Das goldene Zeitalter ist in Bayern vorbei: Verband erwartet Stellenabbau-Lawine
In Bayern ist die Lage der Wirtschaft sehr ernst. 2024 wird die Wirtschaftsleistung schrumpfen, für 2025 erwartet der Verband steigende Insolvenzen und Stellenabbau.
München – Bei der Jahrespressekonferenz der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) waren Frust und Verzweiflung spürbar. vbw-Präsident Wolfram Hatz sprach in München von einer „Lawine“, die im kommenden Jahr auf Bayern zugerollt kommt. Stellenabbau, Kurzarbeit und Insolvenzen werden 2025 auf das Bundesland einfallen, so seine Erwartung. Sein eindringlicher Appell an die Politik: Die Wirtschaftswende unverzüglich einleiten.
Bayerns Wirtschaft rutscht in den Keller: Unternehmen melden Kurzarbeit an
Konkret warnt die vbw vor einem Wiederanstieg der Arbeitslosigkeit in Bayern. Eine Besserung der schlechten Wirtschaftslage sei nicht in Sicht, sagte Hatz in München. „Ich denke, dass es zu einem beschleunigten Arbeitsplatzabbau kommen wird.“ Laut der halbjährlichen Konjunkturumfrage des Verbands fehlen der Hälfte der Industrieunternehmen mittlerweile Aufträge, sodass etliche Firmen bereits Kurzarbeit beantragt haben: „Die Lawine, die sich hier losgemacht hat, rollt mit einer Gewalt auf uns zu, dass wir kein schönes erstes Quartal und wahrscheinlich kein schönes Jahr 2025 bekommen werden.“
Als einzige Branche habe in den ersten drei Quartalen der Einzelhandel ein Umsatzplus erzielt. „Alles andere geht in den Keller“, sagte Hatz. Der Konjunkturindex des Verbands sank im Vergleich zum Frühjahr von 87 auf 78 Punkten. Die vbw ist unter anderem Dachorganisation der Metallarbeitgeber in Bayern.

In diesem Jahr wird die bayerische Wirtschaftsleistung nach vbw-Einschätzung um 0,4 Prozent schrumpfen. Die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat würde damit schlechter ausfallen als im Bundesdurchschnitt, bedingt durch den überdurchschnittlichen Anteil der von der weltweiten Konjunkturflaute besonders hart getroffenen Industrie an der bayerischen Wirtschaftsleistung. Für 2025 erwartet die vbw Stagnation.
Bayerische Wirtschaft entsetzt: SPD und Grüne erkennen den Ernst der Lage nicht
Hatz warf SPD und Grünen vor, den Ernst der Lage zu verkennen. „Anzeichen für eine Besserung sind nicht in Sicht: Die Auftragseingänge sind schwach, die Standortbedingungen sind schlecht, und das außenwirtschaftliche Umfeld wird immer schwieriger.“ Kurzarbeit sei nur ein überbrückendes Hilfsmittel - „das hört ja irgendwann auf, dann stellen wir aus“, sagte der vbw-Präsident. Er könne aus eigener Erfahrung als Unternehmer in der Baubranche berichten: „Die Bauindustrie ist am Boden. Wir haben null Aufträge“, so Wolfram Hatz, sichtlich wütend.
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Bayern sei durch eine Kombination aus Konjunktur- und Strukturkrise in die Rezession gerutscht. Als strukturelle Faktoren nannte Hatz hohe Energiepreise, Bürokratie, hohe Lohnzusatzkosten sowie eine im internationalen Vergleich hohe Unternehmensbesteuerung. „Die neue Bundesregierung muss deshalb mit allerhöchster Priorität und viel Mut eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme angehen.“ Aber auch beim Thema Bürokratieabbau müsse es endlich vorangehen. „Für den Transport eines einzigen Windrads sind in Deutschland bis zu 150 Genehmigungen aus mehreren Bundesländern nötig, die Formulare machen oft über 100 Seiten aus.“
Das Land müsse wieder zu alten Tugenden zurückfinden: Fleiß, Disziplin und Leistungsbereitschaften seien das Gebot der Stunde. „Wir müssen weg von den unseligen Debatten über eine Vier-Tage-Woche, Null-Bock-Tage und überzogener Work-Life-Balance“, so der Unternehmer. „Mein Wunsch wäre es, dass die vielen Fleißigen wieder als Vorbilder gesehen werden – und nicht die Freizeitoptimierer.“
Wahl von Trump in den USA besorgt: Autoindustrie könnte abwandern
Abgesehen von der heimischen Politik blickt die vbw auch mit Sorge auf die Entwicklung in den USA nach der Wiederwahl Donald Trumps: „Die von Trump zu erwartende protektionistische Politik und insbesondere die angekündigten Zölle werden unsere Exporte bremsen.“ Sollten sie so kommen, wie Trump sie angekündigt hat, sei eine Abwanderung der heimischen Industrie, insbesondere der Autobranche, in die USA zu erwarten.
Die Herausforderungen verkennt der vbw dabei nicht. China, die USA unter Trump und Putin in Russland – all das sei nicht einfach. „Wir sitzen zwischen Verrückten“, resümierte der Verbandspräsident. Doch statt sich mit der Wirtschaft, dem Frieden und der Sicherheit zu befassen, diskutiere man in Brüssel über Rauchverbote im Freien. Und auch aus der Bundesregierung sei zu wenig gekommen.
Habeck bei Industriekonferenz in Berlin: CDU und CSU sollten bei Senkung der Stromkosten helfen
Zugleich fand in Berlin eine Industriekonferenz mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) statt. Der Vizekanzler - seit drei Jahren im Amt - dringt auf schnelle Entscheidungen, um die Industrie bei den Stromkosten zu entlasten. Um kurzfristig zu agieren, seien noch in dieser Legislaturperiode Maßnahmen möglich. Habeck nannte eine Senkung der Netzentgelte durch einen staatlichen Zuschuss sowie ein Gesetz, das eine staatliche Förderung zum Bau neuer Gaskraftwerke vorsieht.
Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte: „Die hohen Strompreise gefährden die Industrieproduktion und Arbeitsplätze am Standort Deutschland.“ Die Senkung der stark steigenden Netzentgelte als sofort wirksame Maßnahme könne einen kurzfristigen Beitrag leisten. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft IG Metall, forderte CDU und CSU auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen.
Die CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner sagte, die industriepolitische Bilanz des Wirtschaftsministers und des Bundeskanzlers sei desaströs. „Ankündigungspolitik, Mikromanagement und eine verfehlte Subventionspolitik haben die Krise der Industrie erheblich beschleunigt. Viele Industriearbeiter fürchten um ihren Arbeitsplatz.“ Die rot-grüne Restregierung stehe vor den Scherben ihrer Politik. (mit dpa)