Der Aufschrei war groß, als der Freistaat bei der Förderung der Landschaftspflege Einschnitte verkündete: Auch der hiesige Landschaftspflegeverband ist von Kürzungen betroffen. Projekte im Landkreis müssen deshalb aber nicht aufgeschoben werden – noch nicht.
Eberfing – An einem Hang zwischen Gossenhofen und Eberfing befindet sich eines der Projekte, deren Pflege der hiesige Landschaftspflegeverband (LPV) vermittelt hat. Den rund 1,5 Hektar großen Magerrasen im Angerbachtal mäht Landwirt Josef Gattinger aus Tradlenz (Obersöchering) seit rund drei Jahren. Das ist eine schweißtreibende Angelegenheit. Denn am Abhang kann er nur mit einem kleinen per Hand geführten Motormäher oder direkt per Handarbeit mähen. „Für mich ist das ein idealer Ausgleich zur Arbeit auf dem Schlepper“, sagt Gattinger. „Ein anderer Landwirt hat mir mal erzählt, für ihn sei das so etwas wie Seelenhygiene“, sagt Christian Niederbichler, Mitarbeiter beim LPV. Gemäht wird in der Regel einmal pro Jahr, gedüngt wird nicht.
Gattinger ist einer von einer Handvoll regelmäßig für den LPV arbeitenden Landwirten. Der LPV ist quasi eine Art Vermittler, der ökologisch hochwertige Fläche sucht, die einer Pflege bedürfen und einen Pflegeplan mit dem Landwirt entwickelt; er tritt an den Besitzer heran und vermittelt dann auch jemanden, der diese Pflege übernimmt. Diese Arbeit wird dann vom Freistaat aus dem Topf für Landschaftspflege und Naturparks finanziert. Ziel ist es, mehr ökologisch hochwertige Flächen zu schaffen. Der Besitzer der Fläche muss nichts zahlen (siehe auch Kasten).
Das Interesse an diesem relativ neuen Förderinstrument hat die Staatsregierung offenbar überrascht. Denn zum Jahresende 2024 verkündete sie, dass 2025 „nur noch bereits beantragte und bewilligte Projekte“ gefördert werden. Für weitere Vorhaben sei so gut wie kein Geld mehr da. Bayernweit stehen heuer 31 Millionen Euro für die Landschaftspflegeverbände zur Verfügung.
Der hiesige LPV gibt pro Jahr etwa 100 000 Euro für jeweils zwischen 30 und 40 neue Projekte aus. Aktuell laufen rund 70 dieser Vorhaben, die durch die landwirtschaftlichen Standard-Förderprogramme zur Wiederherstellung nicht abgedeckt würden, weil viel zu aufwendig. Würde nichts geschehen, würde die Landschaft verbuschen. Deshalb appelliert Haupt auch an den Landtag, wieder ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen.
Pflegeverband hat Rücklagen
Den Förderstopp für neue Vorhaben, der quasi über Nacht gekommen sei, bedauert natürlich auch Christian Haupt, der Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes. Allerdings müsse im Landkreis deswegen noch kein neues Projekt abgeblasen werden. Denn der Verband verfüge über Rücklage. „Natürlich hoffen wir, dass der Förderstopp aufgehoben wird“, so Haupt. „Der Landkreis ist einzigartig und wir pflegen wir die Kronjuwelen“, so der Geschäftsführer. Flächen im Landkreis, die ökologisch aufwertbar sind, gibt es laut Haupt genug. Rund ein Prozent der knapp 1000 Quadratkilometer Landkreisfläche biete sich dafür an. Kommunen oder private Grundbesitzer können damit auch ihr Ökokonto aufbessern.
Auf nicht intensiv genutzten Flächen wie Magerrasen oder Streuwiesen gedeihen seltene Pflanzen wie Flockenblume und Labkraut oder Hirschwurz und Graslilie, die wiederum – seltene – Insekten anlocken. Niederreiter schätzt, dass auf einer Streuwiese etwa 30 verschiedene Arten pro 20 Quadratmeter blühen. Allein zwischen 1950 und heute sind bundesweit etwa 95 Prozent dieser Flächen verloren gegangen – entweder wurden sie überbaut oder landwirtschaftlich genutzt.
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Um mehr dieser Flächen ökologisch aufzuwerten, braucht es nicht nur die Förderung durch den Freistaat, sondern auch das Engagement des Landkreises und seiner Städte und Gemeinden. Denn der Landkreis zahlt jedes Jahr 0,50 Euro pro Einwohner, als knapp 70 000 Euro, für die Arbeit des Pflegeverbandes, der auch als Untermieter ein Büro in einem Landratsamtsgebäude hat. Die Städte und Gemeinden wiederum zahlen 0,30 Euro pro Einwohner. Aktuell sind rund zwei Drittel der 34 Kommunen Mitglied im LPV. Zu den Gründungsmitgliedern zählt auch die Gemeinde Eberfing, der auch das erwähnte Grundstück zum Teil gehört.
Der Pflegeverband
Der hiesige Landschaftspflegeverband (LPV) wurde 2019 gegründet. Er ist ein Zusammenschluss von Landwirten, Naturschützern und Kommunen. Oberes Prinzip ist Freiwilligkeit, kein Grundeigentümer ist verpflichtet zur Zusammenarbeit. Der LPV sieht sich als Vermittler zwischen den Interessengruppen, er selbst kauft auch keine Grundstücke. Er beantragt Fördergelder und beauftragt Landwirte vor Ort mit der Pflege. Der neunköpfige Vorstand, der die Arbeit kontrolliert, ist besetzt mit je drei Vertretern aus Politik, Landwirtschaft und Naturschutzverbänden. Ziel ist „die Bewahrung und Entwicklung des unverwechselbaren Charakters der Landschaft und der biologischen Vielfalt im Landkreis“. jt