Befindet sich die Presse am Scheideweg? Podiumsdiskussion zu Medienvielfalt, Nutzung und Fake News

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Diskutierten zum Thema „Presse am Scheideweg – Demokratie in Gefahr“ v.l.: Andreas Schales, Michaela Breuninger, Werner Kohlhoff, Maxi, Sarah und Moderator Burkhard Arnold. © Manfred Schilder

Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Presse am Scheideweg“ wurde beleuchtet, wie sich unterschiedliche Generationen informieren, wie man sicherstellt, keine Fake News zu konsumieren und welche Veränderungen und Herausforderungen die Medienwelt beschäftigen.

Memmingen – Rund um das Thema „500 Jahre Freiheitsrechte“ gibt es eine Vielzahl von modernen Aspekten zu Fragen, was wir heute unter Freiheit verstehen und wie wir Freiheit empfinden. In der von der Volkshochschule Memmingen organisierten Veranstaltung ging es um die Pressefreiheit und um ein verändertes Medienverhalten der jungen Generation, das zusammen mit der Digitalisierung und der Verbreitung von Fake News den Journalismus vor neue Herausforderungen stellt.

Wie bleibt die Presse glaubwürdig, wenn digitale Plattformen die Informationswelt dominieren? Welche Folgen hat der Rückgang klassischer Medien – wie Zeitungen und öffentlich-rechtliche Sender – für unsere Demokratie?

In einer rund zweistündigen Podiumsdiskussion im Antoniersaal wurden diese und weitere Fragen erörtert. Michaela Breuninger, Redaktionsleiterin des Memminger KURIER, die kurzfristig für die erkrankte Maike Scholz von der Memminger Zeitung eingesprungen war, Andreas Schales von Hitradio RT1 Südschwaben und der renommierte Berliner Journalist und Autor Werner Kolhoff diskutierten zusammen mit Sarah und Maxi, Schülerin und Schüler der Memminger Fachakademie für Sozialpädagogik, über die Zukunft des Journalismus und die Bedeutung einer vielfältigen Medienlandschaft. Moderiert wurde die Runde von Burkhard Arnold, dem Vorsitzenden der Europa-Union Memmingen.

Zu Beginn teilten Sarah und Maxi ihre Perspektive auf die Medienwelt. Dabei wurde deutlich, dass Medien eine wichtige Rolle im Leben junger Menschen spielen, allerdings treten klassische Medien, wie die gedruckte Zeitung, zugunsten digitaler Medien zunehmend in den Hintergrund.

Michael Trieb, Leiter der Memminger Volkshochschule, begrüßte die Gäste und stellte die Diskutanten auf dem Podium vor. Er skizzierte den aktuell stattfindenden Umbruch in der Medienwelt, die zunehmende Verrohung der Gesellschaft im Umgang mit Journalistinnen und Journalisten und damit die Motivation zur Durchführung der Podiumsdiskussion.

Burkhard Arnold führte in die Thematik ein: „Wir wollen heute Abend drei große Blöcke thematisieren: Medienvielfalt und -nutzung, Presse- und Meinungsfreiheit und zukünftige Erwartungen an die Medien.“

Michaela Breuninger eröffnete die Runde und stellte fest, dass der Wandel in der Medienlandschaft – weg vom klassischen Printmedium hin zum digitalen Angebot – zu einer zunehmenden Konzentration der Verlage führen würde. Werner Kolhoff bestätigte das und führte aus, dass es in Deutschland aktuell nur noch zwanzig große, eigenständige Verlage gebe, während es vor wenigen Jahren noch an die 200 waren. Und auch die Auflagen der Printmedien seien deutlich zurückgegangen – von rund 18 Millionen vor circa 15 Jahren auf heute noch knapp zehn Millionen.

Podiumsdiskussion „Presse am Scheideweg“: In welche Richtung geht die Zukunft der Printmedien?

Kohlhoff führte als Beispiel den Deutschunterricht seiner Frau, einer Lehrerin, an, die in einer dritten Klasse das Thema „Wörter, die mit ‚ung‘ enden“ durchgenommen habe. „Sie hat dazu verschiedene Bilder gezeigt, unter anderem das Bild einer Zeitung und gefragt, was das ist. Nur ein Junge hat die Zeitung gekannt, ohne wirklich zu wissen, worum es sich dabei handelt. Er habe gesagt: mein Opa hat so etwas“, so Kohlhoff. Zunehmend würden die Zeitungen auch digitale Angebote nutzen, die gedruckte Zeitung verschwinde immer mehr.

Michaela Breuninger sah das anders und führte aus, dass ihre Mediengruppe aktuell viele Millionen Euro in neue Drucksysteme investiere. „Printmedien sind definitiv nicht out“, so Breuninger. Andreas Schales, der unter anderem auch die Pressearbeit des FC Memmingen verantwortet, machte deutlich, dass verschiedene Generationen eine gänzlich unterschiedliche Mediennutzung praktizieren. So seien die jungen Menschen sehr stark auf Social Media und Streamingdienste fokussiert, während die ältere Generation durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Printmedien geprägt sei. Sarah gab dem grundsätzlich recht und bemängelte auch, dass sie zu viele unterschiedliche Medien-Optionen habe und die Auswahl dann oft schwerfalle.

Podiumsdiskussion zu Medienvielfalt, Nutzung und Fake News: Das Internet als Informationsmedium ohne gesicherte Quelle

Moderator Arnold nahm Bezug auf ein Interview mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, das er anlässlich seines Besuchs in Memmingen vor wenigen Wochen gegeben habe. Steinmeier habe dort gesagt, dass er eine wachsende Gefahr für die Demokratie durch die fundamentale Verschiebung der politischen Kommunikation sehe.

Die Debatte wandere von den Qualitätsmedien in die sozialen Netzwerke ab. In klassischen Medien gebe es Raum für Differenzierung, für das Abwägen von Vor- und Nachteilen. Die sozialen Medien hingegen funktionieren nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip, nach Ja oder Nein, so Steinmeier. Das sei eine riesige Herausforderung für die Demokratie. Ohne Regulierung werde es schwer, dem entgegenzuwirken.

Schales stimmte dem grundsätzlich zu, sah aber kaum Möglichkeiten, in den sozialen Medien zu regulieren, was bereits bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten heute schon geschehe. Allerdings habe sich die Medienwelt gerade in den letzten sechs Monaten fundamental verändert, was auf die Politik der Trump-Administration zurückzuführen sei.

Fake News seien damit Tür und Tor geöffnet, was auch für die beiden jungen Diskutanten eine große Herausforderung darstellte. Insofern werde auch der „Digital Service Act“ der EU begrüßt, der die Entfernung illegaler Inhalte erleichtert und die Grundrechte der Nutzerinnen und Nutzer schützt.

Podiumsdiskussion zu Medienvielfalt, Nutzung und Fake News: Umgang mit Medien schon in der Schule thematisieren

Der Blick in die Zukunft stellte die Frage in den Raum, ob es eine grundsätzliche Bildung in Medienkompetenz zum Beispiel an den Schulen brauche, um kritischer mit Informationen umgehen zu können. Gerade die beiden jungen Diskutanten begrüßten das grundsätzlich, da gegenwärtig dazu so gut wie nichts in den Schulen angeboten würde.

Mit einer Fragerunde aus dem Publikum schloss die spannende Diskussion, die fraglos nicht alle Facetten des Themas behandeln konnte, aber doch einen tieferen Einblick in eine veränderte Medienlandschaft gab.

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