen oder ,Essen auf Rädern‘ eine Erweiterung des Angebots“, sagte er im Sozialausschuss. Bei professionellen Anbietern werde eher mit dem Abbau von Kapazitäten in Zukunft gerechnet. „Vier gaben an, sie würden in absehbarer Zukunft ihr Angebot ganz einstellen.“
Die Gründe für die Krise in der Pflege seien wenig überraschend. Jeder verweise auf den zunehmenden Personalmangel, der die Hauptursache für die Probleme sei. Dazu stelle die Finanzierung die Betreiber von Pflegeeinrichtungen immer häufiger vor Probleme. Gerade die extrem lange Bearbeitungszeit von Sozialhilfeanträgen beim Bezirk mache den Pflegeheimen zu schaffen. Es könne gut und gern drei Monate dauern, bis die Zusage vom Bezirk kommt, solange müssen die Betriebe in Vorleistung gehen.
Scharfe Kritik an generalistischer Ausbildung
Die Probleme beim Personal seien nicht neu, aber groß. Spring kritisierte in diesem Zusammenhang die generalistische Ausbildung, die vor einigen Jahren eingeführt wurde. Dabei wird nicht mehr zwischen der Arbeit im Krankenhaus und im Pflegeheim unterschieden, die Auszubildenden werden für beide Einsatzfelder geschult. Dadurch würden die Pflegeheime ins Hintertreffen geraten, so Spring. „Im Vergleich zu den Krankenhäusern sind wir chancenlos, was die Eingruppierung angeht“, räumte er ein. Dort gebe es mehr und oft bessere Karrierechanchen.
Die generalistische Ausbildung würde viele Auszubildende auch überfordern: „An den Heimerer-Schulen in Schongau haben 32 die Ausbildung begonnen, zwölf haben sie beendet“, sagte er im Sozialausschuss. Am Geld liege es mittlerweile nicht mehr: „Die Verdienstmöglichkeiten sind gut, nach Ausbildungsende lockt ein Einstiegsgehalt auf Spitzenniveau. Und die Gewissheit, eine sinnvolle, schöne Tätigkeit zu haben.“
Babyboomer scheiden demnächst aus
Die Befragten befürchten dennoch , dass sich die Personalnot in den kommenden Jahren noch deutlich verschlimmern werde. „Da muss man sich nichts vormachen: Das System ruht gerade auf den Schultern der Babyboom-Generation“, so Spring. Die seien immer da, stabile und zuverlässige Arbeitskräfte. Doch genau diese Mitarbeiter gehen nach und nach in den Ruhestand. „Und da kommt nicht viel nach, so ehrlich muss man sein. Es ist unklar, wer die Pflegekräfte von heute in einigen Jahrzehnten pflegen soll.“
Ohne die Integration von ausländischen Arbeitskräften gehe es schon heute nicht mehr. Doch „die Behörden sind uns da keine Hilfe“, stellte Spring klar. Schon kleine Fristversäumnisse bei Visa würden hart geahndet.