Eine Apothekerin aus Thüringen sieht wegen eines viral gegangenen Videos üblen Gewaltdrohungen ausgesetzt. Anlass war ein auf Tiktok hochgeladenes Video eines Kunden, der bei Uta Mühle, die in dem Örtchen Georgenthal bei Gotha eine Apotheke betreibt, eine Salbe gekauft hat.
Kunde beleidigt Apothekerin wegen einer Hautcreme massiv
Der Mann beschwerte sich laut einem Bericht der "Pharmazeutischen Zeitung" (PZ) zunächst über die Beschriftung der Verpackung, die unter anderem in einer fremden Schrift bedruckt gewesen sei. Doch Stein des Anstoßes war dann, dass unter dem Preis der deutschen Apotheke von 10,53 Euro der Originalpreis des Produktes aus Griechenland auf die Packung gedruckt gewesen sei. Dort kostete das Medikament lediglich 2,28 Euro.
In den Video regte sich der Mann, der laut "PZ" "recht offensichtlich der rechten Szene" zugehörig sei, dann massiv auf und beleidigte die Apothekerin: "Diese Mistschweine! Da verdienen sie sowieso schon einen Haufen Geld mit kranken Leuten und dann wird man noch so verarscht", hieß es demnach in dem Video.
Weiter beschimpfte er Mühle und ihr Team als "Mistratten" und fügte an: "Sind Verbrecher. Sind Juden". Auch andere Kunden und Bewohner des Ortes hätten üble Kommentare gepostet.
Viele beleidigende Kommentare auf Tiktok
Laut dem Bericht ging der Beitrag dann viral und habe 32.000 Aufrufe und 174 Kommentare erhalten. Dabei hat der Ortsteil nur 2700 Einwohner. Es folgten weitere obszöne Beschimpfungen, Hasskommentare und sogar üble Gewaltaufrufe, wie die Frau auch gegenüber der "Thüringer Allgemeinen" berichtet.
Dabei kann die Pharmazeutin gar nichts für den Reimport. Das dem Kunden verkaufte Produkt sei das günstigste gewesen. Bei einem Preisvergleich im Internet ist das Produkt in deutschen Online-Apotheken für 7 bis 11 Euro zu erhalten. Für eine stationäre Apotheke war der Preis also nicht besonders hoch.
Der Reimporteur Eurimpharm, der das Produkt an die Apotheken liefert, bedauert den Fall. So sei das Aufdrucken des Verkaufspreises in einigen Ländern vorgeschrieben. "Bei rund 80 Prozent unserer Produkte setzen wir neue Faltschachteln ein, bei etwa 20 Prozent – wie in diesem Fall – ist dies rechtlich nicht möglich", so das Unternehmen. Dann werde der Preis überklebt. Der Unterschied beim Preis ergebe sich aus der Preisspannenverordnung.
Apothekerin Mühle empfindet das selbst als "Irrsinn", aber nehme daran teil, um Kunden günstigere Produkte anbieten zu können. Sie verkaufte also ein völlig legales Produkt - das zudem das günstigste für den Kunden war.
Apothekerin will "nicht kuschen" - aber im Notfall doch wegziehen
Doch aufgeben wolle die Frau eigentlich nicht. "Ich liebe meinen Beruf, ich will nicht kuschen", so Mühle zu "PZ". Die Pharmazeutin schult sogar andere Apotheker, wie man mit den Sorgen und Nöten von Kunden umgeht. Auch vor dem Vorfall schon hatte die Apotheke fast ausschließlich gute Bewertungen im Netz.
Apothekerin Mühle ist entsetzt, wie sich manche Leute radikalisiert hätten. Sie will nun zunächst Strafanzeige gegen die Verleumdung erstatten und würde dafür auch schwere Konsequenzen in Kauf nehmen. "Mein Anwalt sagt, eingeschmissene Scheiben könnten dann mein kleinstes Problem sein. Vielleicht könne ich dann nicht mehr hier leben. Aber dann ist das eben so", so Mühle zur "PZ". Der Thüringer Apothekerverband hat ebenfalls Strafanzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung gestellt, wie der Mitteldeutsche Rundfunk berichtet.