Wachstumschancengesetz: Söder und Habeck im Schlagabtausch – „Voodoo-Finanzpolitik“
Das Wachstumschancengesetz sorgt für politischen Zündstoff. Söder kritisiert die Ampel-Koalition, Habeck fordert ein Ende der Blockade durch die Union.
Berlin/Stockholm – Der Streit um das Wachstumschancengesetz geht in die nächste Runde. Hatte die Union dem geplanten Paket am Mittwoch (21. Februar) trotz eines Vermittlungsausschusses noch eine Absage erteilt, setzt CSU-Chef Markus Söder noch klare Worte obendrauf. „Es ist ja ohnehin ein kleines Gesetzchen. Es wird keine große Wirkung haben“, sagte Söder am Donnerstag (22. Februar) am Rande einer dreitägigen Schweden-Reise.
Bayern hätte gerne ein umfassendes Wachstumschancengesetz gehabt – mit einer Abschaffung des Soli, mit einer Unternehmenssteuerreform, mit niedrigeren Energiesteuern. Doch „leider ist die Ampel stur geblieben“, so Bayerns Ministerpräsident. Es habe seitens der Ampel-Koalition „keine wirklichen Zugeständnisse gegeben“, insbesondere beim Zoff um den Agrardiesel – dem Entwurf werde man im Bundesrat daher „auf keinen Fall“ zustimmen.
Söder schießt gegen Habeck: „Kapitulation vor der Wirtschaftspolitik“
„Besonders bin ich enttäuscht von SPD-Länderkollegen, die sich sehr offen auf Demonstrationen für die Landwirtschaft eingesetzt haben und jetzt schlicht und einfach gekniffen haben, wo es ernst wird“, sagte Söder. Weiter attackierte er Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), „der im Grunde genommen die Kapitulation vor der Wirtschaftspolitik darstellt“. Habecks Aussage („Wir hoffen halt, dass es besser wird“) werde dem Anspruch Deutschlands als Wirtschaftsnation nicht gerecht.
Derweil hat Habeck die Union zu einem Ende der Blockade aufgefordert. „Hören Sie auf die Wirtschaftsverbände und geben Sie dem Wachstumschancengesetz endlich grünes Licht“, sagte der Vizekanzler am Donnerstag im Bundestag. Habeck kritisierte, Vorschläge der Union für mehr Wachstum hätten 45 bis 50 Milliarden Euro Steuerausfälle im Haushalt zur Folge – die Union habe aber keine Konzepte zur Gegenfinanzierung und wolle zugleich die Schuldenbremse einhalten. Das sei „Voodoo-Finanzpolitik“.
Habeck hatte am Mittwoch den Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Habeck verwies erneut zum Beispiel auf den schwachen Welthandel, was die exportstarke deutsche Wirtschaft belaste. Als größtes strukturelles Problem nannte er den Fachkräftemangel. Finanzminister Christian Lindner (FDP) warf der Union vor, sich den Rufen der deutschen Wirtschaft nach einer Entlastung und Wachstumsimpulsen zu verweigern.
Streit um Agrardiesel-Subventionen: Wachstumspaket auf der Kippe
Auch nach einer Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundesrat und Bundestag ist unklar, ob die Union dem Wachstumspaket am 22. März im Bundesrat zustimmt. Die Stimmen der Unions-Länder sind dazu notwendig. Die Union macht ihre Zustimmung davon abhängig, dass in einem bereits vom Bundestag beschlossenen anderen Gesetz die Streichung der Agrardiesel-Subventionen zurückgenommen wird.
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Das Volumen des Wachstumspakets, das unter anderem steuerliche Entlastungen für Firmen vorsieht, war im Vermittlungsverfahren deutlich gesenkt worden – zuvor hatten Länder hohe Einnahmeausfälle beklagt. Ursprünglich sollte es ein milliardenschwerer Rundumschlag für alle Branchen sein, der Firmen in der Konjunkturflaute entlastet und Investitionen in den Klimaschutz anreizt. Lindner hatte fast 50 steuerpolitische Maßnahmen vorgeschlagen. Im Kern: eine Prämie für Klimaschutz-Investitionen, dazu steuerliche Forschungsförderung, eine bessere Verlustverrechnung und der Abbau bürokratischer Hürden.
Der Bundesrat blockierte das vom Bundestag beschlossene Paket mit dem Argument, Länder und Kommunen müssten einen Großteil der Kosten und Steuerausfälle schultern. Die Länderkammer rief deshalb den Vermittlungsausschuss an. In ersten Gesprächen strichen die Verhandlungspartner das Volumen der Entlastungen daraufhin bereits von einst geplanten sieben Milliarden Euro jährlich auf 3,2 Milliarden Euro zusammen. Übrig blieb im Grunde nur eine Light-Variante – vor allem steuerliche Entlastungen und Anreize, um die Bauwirtschaft anzukurbeln. Die Klimaschutz-Investitionsprämie, ursprünglich Kern des Gesetzes, wurde gekippt.
Showdown im Bundesrat: Wirtschaftsdruck als Ampel-Trumpf?
Im Bundesrat kommt es am 22. März nun zu einer neuen Abstimmung – quasi zum Showdown. Hier wird erneut abgestimmt. Die Länder müssen dem Gesetz zustimmen, damit es in Kraft treten kann. Die Ampel-Partner forderten die Union auf, sich ihr Votum noch einmal gut zu überlegen. Das Kalkül von SPD, Grünen und FDP lautet: Der Druck aus der Wirtschaft auf die Union wird immens sein, am Ende doch zuzustimmen.
Die Ampel geht aber mit ihrem Vorgehen im Vermittlungsverfahren auch ein Risiko ein: Bleibt die Union hart und halten alle unionsgeführten Länder zusammen, könnten die Entlastungspläne scheitern – angesichts der Konjunkturflaute könnte dies ein fatales Signal an die Wirtschaft sein, dass man sich auf die Politik nicht mehr verlassen kann. (nak/dpa)